Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald
Autoren: Kevin J. Anderson
Vom Netzwerk:
Estarras ältester Bruder, als ihr Gleitfloß über den dicht bewaldeten Kontinent flog. »Ich bin im Flüsterpalast auf der Erde gewesen und habe unter den sieben Sonnen von Ildira gestanden.« Ein Lächeln erschien in Reynalds sonnengebräuntem Gesicht. »Aber Theroc ist meine Heimat, und ich bin lieber hier als woanders.«
    Estarra schmunzelte und blickte auf die unbekannte und doch vertraute Landschaft aus Weltbäumen hinab. »Ich bin noch nie bei den Spiegelseen gewesen, Reynald. Es freut mich sehr, dass du mich mitgenommen hast.«
    Als Kind war sie oft vor dem Sonnenaufgang zu Entdeckungsreisen durch den Wald aufgebrochen und hatte sich dabei von ihrer Neugier leiten lassen. Zum Glück gab es viele Dinge, die ihr Interesse weckten: Natur, Wissenschaft, Kultur, Geschichte. Sie hatte sich sogar mit den Aufzeichnungen des Generationenschiffs Caille befasst, mit der Geschichte der Besiedlung von Theroc und dem Ursprung der grünen Priester. Nicht weil sie musste, sondern weil sie sich dafür interessierte.
    »Wen sollte ich sonst mitnehmen?« Mit den Fingerknöcheln strich Reynald verspielt über die Haarknäuel seiner Schwester. Er hatte breite Schultern, muskulöse Arme und langes Haar, zu Zöpfen geflochten. Zwar zeigte sich ein dünner Schweißfilm auf seiner Haut, aber er schien sich in der Wärme des Waldes recht wohl zu fühlen. »Sarein weilt als Botschafterin auf der Erde. Beneto ist als grüner Priester auf Corvus Landing, und Celli…«
    »Selbst mit sechzehn ist sie noch ein Kind«, sagte Estarra.
    Vor Jahren war Reynald durch den Spiralarm gereist, um andere Kulturen kennen zu lernen – das gehörte zu seinen Vorbereitungen darauf, der nächste Vater von Theroc zu werden. Bei jener Gelegenheit hatte sich zum ersten Mal ein theronisches Oberhaupt eingehend mit anderen Gesellschaften beschäftigt. Inzwischen war es durch die Verknappung des Treibstoffs für den Sternenantrieb zu Reisebeschränkungen und interplanetaren Spannungen gekommen, und Reynald nahm die neue Situation zum Anlass, die wichtigsten Städte seiner Heimatwelt zu besuchen. Seine Eltern hatten ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihm noch in diesem Jahr den Thron überlassen wollten. Er musste bereit sein.
    Das Gleitfloß flog über die Baumwipfel hinweg, von einer Siedlung zur nächsten. Lachende Theronen folgten ihm und gaben vor, Teil der Prozession zu sein: Mit Flüglern sausten sie hin und her, kleinen Vehikeln aus umgebauten Triebwerken und den Flügeln einheimischer Kondorfliegen. Ausgelassene junge Männer kreisten über und hinter dem Gleitfloß, zeigten gewagte Flugmanöver. Einige flirteten mit Estarra, die inzwischen das heiratsfähige Alter erreicht hatte.
    Weiter vorn bemerkte sie eine Lücke im dichten Blätterdach und das Glitzern von blauem Wasser.
    »Das sind die Spiegelseen, alle tief und vollkommen rund«, sagte Reynald und deutete in die entsprechende Richtung. »Wir übernachten im Dorf.«
    Am ersten wunderschönen See trugen die Weltbäume fünf Wurmkokons, die leeren Nester großer wirbelloser Tiere. Als Reynald das Gleitfloß am Ufer des Sees landete, seilten sich Menschen ab, sprangen, kletterten nach unten und schwangen an Ästen hin und her, um die Besucher zu begrüßen. Vier grüne Priester erschienen voller Anmut – photosynthetische Algen gaben ihrer Haut einen smaragdfarbenen Ton.
    Die Priester waren zu einer Kommunikation fähig, die weit über das hinausging, was die modernste Technik der Hanse und der Ildiraner zu leisten vermochte. Über Generationen hinweg hatten Wissenschaftler an diesem Problem gearbeitet, ohne dass ihnen die grünen Priester helfen konnten. Es ging ihnen nicht etwa darum, irgendwelche Geheimnisse zu hüten – die Priester konnten keine Hilfe leisten, weil sie selbst nicht wussten, wie ihre besondere Kommunikation funktionierte. Andere Welten versuchten immer wieder, grüne Priester wegen des Telkontakts in ihre Dienste zu nehmen, aber die unabhängigen Theronen interessierten sich kaum für die Angebote der Hanse. Der Weltwald selbst schien Zurückhaltung zu üben.
    Aber die Repräsentanten der Hanse konnten auch sehr beharrlich und überzeugend sein.
    Es war die schwere Aufgabe eines jeden Oberhaupts, diese Dinge gegeneinander abzuwägen. Als Estarra beobachtete, wie sich ihr Bruder den grünen Priestern und fröhlichen Kokonbewohnern gegenüber verhielt, sah sie deutlich, dass er ein guter Nachfolger von Vater Idriss sein würde.
    Nach dem aus frischem Fisch,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher