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Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter
Autoren: Markus Stromiedel
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nicht zu stören. Timinteressierte sein Motorroller, sein Handy, sein Computer. Die Scheune war ihm völlig egal.
    Hatte der nächtliche Besucher mit der offenen Scheunentür zu tun?
    Simon sah zurück zum Haus. Seine Eltern waren nirgendwo zu sehen, wahrscheinlich waren sie noch in der Küche oder schon in ihrem Arbeitszimmer, das sie sich teilten. Vielleicht, überlegte Simon, fand er in der Scheune die Antwort darauf, wer in der Nacht in ihrem Garten gewesen war.
    Vorsichtig drückte er die Tür auf und trat über die Schwelle.

3
    Im Inneren der Scheune war es still, bis auf das Geräusch des Windes, der um das Gebäude strich. Matt schien die Sonne durch schmutzige Scheiben. Auch durch das Dach sickerte Licht, es tropfte durch die Ritzen zwischen den Dachziegeln und kleckste Lichtpunkte auf den Boden. Die Luft roch muffig und abgestanden.
    Als er am Tag zuvor das erste Mal die Scheune betreten hatte, war Simon enttäuscht gewesen: Gartengeräte, verrotte Möbel, ein Bretterstapel, vier verstaubte Autoreifen – nichts war wirklich aufregend, nichts rechtfertigte die Geheimnistuerei seines Vaters. Selbst der alte Trecker, der neben einem leeren, an die Wand gelehnten Türrahmen vor sich hin rostete, war nicht wirklich interessant. Heute jedoch kam Simon der Raum unter dem mächtigen Eichengebälk viel unheimlicher vor. Bedrohlich türmte sich das Gerümpel, und die Schatten in den Ecken waren so düster, dass Simon fürchtete, es könnten sich darin Nachtwesen verstecken, die die Helligkeit scheuten.
    Könnte es sein, dass sich der nächtliche Besucher hier verbarg? Für einen Moment stellte Simon sich vor, wie sich das Wesen mit den leuchtenden Augen aus seinem Versteck löste und sich auf ihn stürzte. Vielleicht ist es besser, die Scheunewieder zu verlassen, dachte er und sah unruhig zurück zur Tür. Doch dann straffte er entschlossen seinen Körper: Wenn er herausfinden wollte, wer oder was sich hier verbarg, durfte er keine Angst haben.
    Schritt für Schritt ging er weiter. Knarrend beugten sich die Dielen unter seinem Gewicht. Staubflusen wirbelten auf. Ein Windstoß fuhr um das Gebäude und ließ die Äste zittern, nervös tanzten die Sonnenstrahlen an der Wand.
    Simons Herz klopfte. Je weiter er ging, desto glaubhafter kam ihm sein Erlebnis der vergangenen Nacht vor. Er hatte den Schatten im Gebüsch gesehen, war er sich nun sicher, und auch die leuchtenden Augen waren wirklich dort gewesen. Vielleicht hatte sich das unbekannte Wesen hierher in die Scheune zurückgezogen.
    Plötzlich sah Simon aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Erschrocken wich er zurück: Der Bretterstapel neben ihm schwankte, dann donnerte krachend ein großes Holzstück herab und prallte auf die Stelle, an der Simon gerade eben noch gestanden hatte. Offenbar war er, ohne es zu bemerken, an den Stapel gestoßen, und ein Holzblock, der oben auf der Kante gelegen hatte, war heruntergefallen.
    Simon wischte sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn. Ihm wurde flau im Magen. Sein Blick verschwamm, und er tastete sich zu einer umgestürzten Obstkiste, um sich zu setzen. Das war knapp, dachte er. Simon holte tief Luft und wartete, dass sich sein Magen wieder beruhigte und das Schwindelgefühl nachließ.
    Sein Blick fiel auf den leeren Türrahmen, der an der Wandlehnte. Ein Metalldorn steckte im Holz des Rahmens, auf der einen Seite war er spitz wie ein Nagel, auf der anderen breit und flach wie eine große Münze. Simon war der Dorn schon bei seinem ersten Besuch in der Scheune aufgefallen. Er hatte versucht, das Metall aus dem Holz zu ziehen, doch er hatte es nur etwas lockern können.
    Simon stand auf und trat näher. Erst jetzt sah er, dass feine Spinnweben den Türrahmen umhüllten, kaum zu erkennen im Dämmerlicht. Eine winzige Spinne kroch gerade aus einer Ritze und zog einen Faden hinter sich her. Simon blies die Spinne zur Seite und betrachtete den Dorn. Ein Bild war auf der flachen Seite eingraviert, eine prachtvolle Rose, die vor einem Tor emporrankte und die den Durchgang mit ihren Blüten, Dornen und Blättern versperrte. Behutsam strich Simon über die Gravur. Noch nie hatte er so etwas Schönes gesehen.
    Er wollte gerade noch einmal versuchen, den Dorn aus dem Holz zu ziehen, als er stutzte: Die eingravierte Rose ließ ihre Blüten etwas hängen. Simon sah sich das Bild genauer an. Auch die Blätter wirkten trocken, so als bräuchten sie Wasser. Gestern noch hatte die Rose prachtvoll geblüht! Ob er sich täuschte? Je
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