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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Sydney zu wohnen, dass sie manchmal fast glaubte, sich bei ihren Freunden für ihr Glück entschuldigen zu müssen. Wieder einmal würde sie verreisen, und Bryan würde seine Termine verschieben müssen, um sich um die Kinder zu kümmern. Normalerweise war er so locker und unkompliziert, dass sie sich fragte, ob er angefangen hatte zu kiffen. Aber was diese Reise anging, gab er einfach keine Ruhe.
    » Ich reite nicht darauf herum. Ich verstehe nur nicht, warum dein Bruder nicht ein paar Tage bei eurer Mutter verbringen und dann zu uns kommen kann. Ich meine, es ist ja nicht so, dass er irgendwelche Bindungen oder so hätte …«
    » Jetzt, da seine Frau tot ist?«, fragte Suzette.
    » Du weißt, dass ich es nicht so gemeint habe«, sagte Bryan. » Vergiss es, vergiss es …«
    » Nein. Was meinst du dann?« Sie hörte das Schroffe in ihrer Stimme, und es erinnerte sie an ihre Mutter. Und das war nun wirklich deprimierend.
    Bryan seufzte und schob seine großen Hände in die Taschen.
    » Warum musst du sofort hinfliegen? Er ist kaum wieder zurück? Und ich verstehe wirklich nicht, warum er nicht hierherkommen kann. Ich meine, wir sind zu seiner Hochzeit verdammt noch mal bis England geflogen …«
    » Er hat uns das Hotel bezahlt.«
    » … und jetzt bleibt er, ich weiß nicht, vermutlich für immer hier. Also …« Bryan zuckte mit den Achseln. » Warum musst du uns verlassen?«
    Suzette sah ihn an. Er war wie ein Pandabär, und sie wurde plötzlich von Liebe für ihn durchflutet. Sie legte die Hände um seine Mitte und küsste ihn direkt unter dem Hals auf die Brust.
    » Ich fliege hin, weil er frisch zurück ist«, erklärte sie. » Mum wird ihm kein großer Trost sein, die beiden sind wie Hund und Katz.«
    » Ich mag deine Mutter.«
    » Du gehörst eben einer elitären Minderheit an. Nicholas …«
    Suzette löste sich von ihrem Mann. Wie konnte sie das erklären? Sie blickte zu seinem düsteren, hübschen Gesicht auf.
    » Ich glaube einfach, dass Nicholas jemanden braucht, der ein bisschen auf ihn aufpasst. Nur für ein paar Tage.«
    Bryan atmete tief und lange ein, dann nickte er. Er küsste sie auf den Scheitel.
    » Quincy wird dich vermissen. Du wolltest am Sonntag Apfelpfannkuchen machen.«
    » Die kannst du ja machen.«
    » Eigentlich kann ich es nicht.«
    Sie lächelten einander an.
    » Du kriegst das schon hin«, sagte Suzette. Sie klopfte ihm mit dem Fön auf den Hintern. » Jetzt hol mir den blauen Koffer herunter.«
    Der Regen auf dem Dach wurde lauter, bis er so gleichmäßig und manisch klang wie der Applaus auf einem Rockkonzert.
    Nicholas lag auf dem Bett und starrte zu den Deckenbrettern hinauf. Das hier war Suzettes Zimmer gewesen – in seinem eigenen zu liegen, hätte das Bild eines gescheiterten Künstlers zu sehr komplett gemacht.
    Seine Mutter irrte sich. Niemand hatte Cates Tod als einen Unfall angesehen. Sicher, Cates Bruder, ihre Eltern, ihre Freunde, ihrer beider Freunde, selbst seine eigenen Londoner Freunde, alle hatten das Wort » Unfall« laut ausgesprochen, aber das Schweigen, das jeweils folgte, unterhöhlte seine Gültigkeit. Der Sog eines leisen Vorwurfs zog jedes Mal die Zeit in die Länge, wenn er seine Schwiegereltern traf. Sie wussten, er hätte den Wagen nehmen können, wenn er sich nur die Mühe gemacht hätte, mit dem Nachbarn zu reden. Sie wussten, er war schon einmal bei Regen mit dem Motorrad gestürzt, in einem Kreisverkehr in Wembley. Sie wussten, dass er wusste, Cate würde auf der Leiter stehen, als er anrief. Der Tod ihrer Tochter mochte ein Unfall gewesen sein, aber einer, der vermeidbar gewesen wäre. Cates Ende war grausam früh gekommen, und die Schuld daran würde für alle Zeit dunkel auf Nicholas’ Schultern ruhen.
    Nicholas Close war als Witwer so subtil gesellschaftlich kaltgestellt worden, wie es nur in London möglich war. Es begann mit immer weniger Anrufen, sprang zu einem scharfen Rückgang von Abendesseneinladungen und erreichte seinen Höhepunkt in einer massiven, eisigen Mauer des Schweigens.
    Er hatte versucht, weiter zu arbeiten. Aber es war schwer, produktiv und überzeugend zu sein, wenn man ständig Dinge sah, die der Logik zufolge nicht da sein sollten.
    Nicholas hatte den Motorradunfall fast ohne einen Kratzer überstanden, aber keineswegs unverletzt. Nach dem Sturz wurde er von Kopfschmerzen heimgesucht, die so ungerufen und unerwünscht wie Krähen am Abend auftauchten. Nachdem er auf den Wagen geprallt und durch die frische Luft Londons
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