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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes
Autoren: Kate Pepper
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Förderungsbedarf?»
    «Er ist geistig zurückgeblieben. Während der Schwangerschaft habe ich mir einen Virus zugezogen, durch den sich Ritchies Gehirn nicht normal entwickelt hat. Ansonsten sind die Jungs identisch. Oder wären es, meine ich. Sie sind acht. Bobby geht es gut, aber Ritchie …» Sie verstummt.
    «Dann braucht Bobby also keine besondere Betreuung?»
    «Nein. Beide besuchen Privatschulen, aber die von Ritchie ist besonders teuer. Und die Therapeuten, die ihn außerhalb der Schule betreuen, kosten ein Vermögen. Dennoch sind sie nötig, damit er wenigstens minimale Fortschritte erzielt. Mit dem, was mir laut Ehevertrag zusteht, wäre ich nie und nimmer in der Lage, dies zu finanzieren.»
    «Und Sie bezweifeln, dass Ihr Mann im Fall einer Scheidung für die Betreuung Ihres Sohnes aufkommt?»
    «Mit hundertprozentiger Sicherheit kann ich das nicht sagen. Er interessiert sich nicht sonderlich für Ritchie, und ich bin davon überzeugt, dass er mir für den Virus die Schuld gibt, auch wenn das natürlich völlig irrwitzig ist. Aber so ist Godfrey nun mal: Irgendjemand hat immer Schuld und muss zur Rechenschaft gezogen werden.»
    «Was bringt Sie auf die Idee, dass Ihre Ehe in Gefahr ist?»
    «Sind Sie verheiratet, Mr. MacLeary?»
    «Mac. Und … ja. Sie sind meiner besseren Hälfte vorhin begegnet.»
    «Ach, draußen vor der Tür … die große Frau.»
    «Karin. Wir arbeiten zusammen. Der Kindergarten veranstaltet heute eine kleine Feier, weil unser Sohn und seine Spielkameraden in die nächste Gruppe kommen», meint Mac mit einem Blick auf seine Uhr und rutscht unruhig auf seinem Stuhl herum. Acht Minuten – mehr bleiben Mrs. Millerhausen nicht.
    «Ich spüre es», meint sie. «Zwischen uns läuft nicht mehr viel. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte sein Interesse an mir und auch an den Jungs nachgelassen.»
    «Sind Sie wirklich davon überzeugt, dass es eine andere Frau gibt?»
    «Sicher bin ich mir nicht, aber ich würde mich wundern, wenn dem nicht so wäre. Sollte er mit dem Gedanken spielen, sich von mir scheiden zu lassen, brauche ich selbstverständlich Beweise, um den Ehevertrag anzufechten. Mehr, als das, was mir zusteht, will ich ja gar nicht. Ich bin nicht darauf aus, unsere Ehe zu retten … soll er sich doch mit einer anderen Frau vergnügen … So ist er nun mal gestrickt. Ich komme auch ohne ihn zurecht, aber meinen Jungs soll es an nichts mangeln.»
    «Ich verstehe.»
    «Wenn Ritchie auch in Zukunft betreut werden kann, muss ich mir seinetwegen wahrscheinlich keine Sorgen machen. Godfrey hat mal überlegt, ihn in einem Heim unterzubringen, aber allein der Gedanke bricht mir das Herz, Mr. MacLeary … Mac. Waren Sie mal in so einer Einrichtung?»
    «Nein.»
    «Die sind grauenvoll. Auch wenn sie ‹hochmodern› sind – oder mit was für anderen positiven Attributen sie werben – an so einem Ort liebt einen niemand. Niemand. Man ist allein, wird bis an sein Lebensende verwaltet.» Ihre Augen werden feucht. Ihre Verzagtheit geht Mac ungewöhnlich nah. «Wie soll ich es hinkriegen, dass Bobby ein ganz normales Leben führt und Ritchie gleichzeitig das kriegt, was er braucht? Zweiteilen kann ich mich leider nicht. Meines Erachtens geht das nur, wenn beide daheim sind … bei mir.»
    «Klingt schwierig.»
    «Das ist es in der Tat. Und es kostet eine ganz schöne Stange Geld, aber mein Mann hat davon ja mehr als genug.» Sie schluckt schwer und bemüht sich, die Contenance zu wahren, als hätte sie bereits genug Tränen vergossen. Und dann beugt sie sich vor und sagt voller Bitterkeit: «Godfrey ist extrem wohlhabend. Sein Vermögen hat er zu gleichen Teilen geerbt und sich erarbeitet. Sollte er die Hälfte seines Besitzes verlieren, wäre er immer noch obszön reich. Ich werde Sie fürstlich entlohnen, wenn Sie mir die Beweise liefern, die ich brauche, um den Ehevertrag anzufechten. Werden Sie mir helfen?»
    «Wieso ich?»
    «Weil man Sie in unseren Kreisen nicht kennt.»
    Er schnaubt verächtlich. «Entschuldigung, aber das klingt so …»
    «Ich weiß durchaus, wie das klingt, und möchte mich dafür entschuldigen. Ich wollte sagen, dass wir in einer Welt leben, wo die Dinge auf eine ganz bestimmte Art und Weise gehandhabt werden. Wir besuchen alle dieselben Restaurants, heuern dasselbe Personal an. Wir essen alle das Gleiche und übernachten in denselben Hotels. Und – glauben Sie mir – wenn wir nach New York fahren, kommen wir nicht nach Brooklyn.»
    «Sie
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