Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Flammen. Die Nacht war kalt gewesen, und der Morgen war frisch, es würde noch dauern, bis die Sonne genug Kraft haben würde, sie zu wärmen.
    Die Straßenschlucht, in der sie übernachtet hatten, wirkte so einsam und verlassen wie am Tag zuvor. Noch immer waren die Häuser unheimlich und fremd, mit ihren eingestürzten Mauern und den leeren Fensterhöhlen. Doch die zerstörte Stadt hatte etwas von ihrem Schrecken verloren. Simon wusste nun, dass in den Ruinen Menschen lebten – Menschen, die seine Gefährten, seinen Freunde waren.
    Vorsichtig kletterte er durch eine Fensteröffnung in eines der verlassenen Häuser hinein. Er hatte eine steinerne Treppe entdeckt, die früher einmal hinauf zum Dach des Gebäudes geführt hatte und die nun sinnlos im Nichts endete. Von dort oben würde er einen freien Blick auf die Stadt haben.
    Simon stieg die Stufen hinauf, bis er das Ende der Treppeerreicht hatte. Der Wind, der vom Meer herüberkam, fuhr in seine Haare. Wie eine zerklüftete Steinlandschaft breiteten sich die Ruinen unter ihm aus. Der Himmel darüber leuchtete rot, bald würde die Sonne glühend über dem Horizont aufgehen und die Stadt mit ihrem Licht übergießen.
    Nachdenklich blickte Simon zum Tower hinüber. Was war, wenn sie sich irrten? Was, wenn er dort auf seine Fragen keine Antworten fand? Fabrikschlote und verfallene Hochhäuser umringten den Turm, düster und abweisend. Gerade stieg ein Vogelschwarm aus den Häuerschluchten in den Himmel auf. Eine Mauer umgab diesen Teil der Stadt. Niemand aus den Ruinen hatte die Mauer je überwunden, niemand wusste genau, was sich dahinter verbarg. Ira hatte erzählt, dass dort Menschen lebten, unter der Macht von Drhan.
    Ob sein Großvater wirklich dort war?
    »Finde ihn«, hatte die Alte gesagt, »und dann geh deinen Weg.«
    Er würde seinen Weg gehen.
     
     
    ENDE des ersten Teils.

© Cecilie Dressler Verlag GmbH, Hamburg 2012
Alle Rechte vorbehalten
Cover: Helge Vogt
Satz und E-Book-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde, 2012
ISBN 978-3-86272-767-4

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