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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker
Autoren: Tania Carver
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vertrat alles, was gerade offiziell als politisch korrekt galt, und redete von Fortschritt und Chancengleichheit bei der Polizei, aber unter seinem maßgeschneiderten Anzug und seinem teuren Haarschnitt war er genauso reaktionär und verschlagen wie die ältesten Dinosaurier im Polizeiapparat.
    Erst jetzt fiel Phil auf, dass Fenwick eine Begleiterin mitgebracht hatte, die, ebenfalls im Overall, neben ihm stehen geblieben war. Fenwick wandte sich ihr zu.
    »Das hier ist Detective Sergeant Martin. Rose Martin. Sie hat die Vermisstensache bearbeitet.« Fenwick lächelte breit. »Sie ist hier, um ihre Expertenmeinung abzugeben.«
    DS Rose Martin trat vor, bedachte Phil und Mickey zur Begrüßung mit einem knappen Lächeln und blickte auf die Leiche hinunter. Instinktiv zuckte sie zurück und schaute weg. Phil befürchtete schon, sie würde genauso reagieren wie Mickey, doch sie hatte sich sofort im Griff, blickte wieder hin und bückte sich, um besser sehen zu können. Phil bewunderte sie dafür. Mickey hingegen, so schien es, nahm ihre Gelassenheit ein wenig verstimmt zur Kenntnis.
    »Und, was meinen Sie?«, wollte Phil wissen. »Sie kennen sie besser als wir. Ist sie es?«
    Rose Martin richtete sich auf. Den Blick weiterhin auf die Leiche gerichtet, nickte sie. »Ich glaube schon. Ja, ich würde sagen, das ist Julie Miller.«
    Phil nickte.
    Sein Privatleben würde definitiv warten müssen.
    3 Phil betrachtete seine schwitzenden Kollegen. Er war sich bewusst, was für ein gespenstisches Bild sie abgeben mussten: die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, Handschuhe an den Händen, Überzieher an den Füßen. Druiden des einundzwanzigsten Jahrhunderts, die an einem modernen Opferaltar huldigten.
    »Nun, eine natürliche Todesursache können wir wohl ausschließen«, versuchte sich Fenwick an einem Scherz.
    Niemand lachte.
    »Ihr Herz hat aufgehört zu schlagen«, erwiderte Mickey Philips und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Natürlicher geht’s doch wohl nicht.«
    Phil sah seinen neuen DS scharf an. Auf den ersten Blick ließ der Kommentar vor allem auf eins schließen: dass Philips nach dem peinlichen Zwischenfall von eben wieder zu alter Lässigkeit zurückgefunden hatte. Seine Augen jedoch sagten etwas anderes. Die scheinbar flapsige Bemerkung war eine ernstgemeinte Antwort auf Fenwicks geschmacklosen Witz gewesen. Prompt wurde der junge Mann Phil ein wenig sympathischer.
    »Phil«, sagte Fenwick laut im Bemühen, Autorität zu demonstrieren. »Ich möchte, dass Sie die Ermittlungen in diesem Fall leiten.«
    Phil nickte.
    »Und ich halte es für eine gute Idee, wenn Rose – also DS Martin – mit von der Partie ist. Sie hat schon seit knapp einer Woche mit dem Fall zu tun. Weiß, wie der Hase läuft.«
    Wie der Hase läuft, dachte Phil. Fürst Floskel reitet wieder .
    »Okay.« Normalerweise legte Phil Wert darauf, seine Teammitglieder selbst auszusuchen, weil er sich hundertprozentig sicher sein wollte, dass er ihnen vertrauen konnte. Allerdings sah er ein, dass Fenwick recht hatte.
    »Gut. Ich kümmere mich um die Presse und lasse Sie Ihre Arbeit machen. Bericht erstatten Sie wie üblich mir und dem Super in Chelmsford.«
    »Die Presse? Wollen wir damit an die Presse gehen?«
    Fenwick runzelte die Stirn. »Besser, wir warten die endgültige Identifizierung ab, bevor wir Namen rausgeben. Schließlich wollen wir nichts übers Knie brechen, stimmt’s?«
    Übers Knie brechen . »Natürlich nicht.«
    »Gut. Dann lasse ich Sie mal machen.«
    Fenwick verabschiedete sich. Phil fiel auf, dass er dabei seine Hand ein paar Sekunden länger auf Rose Martins Rücken liegen ließ, als angemessen gewesen wäre.
    »Also gut«, sagte Phil und stellte seine Teammitglieder einander vor. »Dann sind Sie also mit dabei. Vielleicht bekommen wir später noch Verstärkung durch Anni, aber das ist noch nicht sicher. Lassen Sie uns anfangen. Was fällt Ihnen spontan ein?«
    Phil legte Wert darauf, die erste Teambesprechung noch am Tatort durchzuführen, damit alle Beteiligten Ideen und Eindrücke austauschen konnten.
    »Zuallererst sollten wir überlegen, was uns der Tatort verrät. Was ist hier wichtig?«
    »Sie meinen, ob sie mit Absicht so hingelegt wurde?«, fragte Rose Martin mit gerunzelter Stirn.
    »Genau.« Phil betrachtete wieder die Leiche. »Ihr Kopf zeigt nach vorn …«
    »Zum Bug«, warf Mickey dazwischen. Phil sah ihn an, und Mickey wurde rot. »Bug – so nennt man das vordere Ende vom Schiff. Mein Vater
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