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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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drohend. »Du wirst mir jetzt ein paar
Fragen beantworten, hast du mich verstanden? Wenn ich mit
deinen Antworten zufrieden bin, dann lassen wir dich vielleicht
am Leben.«
Der Mann wimmerte nur und versuchte davon zukriechen,
und Andrej versetzte ihm einen weiteren Fußtritt. »Ob du mich
verstanden hast?«
»Ja, Herr«, japste der Mann. »Bitte, ich … sage Euch alles,
was Ihr wissen wollt, aber bringt mich nicht um!«
»Wie ist dein Name?«, fragte Andrej. Als der Mann nicht
sofort antwortete, holte er aus, als wollte er ihn noch einmal
treten, und der Mann krümmte sich und hob furchtsam die
Hände vor das Gesicht.
»Radic, Herr«, stammelte er. »Ich … ich bin Radic.«
»Radic, gut. Du lebst hier?«
»Ja«, antwortete Radic hastig. Sein Blick irrte immer wieder
zwischen Andrejs Gesicht und seinem Fuß hin und her. Er
wimmerte. Der plötzliche Gestank bewies Andrej, dass er sich
vor Angst besudelt hatte.
»Wer waren die Leute, die ihr da verbrannt habt?«, fragte
Andrej. »Und warum habt ihr das getan?«
»Zigeuner, Herr«, sagte Radic hastig. »Es waren Zigeuner.
Aber sie waren auch Hexen. Hexen und Teufelsanbeter. Alle.«
»Alle?«, fragte Andrej. »Wie viele waren es denn?«
»Fünf, Herr«, sagte Radic. »Fünf und das Mädchen. Fünf
haben wir verbrannt, und das Mädchen wäre die Letzte
gewesen. Sie war die Schlimmste von allen. Sie hat den bösen
Blick, und sie muss mit dem Teufel gebuhlt haben, weil…«
Andrej versetzte ihm einen Fußtritt, diesmal so hart, dass er
spüren konnte, wie mehrere Rippen brachen. Radic kreischte
vor Schmerz, und Abu Dun warf Andrej einen warnenden Blick
zu.
»Hör auf zu wimmern, du Memme«, sagte Andrej kalt. »Was
soll das heißen, sie waren mit dem Teufel im Bunde? Wer hat
euch das gesagt?«
»Vater Carol«, antwortete Radic keuchend. »Unser Pater.
Der, den Ihr erschlagen habt.«
»Ich hätte gute Lust, dasselbe mit dir zu tun«, zischte Andrej.
»Und mit dem Rest von …«
»Wieso hat er gesagt, dass sie Hexen sind?«, mischte sich
Abu Dun ein. Er bedachte Andrej mit einem tadelnden Blick,
ehe er sich wieder an Radic wandte. »Welche Beweise hatte er
dafür?«
»Jeder weiß, dass die Zigeuner schwarze Magie ausüben«,
antwortete Radic.
Trotz des Zitterns in seiner Stimme klang es fast trotzig. »Seit
drei Jahren werden unsere Ernten immer schlechter. Im letzten
Winter mussten wir schon hungern. Und jedes Mal waren die
Zigeuner vorher bei uns.«
»Oh, und du meinst nicht, dass könnte an den strengen
Wintern oder den verregneten Sommern liegen?«, fragte Andrej
böse. »Oder vielleicht daran, dass es kaum noch genug Männer
im Dorf gibt, um die Arbeit auf den Feldern zu tun?«
Radic sah zu ihm hoch. Er verstand nicht einmal, wovon
Andrej sprach.
»Und welche Beweise hatte euer Vater Carol für seine
Anschuldigungen?«, fragte Abu Dun. »Ich meine, es gab doch
sicherlich eine Gerichtsverhandlung?«
»Wir haben über sie Gericht gehalten«, bestätigte Radic.
Ȇberall verbrennen sie Hexen. Die Kirche hat das Recht dazu,
denn sie handelt im Namen Gottes.«
»Hoffentlich weiß euer Gott auch etwas davon«, sagte Abu
Dun böse.
»Herr?«, fragte Radic verständnislos.
»Wie hast du das gemeint, sie wäre die Schlimmste von
allen?«, fragte Andrej mit einer Geste auf das Mädchen.
»Sie hat sich verraten!«, antwortete Radic. »Gestern Abend,
als sie ihre Kunststücke aufgeführt haben, da haben es alle
gesehen! Sie war ungeschickt und hat sich mit dem Messer
geschnitten. Eine wirklich schlimme Wunde.
Aber heute Morgen war sie verschwunden! Das muss
Teufelswerk sein!«
»Ich verstehe«, sagte Andrej finster. »Und deshalb habt ihr
sie kurzerhand der Hexerei bezichtigt und auf den
Scheiterhaufen geworfen. Ihr habt fünf Menschen bei
lebendigem Leibe verbrannt, nur weil ihr Zeuge von etwas
geworden seid, das ihr nicht versteht? Ich frage mich, wer hier
vom Teufel besessen ist.«
»Gib es auf«, sagte Abu Dun. »Ich glaube nicht, dass er
versteht, was du meinst. Soll ich ihn töten?«
»Nein«, antwortete Andrej. »Ich habe eine bessere Idee.«
Er ließ sich vor Radic in die Hocke sinken, hob das Schwert
und fuhr sich mit der scharfen Klinge über den Handrücken.
Radic ächzte, als er die klaffende Wunde sah, die der Stahl
hinterlassen hatte. Und er ächzte noch einmal und lauter, als die
Wunde schon nach einem Augenblick aufhörte zu bluten und
sich wenige Sekunden später wie durch Zauberei wieder
schloss.
»Wie du siehst, gibt es
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