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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde
Autoren: Jenny Han
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in Frage«, sagte ich.
    Jetzt standen Conrad und Steven auf und gingen im Kreis um mich herum. »Gegen die Tradition kommst du nicht an«, sagte Steven, während Conrad nur hinterhältig grinste.
    »Dafür bin ich zu alt«, sagte ich verzweifelt und machte einen größeren Schritt rückwärts – und sofort packten mich Steven und Jeremiah bei den Handgelenken.
    »Hört auf, Jungs«, sagte ich, während ich versuchte, mich aus ihrem Griff zu winden, aber sie schleiften mich zum Wasser. Widerstand war zwecklos, das wusste ich, aber ich versuchte es doch jedes Mal wieder, auch wenn meine Fußsohlen von dem Gerutsche über die Fliesen brannten.
    »Fertig?«, fragte Jeremiah und griff mir unter die Arme.
    Conrad packte mich bei den Füßen, Steven nahm meinen rechten Arm, Jeremiah den linken. Wie einen Sack Mehl schaukelten sie mich vor und zurück. »Ich hasse euch!«, brüllte ich, um ihr Gelächter zu übertönen.
    »Eins …«, begann Jeremiah.
    »… zwei …«, sagte Steven.
    »… und drei«, schloss Conrad. Dann warfen sie mich in den Pool, mit Kleidern und allem. Mit lautem Platschen landete ich im Wasser. Als ich untergetaucht war, hörte ich ihr grölendes Lachen.
    Diese Sache mit dem Bauchklatscher, dem Belly Flop, hatten sie vor einer Million Jahren angefangen. Bestimmt war es Stevens Idee gewesen. Ich hasste es. Einerseits war ich dann zwar ausnahmsweise an ihren Späßen beteiligt, andererseits gefiel es mir überhaupt nicht, ihren ganzen Spott abzubekommen. Ich fühlte mich so komplett machtlos dabei, und es erinnerte mich daran, dass ich ein Außenseiter war, zu schwach, um gegen sie anzugehen, und das alles nur, weil ich ein Mädchen war. Die kleine Schwester von jemandem.
    Sonst habe ich deswegen immer geweint und bin zu Susannah und meiner Mutter gerannt, aber das war zwecklos. Die Jungen warfen mir dann bloß vor, eine Petze zu sein. Dieses Mal würde es anders sein. Dieses Mal würde ich kein Spielverderber sein. Vielleicht hätten sie dann nicht mehr so viel Spaß an der Sache.
    Als ich wieder auftauchte, sagte ich grinsend: »Ihr seid doch wirklich wie Zehnjährige!«
    »Das bleiben wir auch, lebenslang«, sagte Steven mit einer so selbstzufriedenen Miene, dass ich große Lust hatte, ihn klatschnass zu spritzen, einschließlich seiner teuren Hugo-Boss-Sonnenbrille, für die er drei Wochen gearbeitet hatte.
    »Ich glaube, du hast mir den Knöchel verrenkt, Conrad«, sagte ich und tat, als hätte ich Probleme, zu ihnen hinüberzuschwimmen.
    Er kam an den Beckenrand. »Das überlebst du, da bin ich mir sehr sicher«, sagte er grinsend.
    »Hilf mir wenigstens raus«, forderte ich ihn auf.
    Er hockte sich hin und streckte mir eine Hand hin.
    »Danke«, sagte ich vergnügt, ergriff seine Hand und zog dann mit aller Kraft an seinem Arm. Er verlor das Gleichgewicht, kippte vornüber und landete im Pool, mit einem noch lauteren Platscher als ich zuvor. So gelacht wie in dem Moment habe ich wohl sonst noch nie, und Jeremiah und Steven genauso. Ganz Cousins Beach muss uns gehört haben.
    Conrad tauchte gleich wieder auf, und mit zwei Zügen war er bei mir. Ich fürchtete schon, er könnte sauer sein, aber das war er nicht, jedenfalls nicht nur. Er lächelte mich an, aber in seinem Blick steckte eine Drohung. Ich wich ihm aus. »Du kriegst mich nicht«, sagte ich schadenfroh. »Lahm wie du bist.«
    Sobald er sich näherte, schwamm ich weg. »Marco«, rief ich kichernd.
    Jeremiah und Steven, die auf dem Weg ins Haus waren, antworteten: »Polo!« Vor lauter Lachen wurde ich langsamer, und Conrad erwischte mich am Fuß. »Lass los!«, keuchte ich, immer noch lachend.
    Conrad schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich sei so lahm«, sagte er und hielt sich wassertretend über Wasser. Wir waren im tiefen Bereich. Sein weißes T-Shirt war völlig durchnässt, so dass seine goldbraune Haut hindurchschien.
    Plötzlich entstand ein seltsames Schweigen zwischen uns. Conrad hatte meinen Fuß noch immer in der Hand, und ich hielt mich mühsam über Wasser. Einen Moment lang wünschte ich, wieso auch immer, Jeremiah und Steven wären noch da.
    »Lass los!«, sagte ich noch einmal.
    Er zog an meinem Fuß und zog mich noch ein Stück näher zu sich heran. So dicht neben ihm fühlte ich mich verwirrt und nervös. Ein letztes Mal sagte ich, auch wenn ich es gar nicht so meinte: »Conrad, lass jetzt los.«
    Er tat es. Und dann tauchte er mich unter. Aber das machte nichts. Ich hielt ohnehin schon die Luft an.

4
    Kurz nachdem wir
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