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Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Titel: Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Autoren: Robert L Stevenson
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mit der Stirne eines Satans. >Wenn Sie aus diesem Vorfall Kapital schlagen wollen<, sagte er, >bin ich natürlich hilflos, aber jeder Gentleman wünscht doch eine Szene zu vermeiden. Nennen Sie mir Ihren Preis.< Nun, wir preßten hundert Pfund für die Familie des Kindes aus ihm heraus. Natürlich versuchte er sich zuerst dagegen zu sträuben; aber irgend etwas in der Art unserer Anteilnahme ließ ihn Schlimmes ahnen, und endlich gab er nach. Nun galt es zunächst, das Geld zu holen; und wohin, glauben Sie, führte er uns: gerade zu jener Tür dort. - Er zog einen Schlüssel hervor, ging hinein und kam sofort mit einer Summe von zehn Pfund in Gold und einem Scheck auf Coutts für den Rest zurück, zahlbar an den Überbringer, und unterzeichnet mit einem Namen, den ich nicht nennen kann, obwohl dieser Name gerade einen der Höhepunkte meiner Geschichte bildet, aber soviel sei gesagt: Es war ein sehr bekannter und oft gedruckter Name. Die Summe war bedeutend, aber die Unterschrift war gut auch noch für mehr, falls sie echt war. Ich nahm mir die Freiheit, meinen Gentleman darauf hinzuweisen, daß die ganze Geschichte recht zweifelhaft aussähe, daß im gewöhnlichen Leben ein Mann nicht um vier Uhr morgens durch eine Kellertür geht und mit eines anderen Mannes Scheck über annähernd hundert Pfund wieder herauskommt. Aber er blieb ganz ruhig und grinste nur höhnisch. >Beruhigen Sie sich nur<, meinte er, >ich werde bei Ihnen bleiben, bis die Bank geöffnet wird, und den Scheck selbst einlösen.< So machten wir uns denn alle auf den Weg, der Doktor und der Vater des Kindes und unser Freund und ich selbst, und verbrachten den Rest der Nacht in meinem Bureau. Nach dem Frühstück begaben wir uns dann am Vormittag gemeinsam zur Bank. Ich zeigte selbst den Scheck vor und bemerkte, ich hätte allen Grund anzunehmen, daß es sich um eine Fälschung handle. Keine Spur! Der Scheck war echt!«
    »Pfui, pfui!« sagte Mr. Utterson.
    »Ich sehe, du hast das gleiche Empfinden wie ich«, sagte Mr. Enfield. »Ja, es war eine häßliche Geschichte; denn mein Mann war ein Bursche, mit dem niemand etwas zu tun haben mochte, ein hundsmiserabler Kerl; und die Persönlichkeit, auf die der Scheck lautete, bedeutet den Gipfel der Wohlanständigkeit, berühmt und (was die Sache besonders schlimm macht) ein Studiengenosse von dir, der als das, was man so wohltätig nennt, bekannt ist. 'ne dunkle Sache, vermute ich. Ein anständiger Kerl, der wahrscheinlich für irgendwelche Jugendtorheiten bluten muß. Daher nenne ich auch jenes Gebäude mit der Tür das >Erpresserhaus<. Aber auch das, weißt du, erklärt bei weitem nicht alles«, fügte er nachdenklich hinzu.
    Aus seinem Nachgrübeln riß ihn Mr. Uttersons etwas unvermutete Frage: »Und du weißt nicht, ob der Aussteller des Schecks dort wohnt?«
    »Das wäre ein passender Platz, nicht wahr?« entgegnete Mr. Enfield. »Aber zufällig kenne ich seine Adresse. Er wohnt in einem anderen Viertel.«
    »Und du hast dich nie nach - nach dem Platz mit der Tür erkundigt?« fragte Mr. Utterson.
    »Nein, Verehrtester. Ich hatte eine gewisse Scheu«, war die Antwort. »Ich stelle überhaupt sehr ungern Fragen; es schmeckt mir zu sehr nach einem Verhör. Du wirfst eine Frage auf, und es ist, als hättest du einen Stein ins Rollen gebracht. Du sitzt gemächlich auf der Spitze des Hügels, und der Stein rollt talwärts und reißt andere mit; bald wird irgendein sanfter, alter Vogel (an den du am wenigsten gedacht hättest) in seinem eigenen Garten am Kopfe getroffen, und der Familie bleibt nur übrig, ihren Namen zu ändern. Nein, Verehrtester, ich mach' es mir zur Regel: Je mehr eine Sache nach dieser verdächtigen Straße schmeckt, desto weniger frage ich.«
    »Eine sehr vernünftige Regel«, meinte der Anwalt. »Aber ich habe mir selbst den Platz genau angesehen«, fuhr Mr. Enfield fort. »Man kann es kaum ein Haus nennen, es gibt keine weitere Türe dort, und durch diese eine geht niemand aus oder ein mit Ausnahme des Gentlemans meines Abenteuers, und auch der nur äußerst selten. Drei Fenster sind dann noch vorhanden, die von dem ersten Stock auf den Hof hinaus blicken; unten überhaupt keins. Die Fenster sind stets verschlossen, aber sie sind sauber. Dann ist ferner ein Schornstein vorhanden, der meistens raucht. Es muß also jemand dort wohnen, und doch ist das wieder nicht so ganz sicher; denn die Gebäude stehen in jenem Hofe so zusammengedrängt, daß man kaum sagen kann, wo das eine endet und
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