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Der Stern von Yucatan

Der Stern von Yucatan

Titel: Der Stern von Yucatan
Autoren: Debbie Macomber
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stand auf der Steuerbrücke, die Sonne im Gesicht. Der Wind schlug ihm das aufgeknöpfte Hemd gegen die gebräunte Brust, als er die “Scotch on Water” in westliche Richtung steuerte. Er prüfte die Karte und stellte fest, dass er nicht weit von El Mirador entfernt war. Es war schon einige Monate her, seit er mit Thomas ein Bier getrunken hatte. Wenn ihn sein Gedächtnis nicht trog, musste Azucena jetzt jeden Tag ihr Kind bekommen. Vielleicht kam er noch rechtzeitig zu dem glücklichen Ereignis und konnte mit dem Vater anstoßen.
    Das war ihr drittes Kind in sechs Jahren. Großer Gott. Thomas war auch nicht besser als Cain und Murphy, aber wenigstens hatte er eine Entschuldigung. Azucena lehnte als gläubige Katholikin Empfängnisverhütung ab. Sex ohne Ehe, klar, aber Empfängnisverhütung, nein. Interessante Logik, dachte Jack grinsend. Während eines Besuches hatte Thomas ihm gestanden, wie entsetzt er gewesen war, als Azucena das erste Mal schwanger wurde. In den folgenden Jahren hatte er sich offenbar ans Vatersein gewöhnt. Jack überlegte, dass es ihm vielleicht nicht anders erginge, wenn eine heißblütige Frau wie Azucena sein Bett wärmte.
    Es gab irgendeinen Grund, warum Thomas sie nicht heiraten konnte. Es hatte mit seiner Vergangenheit zu tun. Thomas hatte einmal eine Andeutung gemacht, es aber nicht weiter erklärt.
    Auch Jack hatte, Narr der er war, vor Jahren ernsthaft eine Heirat in Erwägung gezogen. Heute fand er das schwer zu glauben, doch er war tatsächlich bereit gewesen, sich auf alles einzulassen – Ehefrau, Kinder, Haus im Vorort. Glücklicherweise war er dieser Falle entkommen … aber damals war er darüber nicht besonders glücklich gewesen. Tatsächlich hatte es scheußlich wehgetan, als Marcie seinen Antrag ablehnte. Was ihn aber wirklich fertig gemacht hatte, war, dass sie dann statt seiner einen Klempner namens Clifford heiratete.
    Die beiden schienen allerdings glücklich miteinander zu sein. Er fand das bemerkenswert und war zugleich erleichtert. Er wünschte Marcie von Herzen Glück. In den letzten beiden Jahren hatte er Weihnachtskarten erhalten mit Fotos von ihr und Clifford. Auf dem ersten Bild stand sie, offensichtlich stolz auf ihre Schwangerschaft, neben ihrem Hünen von Ehemann. Sie sah aus wie im zehnten Monat. Die Weihnachtskarte des nächsten Jahres erklärte warum. Zwillinge. Die Namen hatte er vergessen, aber sie waren ziemlich einfallslos gewesen, wenn er sich recht entsann. Billy und Bobby oder etwas in der Art.
    Ihr Gesicht hatte vor Glück gestrahlt, während sie eines der sich windenden Babys hielt und Clifford das andere. Jack hatte das Bild auf dem Boot weggesteckt, als ständige Erinnerung, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte, ihn nicht zu nehmen. Abgesehen von dieser kurzen Episode hatte er schon vor langer Zeit erkannt, dass er nicht der Typ zum Heiraten war. Nein, nicht mal annähernd. Er war nicht daran interessiert, mit einer Frau sesshaft zu werden und sich diesen ganzen häuslichen Kram aufzuhalsen. Er genoss sein sorgenfreies Leben und brauchte niemand, der ihm den Kopf verdrehte oder sein Herz eroberte.
    Keine Frage, alles hatte sich zum Besten gewendet, als Marcie Clifford heiratete. Er wäre ein erbärmlicher Ehemann geworden. Allerdings gab es Zeiten, wenn auch selten, in denen er sich fragte, was geworden wäre, wenn Marcie ihn genommen hätte.
    Ich werde ihr zu Ehren ein Bier trinken, entschied Jack und blickte stirnrunzelnd in den Wind. Auf Marcie und ihre glückliche Rettung.
    Die Boeing 767 landete früh am Nachmittag in Mérida, auf der Halbinsel Yucatán. Sobald Lorraine aus der Maschine stieg, ließ sie ihren Blick über den Bereich der Zollabfertigung wandern, in der Hoffnung, ihr Vater habe ihre Nachricht und den nachfolgenden Brief erhalten und hole sie ab. Das einzige Foto, das sie von ihm besaß, war das Hochzeitsbild der Eltern. Damals hatte er lange Haare gehabt und einen Bart getragen. Er war jetzt fünfzig, und Lorraine hatte keine Ahnung, ob sie ihn überhaupt wiedererkennen würde.
    Die Landkarte, die sie sicher in ihrer Tasche verstaut hatte, zeigte, dass El Mirador etwa fünfundsiebzig Meilen nördlich von Mérida lag. Besorgt sah sie sich um. Die Zollabfertigung dauerte ungewöhnlich lange. Etliche Passagiere beklagten sich bereits über den unnötigen Aufenthalt. Soweit Lorraine es aufschnappte, war die kleine Zollstelle wegen eines Museumsraubes unterbesetzt. Offenbar kontrollierte jeder verfügbare Beamte das
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