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Der Spinnenkrieg

Der Spinnenkrieg

Titel: Der Spinnenkrieg
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schritte davon. Skudder ergriff sie am Arm und stützte sie, und seine Augen weiteten sich vor Schrecken, als er ihre blutende Wange sah. Aber Charity winkte nur hastig ab, als er etwas sagen wollte, und verfolgte mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen den bizarren Zweikampf der Rieseninsekten vor sich. Sie konnte nicht unterscheiden, wer wer war – aber das spielte auch gar keine Rolle. Das Entscheidende war, daß dieser Kampf überhaupt nicht hätte stattfinden dürfen! Daß es dem Moroni gelungen war, sich totzustellen und die Jared zu täuschen, das war unglaublich genug. Aber wieso wehrte er sich noch? Auch Skudder verfolgte den Zweikampf der Insekten mit wachsender Fassungslosigkeit. Der stumme Kampf wurde mit einer Verbissenheit geführt, die Charity schaudern ließ. Die Ameisen schlugen und hackten mit ihren fürchterlichen Krallen aufeinander ein, versuchten mit den Mandibeln die Augen oder den dürren Hals des Gegners zu packen, ohne daß einer dem anderen wirklich überlegen war. Charity spürte die unvorstellbar Wut, die beide Gegner beseelte.Ein Haß, der weit über alles hinausging, was sie jemals erlebt hatte. Es war nicht nur einfach Feindschaft, sondern ein Haß, der so alt wie die beiden unterschiedlichen Wesen war, auf deren Seiten die Ameisen kämpften. Ein grellweißer Laserstrahl schnitt vor Charity durch die Luft und traf eine der Ameisen in den Rücken. Der Gestank von brennendem Horn und Fleisch erfüllte die Luft, und die beiden Ameisen erschlafften. Erschüttert wandte sich Charity um. Vier, fünf Jared waren herbeigeeilt und hatten ihre Waffen abgefeuert. Für einen Moment war sie fassungslos, dann machte sich ein kaltes, lähmendes Gefühl von Entsetzen in ihr breit. Es war nicht das erste Mal, daß sie miterlebte, wie gnadenlos die Jared ihre eigenen Kameraden opferten, wenn sie glaubten, einen Nutzen davon zu haben. Sie dachte an Leßter, und obwohl sie sich dagegen zu wehren versuchte, brachte diese Erinnerung die Frage mit sich, ob die Jared vielleicht eines Tages das Leben eines ganzen Volkes opfern würden, wenn es ihrer absurden Auffassung von Logik entsprach. Einer der Jared trat vor und senkte seine Waffe. »Sie sind verletzt«, schnarrte eine metallische Stimme. Charity wich hastig einen Schritt zurück, als das Wesen eine seiner vier Hände hob und nach ihr greifen wollte. »Rühr mich nicht an!« sagte sie. »Sie sind verletzt«, wiederholte der Jared stur, ohne auf ihren zornigen, fast schon hysterischen Ton zu reagieren. Vermutlich hatte er ihn nicht einmal zur Kenntnis genommen. »Bitte begleiten Sie mich an Bord unseres Schiffes. Wir werden Sie dort ärztlich versorgen.« Charity hob die Hand an die verletzte Wange, spürte Blut und erst in diesem Moment den brennenden Schmerz. Trotzdem sagte sie: »Das ist nicht nötig.« »Wie Sie wollen«, erwiderte der Jared. »Bitte, verzeihen Sie die Gefahr, in die Sie durch unseren Fehler gerieten. Er wird sich nicht wiederholen.« Wie eine Maschine, die alles getan hatte, was ihr eingespeichertes Programm vorsah, wandte sich der Jared und im gleichen Moment auch seine Begleiter um und stakste davon. Und nur einen Augenblick später blitzte es überall auf der Lichtung grell und weiß auf. Voller neuerlichem Entsetzen begriff Charity, daß die Jared aufgehört hatten, nach Überlebenden zu suchen, und statt dessen auf  die reglos daliegenden Moroni-Krieger schossen. Schaudernd wandte sie sich um und sah noch einmal auf die beiden toten Ameisen neben sich herab. Die beiden Geschöpfe hielten sich noch im Tod umklammert. Die ungeheure Hitze der Laserstrahlen hatte sie regelrecht zusammengeschmolzen, so daß es Charity fast unmöglich war zu sagen, welche Gliedmaßen zu welchem Wesen gehörten. Trotzdem zwang sie sich, die Ameisen noch eingehender zu betrachten. »Es ist vorbei«, sagte Skudder hinter ihr. »Sie sind tot. Und jetzt vergiß deinen albernen Stolz und laß dich verarzten.« Charity ignorierte ihn, ließ sich neben den toten Ameisen in die Hocke sinken und streckte eine zitternde Hand aus. »Was, zum Teufel, tust du da?« fragte Skudder. Es klang gereizt, aber auch besorgt, daß das Ungeheuer noch einmal von den Toten auferstehen und zu Ende bringen könnte, was er begonnen hatte. Charity antwortete noch immer nicht, sondern streckte mit einem Gefühl größten Widerwillens die Hand aus und berührte den verbrannten Schädel einer der beiden Ameisen. Mit aller Macht überwand sie ihren
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