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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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von Martius und Thobias befanden sich
zwei Soldaten mit ihnen hier drin, aber draußen vor der Tür
liefen immer mehr Männer zusammen, die wahrscheinlich
durch den Lärm und Benedikts Schreie angelockt worden
waren. Er war wieder weit genug bei Kräften, um sich einen
Kampf mit Martius und den beiden Männern durchaus
zuzutrauen - aber mit einem Dutzend Krieger?
»Vielleicht gibt es hier tatsächlich einen Teufel«, sagte er
nach einer Weile.
»Aber ich bin es nicht.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte der Inquisitor.
»Sprecht nicht mit ihm, Martius, ich beschwöre Euch!«,
keuchte Thobias. Er stand auf, wobei er den reglosen Körper
seines Vaters ohne die geringste Mühe in den Armen hielt. Er
brachte es sogar noch fertig, in der gleichen Bewegung die
Pritsche aufzurichten, die Andrej umgeworfen hatte. Martius
betrachtete sein Tun stirnrunzelnd, aber schweigend, und
Thobias fuhr aufgeregt fort: »Hört ihm nicht zu! Er verwirrt
Eure Sinne, ich beschwöre Euch. Er hat auch Benedikt und
mich getäuscht. Er redet mit der Zunge des Teufels! Verbrennt
ihn!«
»Das ist seltsam«, erwiderte Martius nachdenklich, während
sein Blick unablässig von Thobias zu Andrej glitt. »Es ist noch
nicht lange her, da wart Ihr der Meinung, dass das alles hier
nichts mit dem Teufel zu tun hat - oder irre ich mich?«
»Ich habe mich getäuscht!«, stammelte Thobias. »Dieser
Teufel hat meine Sinne verwirrt, so wie er es jetzt mit Euren
versucht! Glaubt mir! Ich … ich sehe es jetzt ganz klar.
Teufelsbrut. Sie alle sind des Teufels! Dieser ganze Ort ist ein
Höllenpfuhl. Ihr müsst ihn ausbrennen! Tötet sie alle, solange
Ihr es noch könnt!«
Martius wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, aber in
diesem Augenblick geschah etwas Schreckliches.
Der Leichnam des alten Mannes in Thobias Armen bewegte
sich!
Martius’ Augen wurden groß. Er sog scharf die Luft ein, und
der Mann neben ihm hob instinktiv seine Armbrust und zielte
auf Thobias. Auch der zweite Soldat fuhr herum und riss seine
Waffe in die Höhe.
»Nicht!«, keuchte Thobias. »Es ist nicht so, wie Ihr glaubt!
Ich kann das erklären!«
Für einen unendlich kurzen Moment schien die Zeit
stillzustehen. Angst lag wie etwas körperlich Greifbares in der
Luft, und Andrej wusste, dass die Männer schießen würden. Sie
hatten einen Mann gesehen, der offensichtlich von den Toten
auferstanden war, und nun erwachte ein weiterer vermeintlich
Toter unmittelbar vor ihren Augen; sie konnten gar nicht
anders, als mit Entsetzen zu reagieren und ihre Waffen
abzufeuern.
Und Andrej begriff auch, dass dies seine vielleicht einzige
und allerletzte Möglichkeit war, hier herauszukommen. Aber er
regte sich nicht, und auch die Männer feuerten ihre Armbrüste
nicht ab. Etwas … geschah. Die Zeit floss weiter, aber Andrej
war plötzlich nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen; als wäre
die Verbindung zwischen seinen Gedanken und seinem Körper
auf geheimnisvolle Weise unterbrochen. Den beiden Soldaten
und auch Martius erging es sichtlich nicht anders.
»Ich flehe Euch an, Exzellenz!« Thobias sah den Inquisitor
beschwörend an und bettete den Körper seines Vaters zugleich
behutsam auf die Pritsche. Der alte Mann stöhnte. Er begann am
ganzen Leib zu zittern, und selbst die schreckliche Wunde in
seiner Schulter blutete nun wieder.
»Was … bedeutet … das?«, stieß Martius mühsam hervor.
»Das ist Zauberei!«
Seine Stimme schwankte, und sein Gesicht war weiß vor
Entsetzen. Er umklammerte das Kruzifix vor seiner Brust
mittlerweile so fest, dass Blut unter seinen Fingernägeln
hervorquoll. Trotzdem lockerte er seinen Griff nicht, als wäre
der Schmerz, den er sich selbst zufügte, das Einzige, was ihn
noch davon trennte, endgültig den Verstand zu verlieren.
»Nein, das ist es nicht«, antwortete Thobias. »Ich kann es
erklären, wenn Ihr mir die Gelegenheit dazu gebt, Martius …
Bitte!«
Der Inquisitor begann stärker zu zittern. Seine Hand hatte
plötzlich nicht mehr die Kraft, Andrejs Schwert zu halten. Es
polterte zu Boden. Niemand reagierte darauf.
»Was … was geschieht hier?«, stöhnte Martius. »Sprecht!«
Thobias beugte sich über seinen Vater und legte ihm die Hand
auf die Stirn.
Der alte Mann keuchte, bäumte sich wie unter Krämpfen auf
und sank mit einem gurgelnden Laut wieder zurück. Die Wunde
in seiner Schulter begann zu schäumen, und plötzlich roch es
nach verbranntem Fleisch. Martius stöhnte erneut auf, und einer
der Soldaten begann
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