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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte
Autoren: Alexander Kent
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Kommandantengig gefiert wurde. Blöcke und Taljen quietschten, und Tebbutt, der Bootsmann mit den mächtigen Oberarmen, blaffte seine Befehle vom Steuerbord-Decksgang hinunter.
    Bolitho beobachtete den Admiral genau: für diesen zählte jede dieser letzten Sekunden, er speicherte gewiß die kurzen Bilder der Bordroutine in seinem Gedächtnis wie einen Schatz.
    Jetzt erklang eine wohlbekannte Stimme aus nächster Nähe; Bolitho fuhr herum: da stand Allday, sein Bootsführer, und sah ihn gelassen an.
    »Das war’s, Captain«, grinste er und blickte dann zu dem Admiral hinüber. »Soll ich Sir Charles jetzt an Land bringen?«
    Bolitho antwortete nicht gleich. Wie oft hatte er es einfach selbstverständlich gefunden, daß Allday da war. Er kannte ihn durch und durch, seine Treue, seine Unbezahlbarkeit… Er konnte sich ein Leben ohne Allday nur sehr schwer vorstellen. Jetzt war er nicht mehr der ranke Toppmatrose von damals, den vor so vielen Jahren ein Preßkommando an Bord seiner geliebten Fregatte
Phalarop
e

gebracht hatte. Er war breiter, untersetzter geworden. Sein dichtes Haar hatte graue Strähnen bekommen, und sein gemütliches, gebräuntes Gesicht war durchgearbeitet wie altes Schiffsholz. Aber im Grunde war er der gleiche geblieben, und das erfüllte Bolitho unvermittelt mit Freude und Dankbarkeit.
    »Ich frage ihn gleich, Allday.«
    »Wachboot kommt, Sir«, unterbrach Keverne.
    Bolitho fuhr herum und spähte über das glitzernde Wasser: da kam ein armierter Kutter schnell und zielstrebig auf den vor Anker liegenden Dreidecker zu. Jetzt erst fiel es Bolitho auf, daß außer dem Kutter kein einziges Boot den Hafen verlassen hatte. Ein plötzliches Angstgefühl überkam ihn. Was stimmte da nicht? Irgendein furchtbares Fieber im Hafen? Es war bestimmt nicht so, daß man die
Euryalu
s

für einen Franzosen hielt. Dann hätte die Festungsbatterie schon von sich aus ihr Mißfallen kundgetan.
    Er nahm ein Teleskop aus der Halterung und richtete es auf den Kutter. Die braunen Segel, ein paar verkniffene Matrosengesichter schwammen über die Linse. Aber in der Flicht saß ein Kapitän, dessen leerer Ärmel am Rock festgesteckt war, und blickte starr zur
Euryalus
herüber. Beim Anblick der Uniform mit dem leeren Ärmel durchfuhr Bolitho wiederum ein schmerzliches Gefühl. So hätte sein toter Vater ausgesehen, wenn er plötzlich wieder zum Leben erwacht wäre.
    »Was ist los?« fragte der Admiral irritiert.
    »Irgendwelche Formalitäten, Sir Charles«, antwortete Bolitho. Und zu Keverne: »Lassen Sie bitte antreten zum Seitepfeifen.«
    Hauptmann Giffard von der Marine-Infanterie zog seinen Degen, marschierte gewichtig zur Fallreepspforte und musterte seine Männer, die in dichtgeschlossenen, scharlachroten Reihen angetreten waren, um den ersten Besucher an Bord vorschriftsmäßig zu empfangen. Auch mehrere Bootsmannsmaaten und Schiffsjungen waren mit angetreten. Bolitho ging die Achterdeckstreppe hinunter und trat zu Keverne und dem Offizier der Wache.
    Die Segel des Kutters wurden eingeholt, der Buggast schlug seinen Haken in die Rüsten, die Bootsmannsmaatenpfeifen trillerten ihren Salut, der einarmige Kapitän kletterte unbeholfen durch die Fallreepspforte und lüftete seinen Hut zum Achterdeck hin, wo der Admiral stand und gleichmütig, ohne sichtbares Interesse, die Szene beobachtete. Vielleicht fühlte er sich schon gar nicht mehr dazugehörig, dachte Bolitho.
    »Captain James Rook, Sir.« Der Besucher setzte den Hut wieder auf und blickte sich rasch um. Er hatte die Lebensmitte schon weit überschritten; wahrscheinlich hatte man ihn reaktiviert, um einen jüngeren Mann zu ersetzen. »Ich bin Befehlshaber der Hafenwache und der Preßkommandos, Sir.« Unter Bolithos gelassenen grauen Augen wurde er etwas unsicher. »Habe ich die Ehre, mit Sir Charles Thelwalls Flaggkapitän zu sprechen?«
    »Der bin ich.«
    Bolitho blickte an ihm vorbei in den Kutter. Im Bug war ein Drehgeschütz montiert, und außer der Normalbesatzung waren noch einige bewaffnete Matrosen an Bord.
    »Erwarten Sie einen Angriff?«
    Rook gab keine direkte Antwort. »Ich habe eine Depesche für Ihren Admiral.« Er räusperte sich, als wüßte er genau, daß ihn alle gespannt beobachteten. »Vielleicht gehen wir nach achtern, Sir?«
    »Gewiß.«
    Bolitho war über Gebühr irritiert durch die wichtigtuerische und ausweichende Art des Mannes. Schließlich hatten sie ihre Order, und was ihnen dieser Kapitän auch erzählen konnte, hätte bestimmt Zeit
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