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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Autoren: Jules Verne
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augenblicklich die wissenschaftliche Begründung jener Erscheinung offenbar weit mehr, als der enorme Verlust, den er durch dieselbe erlitt.
    »Es ist besonders auffallend, erklärte er inmitten der allgemeinen Bestürzung, nicht daß der Stein unter den jetzigen Verhältnissen zersprang, sondern daß er damit bis zum heutigen Tage gewartet hat. Gewöhnlich ereignet sich ein solcher Zufall – »Unfall« sagte er nicht einmal – nach weit kürzerer Zeit und höchstens zehn Tage nach dem Schliffe, nicht wahr, Herr Vandergaart?
    – Vollkommen richtig! Es ist wirklich zum ersten Male in meinem Leben, daß ich einen Diamanten habe drei Monate nach seiner Bearbeitung noch springen sehen! erklärte der Greis seufzend… Indeß es stand geschrieben, daß der »Südstern« keinem Menschen angehören sollte! setzte er hinzu. Und wenn ich bedenke, daß es zur Vermeidung dieses Unglücks hingereicht hätte, den Stein mit einer leichten Fettschicht zu überziehen!…
    – Wirklich? unterbrach ihn Cyprien mit der Befriedigung eines Mannes, der endlich die Lösung eines Räthsels gefunden hat. In diesem Falle erklärt sich ja Alles! Der gebrechliche Stein entlehnte diese Schutzdecke offenbar Dadas Kropfmageninhalte, und das hat bis heute seinen Untergang verhindert. Wahrlich, er hätte besser daran gethan, vor vier Monaten zu zerspringen und uns die beschwerliche Fahrt durch den ganzen Transvaal zu ersparen!«
    Da bemerkten Alle, daß John Watkins, der seine frohe Laune wieder völlig eingebüßt, heftig auf seinem Stuhl hin und her rückte.
    »Wie können Sie ein so entsetzliches Unheil nur so auf die leichte Achsel nehmen? sagte er geröthet vor innerer Empörung. Auf Ehrenwort, Sie besprechen da jene fünfzig in Rauch aufgegangenen Millionen, als ob sich’s um eine Cigarrette handelte!
    – Das beweist eben, daß wir Philosophen sind! meinte Cyprien. Ist der Fall nicht ganz dazu angethan, sich weise zu benehmen, wo die Weisheit zur Nothwendigkeit geworden ist?
    – Meinetwegen seien Sie Philosophen, so viel Sie wollen, erwiderte der Farmer. Fünfzig Millionen sind aber fünfzig Millionen, und die findet man nicht im Handumdrehen wieder. Ah, Jacobus, Sie haben mir heute, ohne daran zu denken, einen höchst wichtigen Dienst erwiesen. Ich glaube, ich, ich selbst, ich wäre vor Stolz noch ebenso wie eine Marone zersprungen, wenn der »Südstern« noch mir gehörte.
    – Ja, was wollen Sie mir Vorwürfe machen? sagte Cyprien, der der neben ihm sitzenden Miß Watkins in das liebliche frische Gesichtchen schaute. Ich habe heute Abend einen so köstlichen Edelstein gewonnen, daß der Verlust eines Diamanten mich nicht besonders bekümmern kann!«
    So endigte durch einen Theatercoup die seiner Geschichte würdige kurze und wechselvolle Laufbahn des größten geschnittenen Diamanten, den die Welt je gesehen.
    Ein solches Ende trug, wie sich leicht denken läßt, natürlich nicht wenig dazu bei, die im Griqualande in Bezug auf denselben umlaufenden abergläubischen Ansichten zu bestätigen. Mehr als je hielten Kaffern und Minengräber sich überzeugt, daß so sehr große Steine nur Unglück bringen können.
    Jacobus Vandergaart, der stolz darauf war, den »Südstern« geschnitten zu haben, und Cyprien, der ihn dem Museum der Bergwerksschule anzubieten gedachte, fühlten sich im Grunde doch mehr, als sie eingestehen wollten, enttäuscht über die unerwartete Lösung. Im Ganzen ging die Welt deshalb doch im alten Geleise weiter, und man kann eben nicht sagen, daß sie bei der ganzen Geschichte so viel verloren habe.
    Die sich überstürzenden Vorkommnisse, die schmerzlichen Erregungen, der Verlust seines Vermögens, dem auch der Verlust des »Südsterns« auf dem Fuße folgte, hatten John Watkins indeß tief angegriffen. Er wurde bettlägerig, siechte einige Zeit hin, und – verlosch.
    Weder die zärtliche Pflege Alices noch die Cypriens, so wenig wie der mannhafte Zuspruch Jacobus Vandergaart’s, der kaum von seinem Kopfkissen wich und sich bemühte, dem Kranken neuen Lebensmuth einzuflößen, vermochten den traurigen Ausgang abzuwenden.

    Vergeblich unterhielt ihn dieser vortreffliche Mann von seinen Plänen für die Zukunft, erwähnte der Kopje nur als ihres gemeinschaftlichen Eigenthums
     

    »Dort gründen wir uns ein Heim…« (S. 261.)
     
    und erbat sich seine Rathschläge über alle, dieselbe betreffenden Maßnahmen, um sein Interesse wach zu halten. Der alte Farmer, einmal in seinem Stolze verletzt, in seiner Monomanie als
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