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Der Steinwandler pyramiden2

Der Steinwandler pyramiden2

Titel: Der Steinwandler pyramiden2
Autoren: douglass
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beinahe eine halbe Meile über die Ebene. Ein rechteckiger Schatten.
    Rechteckig.
    Ich dachte, mir würde schlecht werden.
    Boaz kam zu mir zurück und packte meinen Arm. »Und jetzt hinunter.«
    Ich sackte vor Erleichterung zusammen und wäre vielleicht gefallen, hätte er mich nicht gehalten, aber ich hatte mich zu früh gefreut.
    Boaz zerrte mich die Stufen hinunter, und ich werde nie begreifen, daß wir uns bei diesem wilden Abstieg nicht zu Tode stürzten, aber dann zog er mich zur Rampe.
    Nein! »Boaz!«
    »Ich will, daß du es ein für alle Male verstehst«, sagte er.
    »Ein für alle Male.«
    Ich ließ mich von ihm ziehen, als wir uns dem oberen Ende der Rampe näherten, in der Hoffnung, daß das Boaz vielleicht bremsen oder ihn vielleicht sogar aufhalten würde. Aber er fluchte bloß, bückte sich und hob mich auf seine Arme.
    Jetzt war ich ihm noch mehr ausgeliefert als zuvor.
    Die Pyramide flackerte, als wir in ihren Rachen traten.
    Ich wollte die Augen schließen, konnte es aber nicht. Ich ging in den Tod, davon war ich fest überzeugt.
    Die inneren Glaswände der Pyramide bestanden jetzt alle aus der schwarzen, glänzenden Substanz. Darunter züngelten dünne, verästelte rote Lichtblitze. Ich erinnerte mich daran, wie das Glas bei dem Prozeß, der es schwarz verfärbte, mit dem Stein verschmolzen war, und mir wurde klar, daß das rote Licht auch durch den Stein flackerte.
    Vielleicht hatte sich der Stein in Fleisch verwandelt?
    Boaz stieg ohne zu zögern den Hauptgang hinauf. Das Licht war geisterhaft. Mondlicht wurde durch die Schächte hinuntergespiegelt und floß in den Gang, aber seine Leuchtkraft war auf dem Weg dorthin verdorben und war nun dickflüssig und hatte einen rötlichen Schein.
    Die Luft roch nach warmen Eisen.
    »Gleich ist es so weit«, flüsterte Boaz.
    Ich sah in sein Gesicht. Es war das Gesicht eines Mannes, den ich nicht kannte, und den ich fürchtete und haßte. Ich begriff, daß die Pyramide alle verändern würde, die sie in ihren Bann schlug. Gefügig, willenlos machte.
    Ich schloß kurz die Augen, in der Hoffnung, mich sammeln zu können, aber ich hatte zu große Angst.
    Der Weg wurde waagerecht, und Boaz stellte mich auf die Füße.
    »Bist du bereit?« fragte er. »Bereit für die Herrlichkeiten der Pyramide?«
    »Nein, bitte… Boaz… nicht… bitte…«
    Er ergriff meine Hand und zerrte mich in die Kammer zur Unendlichkeit.
    Das erste Gefühl, das ich hatte, war Erleichterung. Hier war das Licht in einem weichen Goldton, Mondlicht, das durch den goldenen Schlußstein gefiltert durch den Hauptschacht hereinströmte und dann durch das goldene Glas der Kammer trieb. Kein Blut. Kein Eisengeruch.
    Dann hörte ich die hilflosen Schreie des Glases.
    So schlimm war es noch nie gewesen. Niemals. Das waren die Schreie gefangener Tiere in Todesangst; sie flehten um Erlösung; sie baten mich, ihnen zu helfen, schrien vor Angst…
    Und ich litt mit ihnen und weinte mit ihnen tief in meinem Herzen.
    Und ich fühlte die Qualen des Glases durch meinen Körper rasen.
    Ihr Götter, was geschah hier?
    »Wunderschön«, murmelte Boaz und hob die Hände.
    Ich wußte, was er als Nächstes tun würde, denn ich hatte ihn schon einmal dabei beobachtet. Er würde die Tore aller Schächte öffnen und die Kammer zur Unendlichkeit mit Licht fluten.
    Es würde nur Mondlicht sein, aber das würde schlimm genug sein.
    Das Entsetzen des Glases, das in mir tobte, löste beinahe einen Krampfanfall bei mir aus.
    Er lächelte, holte tief Luft und legte die Hände auf das Glas.
    Und hörte – fühlte – endlich auch seine Rufe.
    Ich hatte leise aufgeschrien, als er das Glas berührte, und als er mit einem Ausdruck ungläubigen Entsetzens auf seinem Gesicht die Hände wegriß, dachte ich, es wäre meinetwegen.
    Aber dann erkannte ich, daß es nicht so war.
    Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren, seine Augen waren weit aufgerissen, voller Angst. Irgendwie schaffte ich es, seine Hände zu packen und sie wieder zurück auf das Glas zu legen.
    »Fühle es, Boaz! So fühle es doch!«
    Und er fühlte es tatsächlich. Er wollte sich losreißen, und ich weiß nicht, woher ich die Kraft nahm, aber ich schaffte es, seine Hände weiterhin an das Glas zu drücken.
    Rette uns!
    Das Glas flehte… und es flehte Boaz an. Boaz!
    Rette uns! Oh, so rette uns doch!
    »Nein«, stöhnte er.
    Es kommt! Rette uns!
    Schließlich gelang es ihm, seine Hände unter den meinen wegzureißen. »Nein!«
    »Boaz, bitte«, flüsterte ich.
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