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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Katrin Burseg
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akbar.
    Bedächtig schlenderte Farid durch die Straßen seiner Heimatstadt, er lauschte dem Stimmengewirr der Händler und Marktbesucher, dem Werben und Feilschen.
    Als Junge hatte er die glücklichsten Stunden zwischen den Marktständen der Kaufleute verbracht, sich an den duftenden Säcken mit Gewürzen berauscht, die schillernden Seidenstoffe und Teppiche befühlt, die Fertigkeiten der Handwerker bestaunt. Und den Geschichten der fahrenden Händler gelauscht. Sie brachten die Abenteuer der Wüste mit ihren Karawanen in die Stadt. Nichts hatte er sich sehnlicher gewünscht, als mit ihnen hinausziehen zu können. Er hatte sich fortgeträumt, bis an das Ende der Welt.
    Und dann war die Gesandtschaft des Gottorfer Herzogs nach Isfahan gekommen.
    Farid blieb an einem Stand mit Silberwaren stehen. Er nahm einen blank polierten Teller in die Hand, blickte hinein. Wie in einem Spiegel sah er sein Gesicht, das Bildnis eines Mannes – mit stolzen Zügen und erhobenem Haupt. Die Erfahrungen eines bewegten Lebens spiegelten sich darin. Allein die Augen – Wehmut schwamm darin, Sehnsucht, die Erinnerung an etwas längst Vergangenes. An eine ferne Welt.
    Der Händler riss ihn aus seinen Gedanken, er nannte eine Zahl, garniert mit einem lockenden Lächeln. »Ein guter Preis, Efendi.«
    Farid schüttelte den Kopf, doch er behielt den Teller in der Hand, prüfte sein Gewicht, die Qualität der Gravur.
    Der Kaufmann, er trug einen weiten Kaftan, ein öliger Schnurrbart stach aus seinem Gesicht, wirbelte herum und winkte einen Jungen zu sich. Farid beobachtete, wie dieser ihm weitere Silberwaren vorlegte. Sein Gesicht glühte vor Eifer, die blauen Augen standen in einem seltsamen Kontrast zu den dunklen Haaren.
    »Dein Sohn?« Farid beugte sich freundlich vor, er strich dem Knaben über das Haar. »Reist er mit dir?«
    »Er wird mein Geschäft übernehmen – so Gott will.« Der Kaufmann lächelte, er war sichtlich stolz auf den Jungen. Dann beugte er sich vertraulich vor. »Wonach sucht Ihr, mein Herr?«
    Farid schüttelte den Kopf, wieder sah er in den Teller. Auch er hätte die Stellung seines Vaters erben können. Dann wäre er heute ein Schreiber am Hof des Schahs. Doch dann war alles anders gekommen.
    Plötzlich gefiel ihm der Teller. Er blickte auf, nannte eine Zahl. Das Spiel hatte begonnen.
    »Mein Herr …« Entsetzt rollte der Händler mit den Augen. »Ihr findet nichts Vergleichbares in dieser Stadt. Das Silber stammt aus dem fernen Osten, es ist sehr rein. Und die Ornamente«, er wies auf die Verzierungen im Tellerrand, »ein Meisterwerk.«
    Farid legte den Teller zurück.
    »Efendi …« Wieder eine Zahl, etwas tiefer, aber immer noch zu hoch.
    Farid dachte, dass sie alle um das Schauspiel wussten, das nun seinen Lauf nehmen würde. Er tat so, als würde er weitergehen.
    »Herr, wartet doch …« Der Junge lief ihm nach, zog an seinem Arm. Der Händler nannte einen neuen Preis, etwas tiefer nun. Lockende Gesten begleiteten seine Worte.
    Farid blieb stehen und gab vor, über den Preis nachzudenken. Im Stillen lächelte er. Ja, er genoss die Feilscherei, selbst auf dem Blumenmarkt in Amsterdam hatte er nichts Vergleichbares erlebt. Nach wenigen, resolut vorgebrachten Zahlen war man sich dort handelseinig gewesen. Der Handel dort hatte nichts von dem kunstvollen Hin und Her eines orientalischen Basars.
    »Efendi …« Der Junge zupfte noch immer an seinem Arm, wieder strich Farid ihm über das dichte Haar.
    »Wie alt bist du?«, hörte er sich plötzlich fragen.
    »Bald zehn, Herr.« Der Junge reckte ihm beide Hände entgegen, seine Finger spreizten sich ab, sie waren lang und schmal wie die eines Künstlers. Sein Stolz rührte ihn.
    Caspar. Plötzlich stand ihm Sophies Sohn vor Augen. Wie alt mochte Caspar jetzt sein? Farid schloss für einen Moment die Augen, er rechnete nach.
    »Dreizehn«, murmelte er schließlich, ein wenig erschrocken, weil er die Zahl kaum glauben konnte. »Dreizehn Jahre.« Dann fiel ihm ein, wie lange er Sophie nicht mehr gesehen hatte. Und doch hatte er sie keinen Moment vergessen können.
    »Herr?« Der Junge sah ihn erstaunt an, die Zahl passte nicht in das Gefüge der sich nach unten schraubenden Preise.
    »Ich nehme den Teller.« Farid drehte sich wieder zum Stand. Er wusste, dass er den Händler enttäuschte. Er hatte viel zu schnell nachgegeben, ihn um das Vergnügen des Handelns betrogen.
    »Ihr seid nicht von hier, mein Herr?« Der Junge begann nun, den Teller in ein Stück Tuch
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