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Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher
Autoren: Diccon Bewes
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kennen? Die ersten fünf Kapitel zeigen
das Land als Ergebnis von Geografie, Geschichte, Religion, Politik und
Reichtum. Anschließend beschäftigen wir uns mit der Frage, was wir der Schweiz
verdanken. Eine Reise kreuz und quer durchs Land entschleiert die echte Schweiz
hinter dem Roten Kreuz, den Uhren, dem Käse, der Schokolade, dem Zugverkehr und
einer Ikone namens Heidi.
    Am Ende werden Sie jenseits aller Klischees tiefe
Einblicke in die Schweizer Identität gewonnen haben, und vielleicht wissen Sie
dann sogar mehr über die Schweizer und ihr Land als die Eidgenossen selbst.

Die Binneninsel

Wie aus ein paar Bergen ein Land wurde
    Jedes Land, das sein Geld wert ist, braucht einen
formellen Namen, und weil Geld in der Schweiz eine bedeutende Rolle spielt,
trägt es deren gleich vier. Auf Deutsch, in der Sprache der Mehrheit (63,7
Prozent der Schweizer sind deutschsprachig) heißt das Land Schweizerische
Eidgenossenschaft, in den drei weiteren Landessprachen Französisch, Italienisch
und Rätoromanisch Confédération suisse , Confederazione Svizzera und Confederaziun
svizra. Der Name Eidgenossenschaft erinnert an
die Männer, die einst auf einem Feld standen und den Eid ewiger Gemeinschaft
und ewiger Freundschaft schworen. Bei der Konföderation schwingt nicht ganz so viel mit. Der Eidgenosse gilt
den Deutschsprachigen zudem als Bezeichnung für den echten Schweizer, der aus
dem ursprünglichen Kernland stammt.
    Diese formellen Namen sind etwas langatmige
Zungenbrecher, jedenfalls für Ausländer. Also überrascht es kaum, dass sich im
Alltag schlichtere Formen durchgesetzt haben: Schweiz , Suisse , Svizzera und Svizra – sozusagen die Vornamen des Landes. Bei acht
verschiedenen Bezeichnungen, von denen vier etwas zu lang für Fußballspiele oder
den Eurovision Song Contest sind, erstaunt es kaum, dass die Schweizer sich
irgendwann für eine offizielle Bezeichnung entschieden haben – nicht nur um die
Sache zu vereinfachen, sondern auch um einen Namen zu haben, der für sämtliche
Nationalsprachen akzeptabel ist, sodass sich niemand über Benachteiligung
beklagen konnte. Eine Lösung zu finden, mit der alle leben können, ist typisch
für die Schweiz und vielleicht der ausschlaggebende Grund dafür, dass ihre
Bewohner es geschafft haben, im Lauf ihrer Geschichte die historischen
Spaltungen zu überwinden. Es geht stets um den Konsens, aber die
Herausforderung liegt darin, einen zu erreichen. Die Lösung? Man nehme eine
längst verstorbene Sprache.
    Unterwegs auf europäischen Straßen wird man bald ein
Auto mit dem CH auf der Heckklappe entdecken. Wer
sich schon einmal im Stillen auf Wer wird Millionär vorbereitet
hat, weiß, dass es sich um das Schweizer Landeskennzeichen handelt. Aber was,
wenn Sie gefragt werden, wofür die beiden Buchstaben in Wirklichkeit stehen?
Vor Ihrem geistigen Auge gleitet die Landkarte Europas vorüber, und Sie suchen
nach einer logischen Antwort. Hoffnungsvoll erkennen Sie, dass die
Landeskennzeichen Abkürzungen sind; so steht D für
Deutschland, FIN für Finnland und GR für Griechenland. Aber CH passt nicht recht ins Muster, es ist eine Klasse für sich.
    Nein, man hat nicht einfach das S des SCH für Schweiz weggelassen, obwohl das
erstaunlich viele Deutsche denken, es handelt sich vielmehr um die Abkürzung
für Confoederatio Helvetica, den neunten und
offiziellen Namen der Schweiz. Vermutlich schmücken sich nicht viele moderne
Länder mit einer lateinischen Bezeichnung, aber die Schweiz macht ja gern mal
eine Ausnahme. Der Name leitet sich von Helvetii, also den Helvetiern ab, einem
der hier einst ansässigen keltischen Stämme; die wörtliche Übersetzung wäre
Helvetische Konföderation. Aber für ein Land, das sich etwas auf seine
Akkuratesse einbildet – und zwar nicht nur bei Zugfahrplänen –, entbehrt es
nicht einer gewissen Ironie, dass sein offizieller Name nicht ganz korrekt ist.
    Bis zu einem bemerkenswert zivilisiert geführten
Bürgerkrieg im Jahr 1847
war die Schweiz tatsächlich eine Konföderation, das heißt ein loses Bündnis
selbstständiger Staaten, die mal mehr, mal weniger zusammenarbeiteten. Man
konnte sie, im modernen Wortsinn, kaum als Land bezeichnen, aber sie war
eindeutig mehr als die Summe ihrer Teile. Der neue, 1848 geschaffene Staat war
eine Föderation, also ein Bundesstaat im besten Sinn des
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