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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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an diesen Verrat
zu denken!“ Er schluckte mehrmals und versuchte zu sprechen,
als würde er es nicht aushalten zu schweigen, aber keine Worte
finden. „Ich hätte nie gedacht, dass ich meine Fähigkeiten je auf
diese Weise einsetzen würde …“, brachte er schließlich heraus.
„Ich habe Menschen in tote Dinge verwandelt, bar jeder Würde.
Und andere, brave Männer, die ich von Kindesbeinen an
gekannt habe, sind gestorben, damit ich am Leben bleibe. Ich
weiß nicht, ob ich weiterleben kann mit allem, was ich getan
habe, Marguerida.“ „Mik …“ Aber nachdem er einmal
angefangen hatte, konnte Mikhail nicht mehr aufhören, von
seiner Qual zu reden. „Ich habe nie richtig verstanden, warum
Regis mich gefürchtet hat, oder meine Mutter und die anderen …
Jetzt verstehe ich es. Ich hätte niemals diesen …“ Marguerida
fühlte mit ihm, aber sie wusste, sie durfte ihren Mann nicht so
weitermachen lassen. Später würden sie sich beide mit ihrem
Schmerz beschäftigen müssen, aber nicht jetzt! „Hör auf damit!
Du hast getan, was getan werden musste, Mikhail.“ „Ach ja? Habe ich das wirklich? Bist du dir sicher, dass ich nicht nur mir oder jemand anderem beweisen wollte …“ „Mikhail Hastur – du bist ein guter Mann, und du wirst einen prächtigen Herrscher für Darkover abgeben, aber nicht, wenn du dich wegen Dingen, die du nicht mehr ändern kannst, selbst zerfleischst.“ „Donal hatte am Ende doch Recht.“ Die Tränen waren versiegt, und er wirkte
nun ruhiger.
Marguerida sah ihren Mann an, verwirrt von dem plötzlichen
Stimmungsumschwung, und versuchte, aus seinen Worten klug
zu werden. „Wie meinst du das?“ „Lasst sie uns alle töten, die
Götter werden schon wissen, wofür es gut war“, ertönte die
Stimme des jungen Friedensmannes, der immer noch in der
Nähe stand. Domenic warf seinem Verwandten einen
bewundernden Blick zu, und ein Lächeln begann um seinen
Mund zu spielen.
Mikhail ließ für einen Moment die Schultern sinken, doch
dann achtete er sich auf und sah beinahe heiter aus, als hätte er
einen inneren Konflikt überwunden. „Keiner von uns wird
diesen Tag je vergessen“, flüsterte er. „Solange ich lebe, wird
die Erinnerung an das bleiben, was ich getan habe, und warum
ich es tat – aber es schmerzt, Caria. Ich bin tief betrübt und
müde, doch ich darf nicht zaudern. Ich habe eine Welt zu
beschützen, und ich schwöre, das werde ich tun, wie hoch dir
Preis auch sein mag. Ich bete nur, dass ich mir nicht mehr
auflade, als ich tragen kann.“
    26
    Der folgende Tag dämmerte kalt und freudlos. Nach einem schweigend eingenommenen Frühstück aus warmem Haferbrei und Pfannkuchen brach der stark dezimierte Trauerzug von Halstad auf. Das kleine, etwa sechs Meilen hinter dem Schauplatz des Kampfes gelegene Dorf war am Vorabend durch die Invasion von annähernd zweihundert Menschen völlig überrumpelt worden, und es war fast erheiternd gewesen, die Dorfbewohner bei dem geschäftigen Versuch zu beobachten, all die Leute unterzubringen. Der Gasthof hatte nur drei Fremdenzimmer und entbehrte vieler Annehmlichkeiten des Krähenden Hahns, darunter eines Badezimmers.
    In Halstad gab es für diese Zwecke eine Gemeinschaftseinrichtung für das gesamte Dorf. Bis weit in die Nacht hatten sich die müden Reisenden nacheinander den Gestank von Schweiß, Asche und Blut von den Leibern gewaschen, während die verwunderten Dörfler ganze Fuhren Feuerholz anschleppten, um die Wannen warm zu halten.
    Es war ein klammer Abend gewesen, unterbrochen von kurzen Versuchen, ein Gespräch in Gang zu bringen, die meistens mitten im Satz endeten, als hätten die Sprechervergessen, was sie sagen wollten. Dom Gabriel hatte Domenic an seine Seite gezogen und behielt ihn bei sich, und auch Illona war stets in seiner Nähe. Die Sicherheit, die sein Großvater ausstrahlte, hatte den Gefühlsaufruhr des Jungen langsam besänftigt, das Grauen, einen Menschen getötet zu haben. Domenic war überzeugt, es dürfte ihn eigentlich nicht so quälen – der Mann war ein Feind und ein Fremder gewesen. Aber es quälte ihn dennoch, und nach einer Weile entschied er, dass seine Gefühle wahrscheinlich ganz natürlich waren und nicht morbid. Einen anderen Menschen umzubringen, war keine Kleinigkeit. Er dachte an Vancof, der erst den namenlosen Burschen in Carcosa und dann kurz vor der Schlacht Granfell getötet hatte, beide scheinbar ohne das geringste Zögern. Es belastete das Gewissen des Mannes wahrscheinlich überhaupt
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