Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Autoren: Roland Brodbeck
Vom Netzwerk:
Spitze mit dem dreistelligen Rang bei nur gut fünfzig Läufern hatte ihn getroffen. Der ganze Warteraum sah zu, als sich Saubauer umdrehte.
    „Auf den Punkt? Bitt’ schön! Der Russe David Koslow ist ein fantastischer Athlet und er führt auch jetzt mit einem Bilderbuchlauf. Aber selbst er hat nur zwei Bretterl an den Füßen. Die alle hier sind nicht so viel besser, wie ihr beide glaubt. Also erinnert euch g’fälligst an die abgemachte Linie – und dann wird g’farn wie der Teufel!“
    Endlich ging Saubauer weg. Der Österreicher war Fabian unheimlich, aber der kauzige Trainer verstand eine Menge von seinem Handwerk, deshalb respektierte er ihn. Ein paar Rennläufer kicherten und blickten den langen Nachwuchsfahrer an. Plötzlich wurde Fabian an der Wade mit einem Stock gestupft. Es war Florian Häusle.
    „Wenn er nicht an dein Potenzial glauben würde, dann würde er nicht einen Tag mit dem erfolgreichsten Ski-Alpin-Trainer der Welt für dich organisieren“, versuchte Florian Häusle ihn aufzubauen.
    Fabian fühlte einen warm-kalten Schauer. Nur zu gerne hatte er den unglaublich hübschen Schwarzwälder angeschaut, wenn sie sich trafen, und dabei immer Angst gehabt, jemand im Skizirkus – oder gar Florian selbst – würde das bemerken und jetzt lächelte ihn der Blonde wie ein Engel zurück. Ob er vielleicht doch schwul war, fragte er sich.
    „Fabian, hallo?“ Fabians Onkel Klaus, der gleichzeitig Ski-Servicemann im Schweizer Team war, wollte nun, dass sein Schützling auf die überlangen Abfahrts-Spezialski stieg, die so teuer waren wie ein Kleinwagen. „Der Saubauer ist zu jedem kauzig“, wollte er trösten, während er einen Ski auf der Gleitfläche mit einem Spray behandelte und dann für Fabian auf den Schnee legte, damit der in die Bindung steigen konnte.
    „Mich behandelt er auch nicht besser“, meinte Justin Bend, der nur zwei Schritte entfernt Dehnungsübungen machte. Der Liechtensteiner Justin war mit neunzehn Jahren der jüngste Läufer hier. Sie waren beide am Anfang dieser Saison aus dem Europacup – der Liga unterhalb des Weltcups – aufgestiegen.
    „Nummer einunddreißig bis dreiunddreißig, wenn ich bitten darf!“ Eine Helferin deutete direkt auf Fabian und winkte danach seinen beiden Ski-Kumpels, sie sollen nun ins Starthaus hineinfahren. Sie stießen sich mit ihren Skistöcken vorwärts, um hineinzugleiten, während draußen Saubauer den Ski-Experten mit einem strengen „Kommst du, Klaus!“ zum Aufbruch mahnte.
    Nun stand Fabian im rot-weißen Schweizer Renndress in der Schlange am Start. In diesem hautengen Anzug hätte er eigentlich gleich zur Zürich-Pride gehen können, dachte er schmunzelnd – im Sommer wäre das der totale Fetisch gewesen, aber der Fahrer vor ihm, an dessen Name er sich im Moment nicht erinnern konnte, war ein Teamkollege des Stars Koslow. Der Russe würde wohl einen schwulen Rennläuferkollegen nicht schätzen, vermutete Fabian. In allen Ländern der ehemaligen Sowjetunion hatten Homosexuelle einen schweren Stand. Als Menschenrechtsaktivist in Putins Reich für Homorechte öffentlich einzutreten, brauchte bestimmt hundertmal mehr Mut, als bei der Streif an den Start zu gehen. Ihn beschämte dieser Gedanke, denn er selbst hatte zwar den Mut, diese halsbrecherische Rennpiste hinunterzufahren, doch es reichte nicht dazu, unter den Rennfahrern zu seiner sexuellen Orientierung zu stehen.
    Der kräftige Russe rutschte nach vorn zur Zeitschanke. Sein Coach gab ihm noch aufmunternde Worte mit auf den Weg. Es war ein guter Tag für das russische Team mit dem nun schon fast offiziellen Sieg ihres besten Athleten Koslow. Wenn die Nummer einunddreißig an den Start ging, galt das Rennen als so gut wie entschieden. Nur selten fuhr jemand mit einer so hohen Startnummer noch auf die Siegertreppe – besser gesagt – auf das „Stockerl“, wie das hier in Kitzbühel heißt.
    Der Russe war zur Schranke der Zeitmessung vorgerückt. Ein nervöses Stechen in Fabians Bauch machte sich bemerkbar; bald würde er an der Reihe sein. Jemand stupste Fabian schon wieder mit einem Skistock von hinten in die Wade – es war Justin, der nun neben ihn geglitten war. Sie gingen mit ihren Stöcken als Florette wie die Musketiere in die „en garde“-Stellung. Das übermütige Spiel hatten sich die drei – oft machte Florian auch mit – beim Europacup angewohnt. Ein paarmal schlugen die beiden wie im Gefecht die Skistöcke gegeneinander, Florian glitt auf Justins Seite, um den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher