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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada
Autoren: Lauren Weisberger
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Schlauch. Nicht zu fassen, ich wurde tatsächlich abgefragt!! Das durfte doch nicht wahr sein – ich hatte in meinem ganzen Leben noch keine Runway gelesen. Das war nicht fair. Runway zählte nicht. Runway war schließlich eine Modezeitschrift. Womöglich gab es darin noch nicht mal richtige Artikel, bloß halb verhungerte Models und Werbefotos. Ich schluckte ein paar Mal. Die Namen der Herausgeber, die ich mir eben erst ins Hirn gehämmert hatte, schwirrten mir wild durch den Kopf und fügten sich zu abstrusen Paarungen wieder zusammen. Ich war mir sicher, ich kannte die Frau. Diese Frau kannte jeder. Aber ich kam ums Verrecken nicht auf ihren Namen.
    »Äh, im Moment kann ich es Ihnen leider nicht sagen. Aber ich weiß, wie sie heißt. Natürlich weiß ich das! Den Namen kennt doch jedes Kind. Ich habe ihn nur gerade nicht parat.«
    Sie beobachtete mich, die großen braunen Rehaugen auf mein verschwitztes Gesicht geheftet. »Miranda Priestly«, sagte, nein flüsterte sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Angst. »Sie heißt Miranda Priestly.«
    Sie schwieg. Ich schwieg. Es kam mir vor, als ob wir uns eine volle Minute lang anschwiegen, dann hatte Sharon sich offenbar dazu durchgerungen, mir meinen Fehltritt noch einmal zu vergeben. Damals wusste ich nicht, wie verzweifelt sie darauf aus war, eine neue Assistentin für Miranda zu finden, und dass sie es einfach nicht mehr aushielt, von ihrer Chefin Tag und Nacht mit Anrufen bombardiert und nach den neuesten Bewerberinnen ausgefragt zu werden. Hauptsache, sie fand jemanden, irgendjemanden, der Miranda genehm war. Und wenn es auch nur die geringste Chance gab, dass möglicherweise ich dieser Jemand war, konnte sie es sich natürlich nicht leisten, allzu kleinlich zu sein.

    Sharon ließ ein schmales Lächeln sehen und eröffnete mir, dass ich nun Mirandas Assistentinnen kennen lernen würde. Hatte sie denn mehr als eine?
    »Ja, sie hat zwei«, bestätigte sie mir mit einem entnervten Augenaufschlag. »Natürlich braucht Miranda zwei Assistentinnen. Ihre derzeitige Seniorassistentin, Allison, wurde gerade zur Beauty-Redakteurin befördert, und Emily, die Juniorassistentin, wird Allisons Platz einnehmen. Das heißt, die Stelle der Juniorassistentin wird frei! Andrea, ich weiß, dass Sie frisch vom College kommen und mit den inneren Abläufen der Zeitschriftenwelt vermutlich nicht sehr vertraut sein werden.« Sie legte eine dramatische Kunstpause ein. »Aber ich habe das Gefühl, dass es meine Aufgabe, ja meine Pflicht ist, Ihnen zu sagen, was für eine geradezu unglaubliche Gelegenheit sich Ihnen hier bietet. Miranda Priestly ist...« Sie hielt erneut inne, als ob sie sich innerlich vor einem Götterstandbild verneigte. »Miranda Priestly ist die einflussreichste Frau in der Modebranche und eine der prominentesten Zeitschriftenherausgeberinnen der Welt. Der Welt! Für diese Persönlichkeit zu arbeiten, ihr bei ihrer Herausgebertätigkeit über die Schulter zu schauen, dabei zu sein, wenn sie berühmte Autoren und Models trifft, ihr dabei zu assistieren, die Herausforderungen des Tagesgeschäfts zu meistern, das ist eine einmalige Chance. Ich sage nur eins: Für diese Stelle würden Millionen junger Frauen ihr Leben geben.«
    »Aha, so, so. Ja, das klingt fantastisch«, stammelte ich. Seltsam, dass Sharon glaubte, mir einen Job schmackhaft machen zu müssen, für den Millionen anderer Frauen ihr Leben gegeben hätten. Aber es blieb keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Sie telefonierte noch kurz, und dann brachte sie mich auch schon zum Fahrstuhl. Für die nächste Runde des Vorstellungsgesprächs sollte ich mit Mirandas Juniorassistentin in den Ring steigen.
    Schon Sharon hatte in meinen Ohren ein bisschen wie ein
Roboter geklungen, aber Emily schlug sie noch um Längen. Nachdem ich in den 17. Stock hinuntergefahren war und eine geschlagene halbe Stunde in dem blendend weißen Empfangsbereich von Runway gewartet hatte, trat schließlich eine gertenschlanke junge Frau durch die Glastür. Sie trug einen wadenlangen Hüftrock aus Leder, und ihr widerspenstiges rotes Haar war zu einem nachlässigen, aber doch eleganten Knoten hochgesteckt. Sie hatte einen Teint wie Schneewittchen und die ausgeprägtesten Wangenknochen, die ich je gesehen hatte. Ohne zu lächeln, setzte sie sich neben mich und musterte mich ernst, aber scheinbar ohne großes Interesse, von oben bis unten. Automatisch, wie eine Maschine. Da sie sich nicht damit aufhielt, sich vorzustellen, konnte ich
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