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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler
Autoren: Robert Hueltner
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aus!«Das Bettgestell knarzte, als sich der Wirt auf die Kante setzte. Er griff nach ihrer Schulter.
    »Lass mich aus! Ich –«
    Er hielt ihr den Mund zu.
    »Herrgott! So sei doch vernünftig! Ich zahl dir die Straf, hab ich gesagt! Oder willst lieber in die Schand kommen? Babetterl, Liebes! Könntst es so schön haben bei mir!«
    Die Finger seiner Rechten zerrten an ihrem Hemdaus schnitt. Sie stöhnte erstickt.
    »Brauchst doch bloß ein wenig stillhalten! Keins erfahrts! Babett! ... Ich bin... ich mag dich doch so! Es ist wahr! Ich schwörs dir!«
    Babett riss den Kopf zurück und schnappte mit den Zähnen nach seiner Hand.
    »Herrgott-Sakrament! Jetzt sei doch nicht so störrisch! Wie kann eins bloß so blöd sein!... Ich... ich halts doch nimmer aus, Babett! «
    Es war die Wahrheit. Er war verrückt nach ihr. Die Wärme ihres Körpers, ihr Duft berauschten ihn. Sie wehrte sich verzweifelt, strampelte, biss. Eine maßlose Wut nahm von ihm Besitz. Er ballte die Faust und holte aus.
    Ein rasender Schmerz weitete sich in seinem Hinterkopf. Ein helles Wimmern drang aus seiner Kehle, dann verlor er das Bewusstsein. Sein massiger Körper polterte zu Boden.
    »Zieh dich an und pack dein Zeug«, sagte Vester, und durch seine Stimme pochte etwas, was Babett Schrecken und Glück durch das Herz jagte.
    Kolber ließ ein mattes Röcheln vernehmen. In Vesters Hand blinkte es metallen. Babett fiel ihm in den Arm. »Nein!«
    Sie spürte sein dröhnendes Herz an ihrer Brust. Sie hielt ihn fest, bis sie spürte, dass sein Körper wieder weicher wurde. Seine Schultern fielen herab.
    »Aber damit dus weißt«, stieß er hervor. »Auf dich bin ich erst recht bös. Muss ich erst von eurem Gidi erfahren, was die Hund mit dir anstellen wollen?!«

35
    D ie Geschichte der Agnes Bernauer trug sich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu. Sie ist schnell erzählt: Der in Liebesdingen leicht entzündliche, in Dingen der Staatsraison jedoch sträflich ignorante Sohn eines bairischen Herzogs heiratet unstandesgemäß. Weil das die Erbansprüche der Dynastie zu gefährden droht, locken Verbündete des alten Herzogs den Verliebten aus seinem Liebesnest, entführen die junge Frau und stellen sie vor ein gedungenes Gericht. Dieses verurteilt sie mit hanebüchener Begründung (wie jener, ihre außergewöhnlich erotische Ausstrahlung könne nur auf schwarzer Magie beruhen) zum Tode und lässt sie kurzerhand ertränken. Daraufhin grollt der unfreiwillig Verwitwete ein wenig, fügt sich schließlich aber artig und verzeiht seinem rabiaten Vater, womit seiner Bestallung zum Thronfolger nichts mehr im Wege steht.
    Für Graf Josef August von Toerring-Gronsfeld – höherer und anerkannt redlicher kurfürstlich-bairischer Beamter, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, nebenher Verfasser ethischer Denkschriften und bewegender Ritterdramen – stellte sich der Fall jedoch so dar:
    Albrecht, der heißblütige, gleichzeitig sehr gefühlige Herzogssohn, hatte sich rettungslos in die hinreißend schöne Tochter eines Augsburger Patriziers verliebt und sie, vom Liebesrausch beflügelt, kurzerhand geheiratet. Den alten Herzog quälte dies sehr; er zürnte darob seinem Sohn und wies ihn ernsthaft auf seine Standesverpflichtungen hin. Dieser zeigte sich jedoch uneinsichtig,was den Kummer des armen Vaters verstärkte. Der Straubinger Vicedom, ein wahrhaft abgefeimter Finsterling, bot dem verzweifelten Alten an, die Sache wieder ins rechte Lot zu bringen. Wovon der herzensgute Herzog jedoch keine Ahnung hatte, war, dass der Bösewicht schon seit langem darauf spekulierte, dem Herzogssohn eins auszuwischen. War dieser doch einmal so unvorsichtig gewesen, durchblicken zu lassen, dass er mit dem Vicedom unzufrieden war und ihm das Handwerk legen wollte, wenn er, Albrecht, einmal an der Macht wäre. Deshalb entwickelte der Vicedom einen teuflischen Plan: Sich auf das Vertrauen des alten Herzogs berufend, ließ er die schöne Bernauerin entführen und in der Donau ertränken. Der Intrigant rechnete fest damit, dass der empörte Sohn daraufhin eine Revolte gegen den Vater anzetteln würde, womit der Verbrecher zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hätte: Der junge Narr hätte sein Lebensglück eingebüßt und wäre zudem als Hochverräter hingerichtet worden. Womit der Intrigant allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass ein weiser alter Ritter, genannt ›Der Toerringer‹ (übrigens rein zufällig der Name jenes Geschlechts, dem auch der Autor angehörte)
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