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Der unersättliche Spinnenmann

Der unersättliche Spinnenmann

Titel: Der unersättliche Spinnenmann
Autoren: Pedro Juan Gutierrez
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mir ist. Oder ich will nicht sicher sein.
    »Du bist immer ein lockeres Mädchen gewesen, Gloria.«
    »Red nicht so mit mir. Du bist der Mann meines Lebens, und ich will vergessen, was früher war.«
    »Weshalb bist du so sicher, dass es von mir ist?«
     »Das hab ich dir doch schon fünfzig Mal gesagt, aber du willst mir nicht glauben.«
    »Ahhh, Gloria … Lass doch den Quatsch.«
    »Seit vielen Monaten habe ich schon keine anderen Männer mehr. Ich finde Männer zum Kotzen. Alle. Ich will nur mit dir zusammen sein. Wie soll ich’s dir denn klar machen?«
    »Du findest sie zum Kotzen? Seit wann bist du so zimperlich?«
    »Seit langem schon. Ich find sie zum Kotzen.«
    »Hm. Ich glaub dir nicht.«
    »Er will’s einfach nicht glauben. Du bist so misstrauisch, du wirst noch verrückt werden.«
    »Ich misstrauisch?«
    »Ja, ja, unheimlich misstrauisch.«
    Ich glaub das nicht. Ich bin nicht misstrauisch und werd auch nicht verrückt werden. Vielleicht ist das, was ich brauche, eine Frau wie sie: sanft, voller Liebe und Gelassenheit. Und mit beiden Beinen auf der Erde. Wenn ich mit ihr zusammen bin, sinkt meine Wut auf ein erträgliches Niveau. Ich habe viele Narben. Ich nehme an, das allein ist mein Problem, und es hat nichts mit sanften oder harten Frauen zu tun. Wie auch immer, auf jeden Fall fühle ich mich sehr gut mit Gloria und sehr schlecht mit Julia, aber ich traue mich nicht, eine Entscheidung zu treffen. Ich lasse die Zeit verstreichen. Wenn man jung ist, macht man kurzen Prozess. Man denkt nicht viel nach, es ist einem egal, ob man jemanden verletzt. Wenn man fünfzig geworden ist, überlegt man genauer. Unterdessen wächst der Fötus. Nimmt Minerale in sich auf, Kalzium, Vitamine, Eisen, Phosphor. Schluckt all das durch die Nabelschnur und treibt gemächlich im Wasser, bis es Zeit für seinen Auftritt ist.
    Inzwischen war es dunkel geworden und ziemlich abgekühlt. Die Musik plärrte laut, und alle tanzten. Zwei, drei Stücke, die gerade in Mode waren, wurden wieder und wieder gespielt. Ich kaufte Rum für mich und Bier für Gloria. So spazierten wir langsam durch die Menschenmenge und liefen bis zum Fort von La Punta. Gloria hakte sich bei mir ein, und ich war unheimlich stolz. Sie ist wunderschön: halb Mulattin, halb Zigeunerin, halb indianisch, zweiunddreißig Jahre, mit schwarzem Kraushaar, klein, schlank, sehr weiblich und mit einem ordentlichen Hintern.
    Zwischen dem Fort von La Punta und dem Meer liegt ein kleiner Park mit Bänken, wo es sehr dunkel ist. Dorthin gingen wir. Einige Paare unterhielten sich, andere küssten sich, manche suchten sich eine bequeme Stellung zum Vögeln. Flüchtige Liebe. Flüchtiger Sex. Flüchtige Leidenschaften. Ein paar einzelne Männer holten sich flüchtig einen runter.
    Wir begannen. Gloria will immer. Es macht ihr Spaß, den Wichsern zuzusehen, die sich drei Meter entfernt mit verdrehten Augen einen runterholen. Das erregt sie richtig. Sie lutschte mich ein bisschen, wir gaben Gas. Viele andere Paare waren genauso dabei wie wir. Zwei Wichser kamen ganz nah ran. Gloria erregte es wahnsinnig, als sie sah, wie sie ihr Ding bearbeiteten, und sie zeigte ihnen eine ganze Weile ihren Hintern. Als sie noch jünger war, nannte man sie »Stierarsch«. Sie war berühmt wegen ihres Arsches und machte viel Geld damit. So trieben wir es eine ganze Weile, dann holten wir noch mehr Rum und Bier.
    Wir gehen weiter, sie streichelt sich über das Bäuchlein, das von Tag zu Tag wächst, und sagt:
    »Papi, wenn es ein Mädchen wird, dann nennen wir es Bratislava.«
    »Ah, red kein Scheiß, Julia.«
    »Was heißt hier Julia, mein Lieber? An wen denkst du denn gerade?«
    Wir schwiegen ein Weilchen und gingen weiter. Dann fragte ich:
    »Hör mal, woher hast du denn das mit Bratislava?«
    »Mein Vater hat immer gesagt, das sei ein hübscher Name für ein Mädchen.«
    »Weißt du überhaupt, was Bratislava ist?«
    »Nein. Ihm gefielen auch Seriocha, Katia. Er meinte, das seien russische Namen.«
    »Dein Vater spinnt doch.«
    »Und du spinnst noch mehr. Übrigens, gestern ist ein Umschlag mit Fotos gekommen.«
    »Geht’s ihm gut in Miami?«
    »Er ist nicht in Miami.«
    »Okay, wo er halt ist. In Amiland.«
    »In New Jersey. Er hat uns Fotos mit Schnee drauf geschickt.«
    Wir mussten nach Hause zurück. Eine Polizeikette riegelte den Zugang zum Malecón ab. Heute Abend wollten sie früh Schluss machen mit dem Karneval. Eine Straßenfegerbrigade kehrte hastig die Straße, als ginge es um
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