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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Lords. Er trat zu Mhoram, wie um eine Ungerechtigkeit richtigzustellen. Und aus seinem Bündel nahm er Covenants markgeknetete Skulptur.
    Er reichte das Stück Lord Mhoram. »Das hat der Hoch-Lord ihm geschenkt.«
    Lord Mhoram ergriff das beinerne Bildwerk mit festen Händen; in seinen Augen schimmerte plötzliches Begreifen. Er verstand das Band zwischen Elena und den Ranyhyn; er verstand, was ein solches Geschenk an Covenant bedeutete. Ein Ansatz zu weiteren Tränen verzerrte sein Gesicht. Aber als er die Anwandlung gemeistert hatte, befand er sich wieder im Vollbesitz seiner alten Selbstbeherrschung. Seine krausen Lippen nahmen ihren altbekannten so menschlichen Ausdruck an. »Ein kostbares Geschenk«, sagte er leise, als er sich von neuem Covenant zuwandte. Covenant fühlte sich durch Bannors unerwartete Unterstützung und Mhorams Versöhnlichkeit gerührt. Aber er hatte für sie keine Kraft übrig. Sein Blick haftete auf Hile Troy.
    Der Streitmark wand sich unter wiederholten Schlägen der Erkenntnis, die ihn trafen, und in seinem Innern braute sich ein bedrohlicher Ausbruch zusammen. Anscheinend sah er im Geist Elena vor sich – entsann sich ihrer, kostete noch einmal ihre Schönheit, genoß in der Erinnerung an sie all die Wunderkraft des Sehens, das sie ihn gelehrt hatte. Er schien auch ihr sinnloses, einsames Ende zu schauen. »Verloren?« keuchte er, während seine Wut wuchs. »Verloren? Allein?« Urplötzlich brach sein Zorn sich Bahn. »Das nennst du Liebe?« brüllte er Covenant in schaurigem Aufheulen an. »Du Aussätziger! Zweifler!« Er stieß die beiden Bezeichnungen aus, als seien sie die gräßlichsten Schimpfwörter, die er kannte. »Für dich ist das alles bloß ein Spiel! Ein Denkspiel! Faule Ausreden. Du bist ein Aussätziger! Moralisch ein Aussätziger! Du bist viel zu selbstsüchtig, um irgend jemanden außer dir selbst zu lieben! Zu allem hast du die Macht, aber du willst sie nicht benutzen. Du hast ihr ganz einfach den Rücken gekehrt, als sie deine Hilfe benötigte. Du ... abscheulicher ... Aussätziger! Aussätziger!« Er schrie mit solcher Lautstärke, daß an seinem Hals die Muskeln hervortraten. Die Adern seiner Schläfen schwollen und pochten, als müßten sie gleich unter Flüchen bersten.
    Covenant spürte die Wahrheit in den Anschuldigungen. Sein Handel rechtfertigte derartige Vorwürfe, und Troy traf genau ins Herz seiner Anfälligkeit, als führe ihn in seiner Blindheit irgendeine prophetische Einsicht. Covenants Rechte zuckte fruchtlos, als wolle er dabei Bewegungen der Abwehr vollführen. Aber seine linke Hand preßte er hartnäckig auf seine Brust, als sei ihm daran gelegen, sein Schandmal auf diese Stelle einzugrenzen. »Zweifel haben damit nichts zu tun«, sagte er mit schwacher Stimme, als Troy um Atem rang, um sein Gebrüll fortzusetzen. »Sie war meine Tochter.«
    »Was?!«
    »Meine Tochter.« Covenant sprach die beiden Wörter aus wie ein Urteil. »Ich habe Trells Tochter vergewaltigt. Elena war seine Enkelin.«
    »Deine Tochter ...« Troy war zu fassungslos zum Schreien. Neue Erkenntnisse schüttelten ihn wie Gesichte der Verworfenheit. Er stöhnte auf, als wären Covenants Verbrechen so vielfältig, daß er sie nicht alle zugleich überschauen konnte.
    »Mein Freund«, sagte Mhoram bedächtig zu ihm, »das war jenes Wissen, welches ich dir vorenthalten habe. Das Zurückhalten hat dir unbeabsichtigt Schmerz bereitet. Ich bitte dich, vergib mir. Der Großrat sorgte sich, dies Wissen könne dich dazu verleiten, den Zweifler zu verabscheuen.«
    »Und das war verdammt richtig«, röchelte Troy. »Das war verflucht richtig!« Plötzlich schlug seine angestaute Erbitterung um in Aktivität. Durch sicheren Instinkt geleitet, packte er blitzartig zu und entriß Mhorams Hand den Stab. Er wirbelte um seine Achse, um Schwung zu bekommen, und führte mit dem Stab einen wuchtigen Hieb gegen Covenants Kopf. Die Unvermutetheit des Angriffs überraschte sogar Bannor. Aber der Bluthüter griff ein, sprang Troy nach und stieß ihn kraftvoll genug an, um den Hieb mißlingen zu lassen. Infolgedessen streifte das metallene Ende des Stabes Covenant nur an der Stirn. Dennoch taumelte Covenant rücklings hügelabwärts. Doch er fing seinen Sturz ab und erhob sich auf die Knie. Er legte eine Hand an den Kopf und stellte fest, daß er aus einer Wunde mitten in der Stirn stark blutete. Er fühlte, wie ihm aus der verdorrten Erde alter Haß und Tod zuflossen. Blut rann wie Seiber über seine
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