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Der Tag wird kommen

Der Tag wird kommen

Titel: Der Tag wird kommen
Autoren: Nina Vogt- stli
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wegklicken.
    Andreas steckt den Kopf durch die Tür.
    »Kommt einer?«, flüstere ich.
    »Noch nicht, aber beeil dich ruhig ein bisschen«, brummt er zurück.
    Ich stöpsle den USB-Stick ein – es ist ja nicht so, dass ich eine Wahl hätte – und kopiere den Ordner mit den Fotos auf die Festplatte. Ein bisschen versteckt in der Ordnerstruktur, damit Gunnar ihn nicht sieht. Wenn ich ihn auf dem Desktop abgelegt hätte, könnte er ihn vielleicht entdecken und rechtzeitig löschen.
    Andreas klopft mir auf die Schulter, als ich rauskomme.
    »Geil! Wir haben’s geschafft!«
    Er schließt die Tür ab, und wir machen, dass wir wegkommen.
    Ich freue mich nicht darüber, dass es gelaufen ist wie geschmiert. Ich will nur nach Hause und sehen, ob Fera eine Mail geschrieben hat. Ich habe nicht vor, ihr das hier zu erzählen.

Lieber Hans Petter,
    es geht mir gut, ich bin mit dem Schrecken davongekommen. Das letzte Erdbeben war extrem heftig. Einzelne Gebäude sind stark beschädigt und in der Straße unten ist ein enormer Riss. Mehrere Menschen, die draußen waren, als es passierte, sind schwer verletzt. Ich habe ja an Besprechungen über die Ursachen dieser ständigen Störungen teilgenommen. Wie sich herausstellte, bin ich nicht zufällig in die Arbeitsgruppen aufgenommen worden. Und mit noch mehr Berechtigung, als die anderen vielleicht ahnen. Ich habe nicht gewagt, es zu erzählen, und ich glaube auch nicht, dass ich es je tun werde. Bei der ersten Teamrunde wurde uns gesagt, dass die Erdbeben, die Störungen in der Energieversorgung und die schwarzen Löcher, die aufgetaucht sind, wahrscheinlich alle mit einer Form von Kommunikation zu tun haben. Bisher hat man den Verdacht, dass der Auslöser jemand sein könnte, der mit Zivilisationen fern unserer Galaxie kommuniziert, eventuell sogar mit einem parallelen Universum. Aber ich hatte sofort das Gefühl, dass es mit uns zu tun hat. Mit dir und mir.
    Ich weiß nicht, wie ich so naiv sein konnte. Wie ich glauben konnte, es würde keine Konsequenzen haben, wenn ich zu dir Kontakt aufnehme. Wir haben ja sogar darüber gesprochen. Wenn ich mich zurückerinnere, haben diese Störungen unmittelbar nach unserem ersten Chat begonnen. Da waren es nur einige leichte Erdstöße. Und der Rat hat eilig versichert, dies sei eine erwartete Aktivität aufgrund von Verschiebungen in der Erdkruste. Keine Ahnung, warum sie gelogen haben. Aber wenn ich gewusst hätte, dass es allen ein Rätsel ist, hätte ich den Zusammenhang vielleicht früher begriffen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es meine Schuld ist. Ich glaube nicht, dass jemand das weiß oder mich im Verdacht hat. Aber ich habe alle in Gefahr gebracht. Und ich kann nicht mehr so weitermachen.
    Es tut mir unendlich leid, aber ich muss jeden Kontakt zu dir abbrechen. Dies wird das Letzte sein, was du von mir hörst. Ich muss sämtliche Programme und Geräte vernichten. Ich kann nicht riskieren, dass andere nachmachen, was ich getan habe.
    Glaub mir, das fällt mir wirklich nicht leicht. Ich habe keine andere Wahl, aber ich werde dich vermissen. Ich habe dich angechattet, weil ich mein Wissen erweitern wollte, aber ich fand einen Freund. Einen guten Freund. Du bist mein bester Freund, denke ich, denn dir konnte ich Sachen anvertrauen, die meine anderen Freunde einfach nicht verstehen. Ich hätte nie gedacht, dass das passieren könnte.
    Du hast mich ja am Anfang immer wieder gefragt, woher ich dich kenne, warum ich ausgerechnet mit dir sprechen will. Und ich habe mich vor einer Antwort gedrückt. Weil ich es dir nicht erzählen wollte.
    Zuerst, weil du mir doch nicht geglaubt hättest. Dann, weil ich dich beschützen wollte.
    Viele Male war ich kurz davor, es dir zu sagen, weil es mir vorkam, als würde ich meinen besten Freund belügen. Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich es dir erzählen soll, aber da wir nie mehr miteinander reden werden, ist dies meine letzte Chance. Und ich finde, du hast verdient, es zu erfahren. Du bist ein feiner Mensch mit einem schwierigen Leben. Und du hast noch viele Jahre vor dir, um deine Persönlichkeit zu entwickeln.
    Ausgehend von dem, was ich in dem Geschichtsdokument des Rates gelesen habe, kann es passieren, dass du dich zu dem Menschen entwickelst, für den ich dich anfangs gehalten habe.
    Hans Petter, ich weiß, es ist grausam, was ich dir jetzt sagen muss, aber du bist der Diktator. Du bist es, über den ich gelesen habe, du und dein treuer alter Freund und Mitarbeiter Andreas Strømme. Das
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