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Der Sommer, der nur uns gehoerte

Titel: Der Sommer, der nur uns gehoerte
Autoren: Jenny Han
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zu essen.«
    Für einen so zierlichen Menschen war ihre Stimme erstaunlich tief. Ich fragte mich, ob sie wohl rauchte. Sie lächelte mich an, und ich fand sie wirklich nett. Dieses Mal hatte Taylor sich getäuscht.
    Als Lacie kurz danach ging, um sich etwas zu trinken zu holen, sagte ich: »Sie ist nett.«
    Jeremiah zuckte mit den Achseln. »Doch, ja, sie ist cool. Soll ich dir auch was zu trinken besorgen?«
    Â»Gerne.«
    Er führte mich an der Schulter zu einer Couch und drückte mich sanft aufs Polster. »Bleib einfach hier sitzen. Rühr dich nicht von der Stelle, ich bin gleich zurück.«
    Ich sah ihm nach, wie er sich einen Weg durch die Menge bahnte, und war stolz, dass er zu mir gehörte. Mein Freund, mein Jeremiah. Der erste Junge, neben dem ich eingeschlafen war. Der erste, dem ich je erzählt hatte, wie ich einmal meine Eltern in flagranti erwischt habe, damals war ich acht. Der erste, der für mich losgegangen war, um Midol gegen Menstruationsschmerzen zu kaufen, der erste, der mir die Fußnägel lackiert, und auch der erste, der mir die Haare aus dem Gesicht gehalten hatte, als ich zu viel getrunken hatte und mich vor all seinen Freunden übergeben musste. Der erste, der mir auf das Whiteboard vor meinem Zimmer im Wohnheim ein Liebesbriefchen geschrieben hat.
    Â 
    DU BIST DIE SONNE AN MEINEM HIMMEL
    Â Â Â Â Â Für immer und ewig. In Liebe – J.
    Â 
    Und er war auch der erste Junge gewesen, den ich geküsst hatte. Mein bester Freund. Immer mehr verstand ich, dass es so hatte sein sollen. Er war der Eine. Mein Ein und Alles.

4
    Es war später am Abend.
    Jeremiah und ich tanzten. Ich hatte die Arme um seinen Hals gelegt, um uns herum pulsierte die Musik. Ich fühlte mich erhitzt und aufgedreht, vom Tanzen und auch vom Alkohol. Es war brechend voll im Saal, aber wenn Jeremiah mich ansah, dann war da niemand außer uns. Nur er und ich.
    Eine Haarsträhne hatte sich gelöst, und er nahm sie und strich sie mir hinters Ohr. Dabei sagte er etwas, was ich nicht verstehen konnte.
    Â»Was?«, brüllte ich.
    Â»Lass dir bitte nie die Haare schneiden, ja?«, brüllte er zurück.
    Â»Muss ich aber! Sonst seh ich aus wie – wie eine Hexe.«
    Jeremiah tippte sich ans Ohr. »Ich versteh dich nicht.«
    Â»Hexe!« Ich schüttelte mein Haar wild zur Untermalung und tat, als würde ich kichernd in einem Kessel rühren.
    Â»Du gefällst mir als Hexe«, sagte er mir ins Ohr. »Lass dir bloß die Spitzen schneiden – wie wär das?«
    Â»Ich verspreche dir, dass ich mir nie die Haare kurz schneide, wenn du dir dafür die Idee abschminkst, dir einen Bart wachsen zu lassen.«
    Seit Thanksgiving redete er schon davon. Damals hatten einige seiner alten Highschool-Freunde einen Wettbewerb um den längsten Bart gestartet. »Kommt nicht infrage«, hatte ich ihm gesagt – so hätte er mich zu sehr an meinen Dad erinnert.
    Â»Ich denk mal drüber nach«, sagte er und küsste mich.
    Er schmeckte nach Bier, so wie ich vermutlich auch.
    Im selben Moment entdeckte uns Jeremiahs Verbindungsbruder Tom – aus mir schleierhaften Gründen auch Redbird genannt – und ging wie ein Bulle auf Jeremiah los. Er hatte eine Wasserflasche in der Hand und nichts als seine Unterwäsche an. Und zwar keine Boxershorts, sondern ein knappes weißes Höschen. »Auseinander! Auseinander!«, grölte er.
    Die beiden blödelten herum, und als Jeremiah Tom in den Schwitzkasten nahm, spritzte das Bier aus Toms Wasserflasche auf mich und Anikas Kleid.
    Â»Tschuldigung, Tschuldigung«, murmelte er. Wenn Tom richtig voll war, sagte er alles zweimal.
    Â»Schon okay«, sagte ich, wrang das Kleid aus und bemühte mich, nicht auf Toms untere Körperhälfte zu schauen.
    Ich ging zur Toilette, um das Kleid auszuwaschen, aber da war eine lange Schlange, also ging ich in die Küche. Am Tisch waren einige Leute gerade zu Body Shots übergegangen. Jeremiahs Verbindungsbruder Luke leckte einer Rothaarigen Salz aus dem Bauchnabel. »Hey, Isabel«, sagte er, als er wieder hochschaute.
    Â»Hey, Luke.« Im nächsten Moment sah ich, wie ein Mädchen sich ins Spülbecken übergab. Ich machte, dass ich rauskam.
    Als Nächstes versuchte ich es mit den Toiletten im oberen Stockwerk. Auf dem Treppenabsatz musste ich mich an einem knutschenden Pärchen vorbeizwängen und trat dem Jungen
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