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Der stumme Handlungsreisende

Der stumme Handlungsreisende

Titel: Der stumme Handlungsreisende
Autoren: Michael Lewin
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verbreitete, dann durfte ich mich da nicht
     hineinziehen lassen. Für mich würde es sich nicht auszahlen,
     übermäßig beeindruckt oder ängstlich zu sein.
    Ich rieb mir den Magen und
     versuchte, einige Glasstückchen aus meiner Hand zu ziehen.
    »Na schön«,
     sagte ich. »Sie werden mich umbringen, aber es besteht kein Grund,
     die Sache zu überstürzen und schließlich zu verpfuschen.«
     Ich machte einen halben Schritt nach vorn.
    In Sekundenschnelle fuhr die
     Flasche in die Höhe.
    »Immer mit der Ruhe«,
     sagte ich. »Ich bin wehrlos.«
    Seafield sah mich an. Argwöhnisch.
     Er sagte nichts, aber er senkte auch die Flasche nicht.
    Ich stand ganz still und
     fragte im Plauderton: »War Simon Rackey Ihr Erster?«
    Er zögerte abermals.
    »Das war gute Arbeit.
     Die Polizei hatte nicht den leisesten Verdacht. Ich habe sie danach
     gefragt. Sie hatten kein Interesse.«
    »Aber nicht mein
     Letzter«, sagte er, womit er endlich doch meine erste Frage
     beantwortete.
    »Nein«, sagte
     ich. »Pighees Frau war ihr letztes Opfer vor heute abend.«
    »Ich weiß nichts
     über Pighees Frau.«
    Marcia Merom erschien an der
     Tür. »Ist das gut so?«
    Seafield sah nicht hin. Er
     beobachtete mich, bereit, bei der leichtesten Bewegung zuzuschlagen.
     »Laß sehen«, sagte er.
    Marcia Merom trat in seinen
     Gesichtskreis. »Worüber ist er so glücklich?« fragte
     sie.
    »Er versucht zu
     bluffen. Also entspanne ich mich, und er kann’s ja mal versuchen.«
    »Bin ich so
     durchsichtig?« fragte ich.
    »Total durchsichtig«,
     sagte Seafield. Aber nicht zu mir. Er sprach wütend auf Marcia Merom
     ein. »Du wirst die verdammte Polizei ganz bestimmt nicht in diesem
     Ding da unterhalten. Hast du nichts Dickes, Undurchsichtiges? Benutz doch
     mal den berühmten Kopf, ja!«
    »Na schön«,
     sagte sie und verschwand wieder im Schlafzimmer.
    »Sie werden mich
     umbringen, nicht wahr?« sagte ich und machte einen kleinen Schritt
     weiter nach vorn.
    »Genau«, sagte
     er.
    »Das einzige, was ich möchte,
     ist, daß Sie mich nicht unglücklich sterben lassen, okay?«
    »Was ist es? Zeit für
     die letzte Bitte? Letzte Mahlzeit? Ich habe eigentlich keine Lust,
     Nahrungsmittel zu verschwenden.«
    »Ich habe nur ein paar
     Fragen. Wie zum Beispiel, ob Henry Rush weiß, daß er in
     Wirklichkeit gar kein FBI-Mann ist.«
    Das amüsierte Seafield.
     Er wollte gerade sprechen, als Marcia Merom wieder auftauchte. Er
     riskierte einen kurzen Blick auf ihren Winterbademantel und sagte dann:
     »Geh wieder ins Schlafzimmer. Mach die Tür zu. Und dann ab ins
     Bett. Stell den Fernseher leise an und warte, bis ich dich rufe.« 
    »Aber Lee«,
     wimmerte sie.
    »Tu es!«
    »Ich möchte nichts
     verpassen und…«
    »Tu es!«
    »- und außerdem
     ist mir da noch etwas eingefallen.«
    Ich sah ihr Gesicht. Sie
     starrte mich an.
    »Gott im Himmel«,
     rief Seafield, »geh in dein gottverdammtes Schlafzimmer, und tu
     verdammt noch mal, was ich dir gesagt habe.«
    Sie wollte keinen Ärger.
     Sie tat, was man ihr sagte. Einen Augenblick später hörten wir
     das monotone Brummen des Fernsehers.
    »Sie weiß es also
     auch nicht«, sagte ich.
    »Für jemand, der
     so klug ist, ist sie verdammt dumm«, sagte er.
    »Und Henry Rush?«
    »Er glaubt, er ist ein
     Cowboy, der Rache nimmt für das, was die Indianer General Custer
     angetan haben.«
    »Also glaubt er, daß
     das, was er mir erzählt hat, die Wahrheit ist?«
    »So ist es.«
    »Haben Sie dieses Ding
     gedreht?«       
    »Zum Teufel, nein«,
     sagte er. »Viel zu groß für mich. Das haben die großen
     Drogenleute in Detroit eingefädelt, über Tommy. Er hat es Henry
     verkauft. Ein echter Patriot, dieser Henry. Er würde nahezu alles
     tun, um seinem Land zu helfen.« Triefender Sarkasmus.
    »Und dann hat man Sie
     angeworben?«
    »So ist es. Es war
     nicht zu übersehen, daß ich festsaß und nicht gerade glücklich
     darüber war. Sie haben mich angeworben, und ich bin darauf geflogen.«
    »Nur, daß Sie die
     Sache durchschaut haben.«
    »Verdammt richtig.«
    »Und Ihre eigenen
     Kontakte geschmiedet haben mit… mit wem? Walker?«
    Er nickte zustimmend. Seine
     Toleranz meinen Fragen gegenüber war im Schwinden begriffen.
    »Und Sie haben Ihre
     eigenen Arrangements mit ihm getroffen«, sagte ich. »Wußte
     er, daß Sie da schon vorhatten wegzugehen?«
    »Daß ich vorhatte
     wegzugehen?« fragte Seafield.
    »Ich habe die
     Portugiesischbücher in Ihrer Wohnung
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