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Der Spieler (German Edition)

Der Spieler (German Edition)

Titel: Der Spieler (German Edition)
Autoren: Paolo Pacigalupi
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sie die Funktion der einheimischen Bienenpopulation übernehmen kann, ohne allzu großen Schaden anzurichten.«
    »Blumen und türkische Bienen.«
    »Ja. Das ist wirklich eine wichtige Geschichte. Werden sie die Blume aussterben lassen? Oder versuchen sie, die berühmte Blume zu erhalten, aber verändern dafür die Umwelt am Walden Pond? Ich glaube, dass unsere Leser sich dafür sehr interessieren werden.«
    »Mehr als für das da?« Sie zeigt durch die Glaswand zum Mahlstrom, auf die pulsierende grüne Sonne von Double DP, der sich inzwischen in einem mexikanischen Hotel verbarrikadiert und zwei Fans als Geiseln genommen hat.
    »Weißt du, wie viele Klicks wir bekommen?«, fragt sie. »Wir haben die Sache exklusiv. Marty hat Doubles Vertrauen gewonnen und geht da morgen für ein Interview rein, falls die Mexikaner nicht vorher ein Einsatzkommando losschicken. Es gibt Menschen, die Martys Blog, in dem er über seine Vorbereitungen für den Einsatz berichtet, alle zwei Minuten anklicken.«
    Die strahlende Sonne beherrscht den Bildschirm des Mahlstroms nicht nur, sie lässt alles andere verblassen. Wenn man sich die Aktienbots anschaut, dann hat jeder, der nicht unter dem Schutzschirm unseres Unternehmens steht, gehörig Federn gelassen. Sogar die Geschichte über Frontal Lobe und Oakley ist davon geschluckt worden. Seit drei Tagen dominieren wir nun schon den Mahlstrom, und das ist für uns äußerst einträglich. Im Moment zeigt Marty seinen Zuschauern gerade, wie er eine Splitterschutzweste anlegt, für den Fall, dass das mexikanische Einsatzkommando angreift, während er gerade mit DP über die wahre Natur der Liebe plaudert. Und er hat noch ein weiteres exklusives Interview mit der Mutter, das er veröffentlichen kann. Cindy hat das Filmmaterial bearbeitet und uns allen erzählt, wie angewidert sie von der ganzen Sache ist. Die Frau hat ihre Tochter anscheinend selbst zum Anwesen von DP gefahren, für eine Mitternachtsparty am Pool, ganz allein.
    »Vielleicht haben manche Menschen allmählich genug von DP und wollen etwas anderes sehen«, schlage ich vor.
    »Schieß dir nicht mit einer Geschichte über Blumen selbst ins Knie, Ong. Sogar Pradeeps kulinarische Reise durch Ladakh hat mehr Zuschauer als das Zeug, das du so schreibst.«
    Sie sieht aus, als wolle sie noch mehr sagen, doch dann verstummt sie einfach. Es hat den Anschein, als ob sie über ihre nächsten Worte nachdenkt. Das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich. Normalerweise spricht sie, bevor sie ihre Gedanken geordnet hat.
    »Ong, ich mag dich«, sagt sie schließlich. Ich beeile mich zu lächeln, doch sie fährt schon fort. »Ich habe dich eingestellt, weil ich bei dir ein gutes Gefühl hatte. Ich hatte auch kein Problem damit, mich um deine Aufenthaltsgenehmigung zu kümmern. Du bist ein guter Mensch. Du schreibst gut. Aber die Feeds mit deinem Namen haben im Durchschnitt weniger als tausend Pings.« Sie blickt hinunter auf ihr Tablet, dann wieder auf zu mir. »Du musst deinen Schnitt verbessern. Du hast fast keine Leser, die dich für die Seite Eins wählen. Und selbst wenn sie deinen Feed abonnieren, landest du nur in der dritten Ebene.«
    »Spinat lesen«, versuche ich zu helfen.
    »Was?«
    »Mr Mackley sagt ›Spinat lesen‹ dazu. Wenn die Menschen das Gefühl haben, sie sollten etwas Gutes tun, wie ihren Spinat zu essen, dann klicken sie mich an. Oder lesen Shakespeare.«
    Ich erröte, plötzlich verlegen. Ich will nicht andeuten, dass meine Arbeit mit dem großen Poeten zu vergleichen wäre. Ich will mich korrigieren, doch ich bin einfach zu verlegen. Also verstumme ich stattdessen, sitze einfach nur da, mit Schamesröte im Gesicht.
    Sie blickt mich an. »Ja. Nun, darin liegt das Problem. Schau, ich respektiere deine Arbeit. Ganz offensichtlich bist du sehr klug.« Ihre Augen wandern über ihr Tablet. »Diese Sache mit dem Schmetterling, die du da geschrieben hast, war eigentlich ziemlich interessant.«
    »Ja?« Wieder beeile ich mich zu lächeln.
    »Es ist nur einfach so, dass niemand diese Geschichten lesen will.«
    Ich versuche zu widersprechen. »Aber du hast mich eingestellt, um wichtige Geschichten zu schreiben. Über Politik und über die Regierung, um die Tradition der alten Zeitungen fortzuführen. Das hast du doch bei meiner Einstellung gesagt.«
    »Ja, schon.« Sie weicht meinem Blick aus. »Ich hab da mehr an einen guten Skandal gedacht.«
    »Der Scheckenfalter ist ein Skandal. Dieser Schmetterling ist jetzt verloren.«
    Sie stößt
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