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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: P. D. James
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der Generationen zuvor unter der Leitung eines namhaften Gartenarchitekten gepflanzt worden war. Jeder Baum am Rand, von vollkommenem Wuchs und mit dem warmen Gold des ersten Herbstlaubs behängt, stand ein wenig von den anderen entfernt, wie um seine einzigartige Schönheit hervorzuheben; dahinter erhoben sie sich dichter und lenkten den Blick geschickt auf die üppige, erdig duftende Abgeschiedenheit des Waldesinneren. Im Nordwesten lag ein zweiter, größerer Wald, dessen Bäume und Sträucher natürlich wachsen durften und in dem Darcy als Knabe viel gespielt und Zuflucht von seinem Kinderzimmer gefunden hatte. Sein Urgroßvater, der nach der Übernahme des Besitzes zum Einsiedler geworden war, hatte dort ein Cottage gebaut und sich darin erschossen; seitdem versetzte dieser Wald die Diener und Pächter von Pemberley in abergläubische Furcht und wurde nur selten betreten. Ein schmaler Weg führte durch ihn hindurch zu einem zweiten Eingang von Pemberley, der jedoch vorwiegend von Handwerkern benutzt wurde. Die Ballgäste würden über die Hauptauffahrt kommen, ihre Pferde und Gefährte während des Balls im Stall untergebracht und die Kutscher in den Küchen beköstigt werden.
    Elizabeth schob die Belange des Tages beiseite und ließ den Blick auf der vertrauten, beruhigenden, wenngleich sich ständig verändernden Schönheit ruhen. Die Sonne schien vom tiefblauen Himmel, an dem nur wenige zarte Wölkchen wie Rauchfahnen dahinschwanden. Während des kurzen Spaziergangs, den sie mit ihrem Mann bei Tagesbeginn zu machen pflegte, hatte sie gespürt, wie trügerisch die Herbstsonne sein konnte. Der kühle Wind, auf den sie nicht eingerichtet gewesen war, hatte sie bald wieder ins Haus getrieben. Jetzt sah sie, dass er sogar noch auffrischte. Auf dem Fluss tanzten kleine Wellen und verloren sich zwischen den Gräsern und Büschen am Ufer, deren durchbrochene Schatten über das aufgewühlte Wasser zuckten.
    Zwei Gestalten trotzten der Morgenkälte. Georgiana und Colonel Fitzwilliam waren am Fluss entlangspaziert und lenkten ihre Schritte jetzt hin zu dem Rasen und der Steintreppe vor dem Haus. Colonel Fitzwilliams rote Uniformjacke wirkte wie ein greller Farbfleck vor Georgianas zartblauem pelzgefüttertem Mantel. Sie hielten ein bisschen Abstand, wirkten aber, wie Elizabeth fand, sehr freundschaftlich miteinander. Hin und wieder hielten sie inne, und Georgiana griff nach ihrem Hut, der davonzuwehen drohte. Als sie näher kamen, trat Elizabeth vom Fenster weg, damit sie sich nicht beobachtet fühlten, und setzte sich wieder an ihren Schreibtisch. Briefe waren zu schreiben, Einladungen zu beantworten, und sie musste entscheiden, welche Dorfbewohner so arm oder von Sorgen bedrängt waren, dass sie ihren Besuch, ihr Mitgefühl oder ihre tatkräftige Hilfe begrüßen würden.
    Kaum hatte sie die Feder ergriffen, klopfte es leise an der Tür, und Mrs. Reynolds trat ein. »Entschuldigen Sie die Störung, Madam, aber Colonel Fitzwilliam ist gerade von einem Spaziergang zurückgekehrt und lässt fragen, ob Sie ein paar Minuten für ihn hätten, falls es nicht ungelegen ist.«
    »Ich habe Zeit, er soll ruhig heraufkommen«, erwiderte Elizabeth.
    Sie glaubte zu wissen, was er ihr mitteilen wollte – ein Ansinnen, von dem sie gern verschont geblieben wäre. Darcy hatte nur wenige enge Freunde, und sein Cousin Colonel Fitzwilliam war häufig zu Gast in Pemberley. Zu Beginn seiner Militärlaufbahn war er nicht sooft erschienen, doch in den letzten achtzehn Monaten hatten seine Besuche zwar an Dauer abgenommen, an Häufigkeit jedoch gewonnen, und Elizabeth war ein feiner, aber nicht zu verkennender Unterschied an seinem Verhalten gegenüber Georgiana aufgefallen. In ihrer Anwesenheit lächelte er jetzt mehr, er setzte sich öfter zu ihr und verwickelte sie, wenn es die Situation zuließ, in ein Gespräch. Seit seinem Aufenthalt anlässlich des Balls im Jahr zuvor war eine materielle Veränderung in seinem Leben erfolgt. Sein älterer Bruder, der Erbe des Grafentitels, war im Ausland gestorben, so dass der Titel Viscount Hartlep auf ihn übergegangen und er der rechtmäßige Erbe war. Seinen neuen Titel verwendete er jedoch kaum, vor allem nicht unter Freunden, denn er hatte beschlossen, ihn erst anzunehmen, wenn er die Nachfolge antrat und die vielen damit verbundenen Pflichten übernahm. Deshalb wurde er nach wie vor Colonel Fitzwilliam genannt.
    Er wollte sich natürlich verheiraten, besonders jetzt, da sich England im Krieg
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