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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel
Autoren: Agatha Christie
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Herrn zu beweisen, dass Johnnie Vavasour und er selbst es wert waren, in ihrem Bestreben unterstützt zu werden.
    Und so waren sie alle mehr oder weniger von Gordon Cloade abhängig gewesen. Nicht, dass sie sich etwa da r auf verlassen und die Hände in den Schoß gelegt hätten. Jeremy Cloade war Seniorpartner in einem Anwaltsbüro, Lionel Cloade praktizierte als Arzt.
    Aber das beruhigende Gefühl, dass es Gordon Cloade und sein Geld gab, verlieh doch Sicherheit. Es bestand kein Grund, besonders zu geizen oder zu sparen. Die Zukunft war gesichert; Gordon Cloade, der kinderlose Witwer, würde sich im Notfall ihrer aller annehmen. Mehr als einmal hatte er ihnen das versichert.
    Gordons verwitwete Schwester, Adela Marchmont, blieb in dem geräumigen weißen Haus wohnen, als es ratsamer gewesen wäre, ein kleineres, nicht so viel Arbeit verursachendes Haus zu beziehen. Lynn besuchte die besten Schulen, und wäre der Krieg nicht dazwischeng e kommen, hätte es ihr freigestanden, sich, unbekümmert um die Ausbildungskosten, einen ihr zusagenden Beruf zu wählen. Onkel Gordons Schecks trafen mit angene h mer Regelmäßigkeit ein und gestatteten mancherlei L u xus.
    Alles lief in wunderbar ruhigem, sicherem Fahrwasser, bis plötzlich, aus heiterem Himmel, die Nachricht von Gordon Cloades Heirat kam.
    »Wir waren alle wie vor den Kopf gestoßen«, gestand Adela. »Dass Gordon noch mal heiraten könnte, war das Letzte, das einer von uns vermutet hätte. Über Mangel an Familie konnte er sich doch weiß Gott nicht beklagen.«
    O nein, dachte Lynn, Mangel an Familie sicher nicht, vielleicht aber zu viel.
    »Er war immer so reizend«, fuhr Mrs Marchmont fort. »Obwohl er sich manchmal ein klein wenig tyrannisch gebärdete. Dass wir keine Tischtücher benutzen, konnte er, zum Beispiel, gar nicht leiden. Er bestand darauf, dass ich mich an die altmodische Sitte vorschriftsmäßig g e deckter Tische hielt. Aus Italien brachte er mir die her r lichsten venezianischen Spitzendecken mit.«
    »Es zahlte sich jedenfalls aus, ihm nachzugeben«, en t gegnete Lynn trocken. »Wie hat er eigentlich seine zweite Frau kennen gelernt? Darüber hast du mir nie etwas g e schrieben.«
    »Ach, an Bord irgendeines Schiffs oder Flugzeugs auf einer seiner Reisen von Südamerika nach New York, glaube ich. Unvorstellbar, nach all den Jahren und nach den unzähligen Sekretärinnen und Stenotypistinnen und Haushälterinnen, die er hatte.«
    Lynn musste unwillkürlich lächeln. Die Sekretärinnen und Hausangestellten Onkel Gordons waren von Seiten der Verwandtschaft von jeher mit äußerstem Argwohn betrachtet worden.
    »Sie wird sehr hübsch sein, nehme ich an«, sagte sie.
    »Ehrlich gestanden, meine Liebe, finde ich ihr Gesicht eher ausdruckslos. Ein bisschen dümmlich.«
    »Du bist eben kein Mann, Mama.«
    »Man muss natürlich in Erwägung ziehen, dass das a r me Ding einen Bombenangriff hinter sich hat und wir k lich schrecklich krank war infolge der furchtbaren Erle b nisse. Meiner Meinung nach hat sie sich von ihrer Kran k heit nie richtig erholt. Ein Nervenbündel ist sie, und zei t weise wirkt sie direkt wie geistig zurückgeblieben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Gordon eine seinen geistigen Interessen gewachsene Person gewesen ist.«
    Lynn bezweifelte, dass sich ihr Onkel eine um so viel jüngere Frau genommen hatte, um eine seinen geistigen Ansprüchen gewachsene Partnerin neben sich zu wissen.
    »Und dann kommt hinzu – aber es ist mir schrecklich peinlich, das aussprechen zu müssen –, dass sie keine Dame ist.«
    »Wie altmodisch, Mama! Was hat das heute noch zu s a gen?«
    »Auf dem Lande ist man noch altmodisch, Lynn. Und ich meine damit, dass sie eben einfach nicht in unsere Kreise passt.«
    »Die Arme!«
    »Ich verstehe nicht, was du damit ausdrücken willst«, erwiderte Mrs Marchmont gekränkt. »Wir haben uns alle sehr zusammengenommen und bemüht, höflich und freundlich zu ihr zu sein. Schon Gordon zuliebe.«
    »Sie wohnt in Furrowbank?«, erkundigte sich Lynn.
    »Natürlich. Wo sollte sie sonst wohnen? Die Ärzte sa g ten, als sie aus der Klinik entlassen wurde, sie müsste von London weg. Also lag es doch nahe, nach Furrowbank zu ziehen. Sie lebt dort mit ihrem Bruder.«
    »Was ist das für ein Mensch?«
    »Ein schrecklicher junger Mann«, erwiderte Mrs Marchmont und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: »Ein völlig ungehobelter Geselle.«
    In Lynn flackerte Sympathie für die junge Frau und i h ren unerwünschten
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