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Der Stierkampf

Der Stierkampf

Titel: Der Stierkampf
Autoren: Yasushi Inoue
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die in der morgigen Ausgabe erscheinen sollten, gab er präzise Anweisungen. Sich sofort einfühlend in die Atmosphäre dieses Raums, wo man sich mit Rücksicht auf ihn bemühte, möglichst wenig zu sprechen, versammelte er am Schluß alle noch Anwesenden um sich und sagte mit kräfiger Stimme, die nach Verkündung eines Gerichtsurteils oder einem Befehl klang:
    »Hören Sie gut zu! Regnet es morgen, fällt die Veranstaltung auf jeden Fall aus, gleichgültig, ob es nachmittags auflart oder weiterregnet! Es genügt, wenn wir übermorgen einen blendenden Erfolg haben!«
    Dann schickte er die Leute fort und kehrte nach insgesamt einer Stunde zu Sakiko zurück, die fröstelnd am Ausgang stand, wo weit und breit niemand mehr zu sehen war. Sie stiegen in das eine Auto, das noch vor dem Gebäude stand. Als sie Platz genommen hatten, lehnte sich Tsugami zurück und schloß die Augen. Mit dem Kragen seines nassen Mantels verdeckte er das Gesicht zur Hälfe, es war ihm gleichgültig, daß sein Hut herunterzugleiten drohte, und er sah tief bekümmert aus. Wie um all das ertragen zu können, biß er sich hin und wieder auf die Lippen und stöhnte leicht auf. Sakiko mochte zu ihm sagen, was sie wollte, er schüttelte nur den Kopf oder nickte und blieb stumm. Sie starrte in das Gesicht ihres verwundeten Geliebten, der in dem Wagen roh hin und her geschüttelt wurde. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sie diesen Mann, der, schwer getroffen, nicht mehr sprechen konnte, als ihr Eigentum betrachten. Von Ausschweifungen erschöpf, war hier ein verlorener Sohn nach endlosen Enttäuschungen schließlich nach Hause gekommen, wo niemand sonst war. Sakiko verspürte den Hauch eines Triumphes, wie ihn etwa eine Mutter dann fühlen mag. Eine wunderliche Liebe, von einer Art melancholischen Wohlgefühls begleitet, machte sie kühl und sanf zugleich. Das Gesicht dieses Mannes sah auch, als sie die Hand um seinen Hals legte und ihn zärtlich streichelte, unbewegt aus. Es hätte sich vielleicht auch dann nicht verändert, wenn sie die Hand zurückgezogen hätte. Während der drei Jahre, die sie mit Tsugami verbrachte, hatte sie so etwas kein einziges Mal erlebt. Bisher war es nur immer sie gewesen, die weggestoßen, wieder herangezogen und erneut fortgestoßen worden war. Sie wischte, aus Scheu vor dem Chauffeur, mit ihrem Taschentuch über sein Gesicht. Diese wunderliche Liebe, die sie, kühl auf Tsugami herabblickend, zu diesem Mann empfand, machte sie kühn, als sei sie plötzlich ein anderer Mensch geworden.

    Der Regen, der am ersten und zweiten Tag niedergegangen war, hörte am Abend des zweiten auf. Am dritten wehte ein kalter Wind, aber es herrschte plötzlich ein angenehm klares, für einen Stierkampf geradezu ideales Wetter. Zur Eröffnungsstunde, um neun Uhr, waren, mochte dies auch hinter den Erwartungen zurückbleiben, immerhin 6 000 Eintrittskarten verkauf worden. Omoto, der sich in einen Cut geworfen hatte, tauchte fast stündlich an den Kartenschaltern auf und war eifrig bemüht festzustellen, wieweit sich für seine Zeitung das ungeheure Defizit wohl schon verringert hatte. Selbst Tashiro stieg hin und wieder zur obersten Tribünenreihe hinauf und sah auf die von den Vorortbahnhöfen pausenlos zum Baseballstadion strömenden Menschenmassen, dann stieg er, den Saum seines schweren Ledermantels immer wieder in die Höhe raffend, nervös die vielen Stufen wieder hinab. In seinem Kopf wiederholte er vom Morgen an die gleiche Rechnung. Im Unterschied zu Omoto wurde er in gewissen Abständen von Anfällen der Verzweiflung heimgesucht. Er brachte es nicht fertig, irgendwo ruhig sitzen zu bleiben. Kaum war er bei den für die Ausschußmitglieder reservierten Plätzen erschienen, streife er durch die Zuschauermenge an der Ringside-Seite, und kurz nachdem man ihn vor dem Platz, wo die Stiere angebunden waren, auf und ab gehen sah, tauchte er in abgelegenen Ecken des Außenfelds auf, wo kein Mensch saß. Ab und zu blieb er stehen, zog aus seiner Tasche eine Whisky-Flasche, entkorkte sie langsam und führte sie an die Lippen. Weder Omoto noch Tashiro sahen jedenfalls dem Stierkampf zu, um dessen Zustandekommen sie sich so geplagt hatten. Ihnen war es vollkommen gleichgültig, welcher von den Stieren siegte oder verlor, in ihren Augen war das hier ein höchst alberner, kaum recht begreiflicher, seltsamer Kampf von Lebewesen, die mit den Hörnern aufeinander losgingen.
    Tsugami saß zusammen mit anderen Ausschuß-
    mitgliedern auf
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