Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
trotz seiner reichen Kenntnisse bescheiden im Urtheil, daß es unmöglich wurde, ihn täglich zu sehen, ohne ihn lieb zu gewinnen. Mr. Watkins empfand also – vielleicht gab er sich darüber selbst gar keine Rechenschaft – weit mehr Achtung vor dem Ingenieur, als er je vorher gegen Jemand gehegt hatte. Wenn der Bursche nur auch tüchtig getrunken hätte! Was soll einer aber anfangen mit einem Menschen, der seine Kehle niemals mit einem Tropfen Gin anfeuchtet? So lautete gewöhnlich der Schluß des Urtheils, welches der Farmer gelegentlich über seinen Miethsmann abgab.
    Die Miß Watkins hatte sich sehr schnell mit dem jungen Gelehrten auf guten, freundschaftlichen Fuß zu stellen gewußt. Da sie an ihm ebenso sein seines Benehmen, wie eine geistige Ueberlegenheit erkannte, die ihrem gewöhnlichen Umgang völlig fehlte, ergriff sie eifrig die sich bietende Gelegenheit, durch Aneignung gründlicher Kenntnisse in der Experimentalchemie ihre übrigens nicht schlechte und ziemlich vielseitige Bildung zu bereichern, welche sie durch eigenen Fleiß aus verschiedenen wissenschaftlichen Werken geschöpft hatte.
    Das Laboratorium des jungen Ingenieurs mit seinen merkwürdigen Apparaten interessirte sie ganz mächtig. Bezüglich alles dessen, was die Natur des Diamanten betraf, dieses kostbaren Steines, der in der Unterhaltung, wie in dem Handel des Landes eine so hervorragende Rolle spielte, herrschte zwischen ihr und ihm eine merkwürdige Uebereinstimmung. Im Grunde war Alice nämlich geneigt, diesen Stein kaum höher als einen gewöhnlichen Kiesel zu schätzen. Cyprien – das bemerkte sie sehr bald – theilte nach dieser Seite offenbar ihre eigenen Anschauungen. Die gegenseitige Mittheilung dieser Ansichten trug natürlich noch dazu bei, das schnell geknüpfte Freundschaftsband zwischen ihnen nur zu befestigen.
    Man darf wohl sagen, daß sie im Griqualande wohl die einzigen Wesen waren, welche den Endzweck des Lebens nicht allein darin erkannten, die kleinen Steine zu suchen, zu schleifen und zu verkaufen, die überall in der Welt so warm begehrt werden.
    »Der Diamant, sagte eines Tages der junge Ingenieur, ist im Grunde weiter nichts, als eine reine Kohle; er besteht aus krystallisirtem Kohlenstoff, man kann ihn durch Feuer vernichten, wie jedes andere Brennmaterial, und eben diese Eigenschaft der Verbrennlichkeit hat zuerst zu einer Muthmaßung über seine eigentliche Natur geführt. Newton, der so Vieles scharf beobachtete, hatte wahrgenommen, daß der geschnittene Diamant das Licht stärker als alle anderen transparenten Körper zurückwarf. Da er nun wußte, daß dieser Charakter vor allem den brennbaren Substanzen zukommt, schloß er mit dem ihm eigenen Scharfsinn aus dieser Thatsache, daß der Diamant auch brennbar sein »müsse«, und das Experiment bestätigte völlig seine Annahme.
    – Doch, Herr Méré, wenn der Diamant nichts Anderes als Kohle ist, warum wird er so theuer verkauft? fragte das junge Mädchen.
    – Weil er sehr selten vorkommt, Fräulein Alice, antwortete Cyprien, und in der Natur bisher nur in ganz geringen Mengen gefunden wurde. Lange Zeit erhielt man denselben nur aus Indien, Brasilien und von der Insel Borneo. Ohne Zweifel entsinnen Sie sich, denn Sie mögen damals sieben bis acht Jahre alt gewesen sein, auch der Zeit, wo zum ersten Male auf das Vorkommen des geschätzten Edelsteins in dieser Südprovinz Afrikas hingewiesen wurde.
    – Gewiß erinnere ich mich dessen, sagte Miß Watkins. Hier im Griqualande waren die Leute rein toll geworden. Man sah gar nichts mehr, als Männer mit Schaufeln und Hacken, welche den Boden untersuchten, den Bächen ein anderes Bett gaben, um darin den Grund zu besichtigen, und die nur noch von Diamanten träumten und von diesen sprachen. So klein ich damals auch war, Herr Méré, kann ich mich doch noch daran erinnern, daß ich manchmal nicht wußte, wo mir der Kopf stand. Sie sagten jedoch, der Diamant sei so theuer, weil er selten vorkommt…… Ist das seine einzige schätzenswerthe Eigenschaft?
     

    Das Mädchen bestrebte sich, diese riesigen Stelzfüßler aufzuziehen. (S. 35.)
     
    – Nein, sicherlich nicht, Miß Watkins. Seine Durchsichtigkeit, sein Feuer, wenn er kunstgerecht geschnitten ist, um das Licht zurückzuwerfen, die Schwierigkeit dieser Bearbeitung selbst und endlich seine Alles übertreffende Härte machen ihn zu einem Körper, der auch für den Gelehrten hohes Interesse bietet und, nicht zu vergessen, ihn für die Industrie nützlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher