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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes
Autoren: Kate Pepper
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schon.»
    «Stimmt.»
    «Wie haben Sie mich gefunden?»
    «Ich bin im Internet über Sie gestolpert. Sie schienen den richtigen Background zu haben … Expolizist, kleine Firma, und Sie haben nicht mal ein Schild an der Tür, was ein weiterer Pluspunkt ist.»
    «Und Sie haben telefonisch keinen Termin vereinbart, weil Sie fürchten, Godfrey könnte Ihre Telefonrechnung kontrollieren und Ihnen so auf die Schliche kommen.»
    Als sie lächelt, tauchen wieder die Fältchen um ihre Augen auf, die sie nahbarer machen.
    «Sie hätten sich den Weg sparen und mich von einer öffentlichen Telefonzelle aus anrufen können.»
    «Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es in Greenwich, Connecticut, keine einzige Telefonzelle gibt, die funktioniert?» Ihr Lachen – eine Mischung aus Verbitterung, Verletzlichkeit und Nonchalance – wirkt ansteckend und löst bei Mac einen Sinneswandel aus. Er erklärt sich bereit, ihr zu helfen und dafür zu sorgen, dass ihr Mann finanziell bluten muss.
     
    Mac eilt an der Kirche vorbei, vor der eine Madonnenstatue steht, deren ungerührtem Blick nichts entgeht und der ihn jedes Mal verunsichert, was seiner katholischen Erziehung geschuldet ist. An diesem Vormittag ist aus dem angrenzenden Schulgebäude – wo heute eine städtische Grundschule untergebracht ist – kein Ton zu hören. Doch als er die Tür aufstößt, empfängt ihn ein Wirrwarr aus Kinderstimmen, das ihn wie immer fröhlich stimmt. Ein siebenjähriger Junge rast an ihm vorbei. Seine Turnschuhe hinterlassen schwarze Striemen auf dem auf Hochglanz polierten Fußboden. Als er um die Ecke flitzt und die Treppe hochsprintet, ruft er mit hoher Stimme: «’tschuldigung, Mister!»
    Mac durchquert die Cafeteria mit den bemalten Betonziegelwänden, in der es vor dem Mittagessen mucksmäuschenstill ist. Über die hintere Treppe gelangt er in das Stockwerk, in dem die Räume des Kindergartens und der Vorschule untergebracht sind. Mac öffnet eine apfelgrüne Tür, an der Blätter aus Zeichenpapier kleben, auf denen die Namen der Kinder stehen. Als er Bens Namen auf einem blauen Blatt entdeckt, rötet sich sein Gesicht vor Stolz.
    Die Leiterin spricht vor einer Gruppe piekfein gekleideter Eltern, die sich auf Klappstühlen niedergelassen hat. Das leise Quietschen der Tür kündigt Macs Erscheinen an, woraufhin mehrere Besucher den Kopf drehen. Er hebt entschuldigend die Hand, erhascht Karins Blick. Sie schürzt die Lippen, und er muss grinsen, bis er merkt, dass sie ihm gar kein Luftküsschen schickt, sondern den Zeigefinger auf die Lippen legt und ihn damit ermahnt, leise zu sein. Die Feier ist schon in vollem Gang.

Kapitel 2
    M ary Salter, die sich gerade die Hände waschen wollte, stürmt aus dem Büro- WC . Auf ihrem Handy klagt Mick Jagger voller Inbrunst
I can’t get no satisfaction
. Das ist Fremonts Klingelton, der sich normalerweise nie während des Unterrichts meldet. Als er in die 4 . Klasse kam und allein zur Schule ging, weil sie arbeiten musste und ihn nicht mehr begleiten konnte, kaufte sie ihm ein Handy. Und seit jenem Tag kriegt sie es jedes Mal mit der Angst zu tun, wenn er sie aus der Schule anruft, was zugegebenermaßen nur äußerst selten vorkommt.
    Das Handy vibriert auf ihrem Schreibtisch und hüpft langsam zu dem Schreibblock hinüber, auf dem sie die Notizen zu Macs neue Klientin, Cathy Millerhausen, festhält.
    «Bist du krank?»
    «Hallo?», fragt eine Mädchenstimme.
    «Wer spricht da?»
    Schweigen.
    «Wieso haben Sie das Telefon meines Sohnes?»
    «Wessen Telefon?»
    «Das von meinem Sohn, Fremont. Warum …»
    «He, Free», ruft sie, «ich hab’ dein Telefon gefunden, die Kurzwahltaste  1 gedrückt, und jetzt behauptet da ’ne Lady, sie sei deine Mutter. Fang!»
    Aus dem Handy dringt heiteres Gelächter, in das auch Fremont einstimmt, an dessen tiefe Stimmlage Mary sich immer noch nicht gewöhnt hat.
    Das Mädchen legt auf und Marys Gedanken überschlagen sich. Sie erlebt mal wieder eine von diesen täglich wiederkehrenden, existenziellen Krisen, mit denen Eltern von Teenagern bestens vertraut sind. Sie drückt Fremonts Kurzwahltaste, wird sofort zur Mailbox umgeleitet und verzichtet darauf, eine Nachricht zu hinterlassen. Wozu auch? Fremont ist zwar ein guter Junge, aber erfahrungsgemäß ruft er nicht zurück. Sie wird es später noch mal versuchen, ihn ganz beiläufig nach dem Handy und dem Mädchen fragen und sich erkundigen, wie sein Tag so läuft.
    Kopfschüttelnd klappt sie ihr Handy zu,
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