Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix
Autoren: Tom Becker
Vom Netzwerk:
Sorgen. Du kannst dich bald ausruhen.«
    Edwin wich vor der Gestalt zurück und breitete seine Arme flehentlich aus.
    »B-Bruder«, stammelte er. »Du würdest mir doch bestimmt nichts tun. Es war nicht meine Idee. Ich hab versucht, sie aufzuhalten, aber sie wollten nicht auf mich hören …«
    »Ich bin mir sicher, dass du es versucht hast«, entgegnete die Gestalt besänftigend. »Nie hört jemand auf den armen Bruder Furchtlos, nicht wahr? Und jetzt wird es auch niemand mehr können.«
    Wimmernd stolperte Edwin rückwärts über eine Mülltonne und landete hart auf den Pflastersteinen. Er blickte auf und erkannte zum ersten Mal den wahrenErnst seiner Lage. Die Stille wurde von einem ohrenbetäubenden, nicht menschlichen Kreischen durchbrochen, dem ein schriller Schrei folgte. Danach wurde es still.

3
    Fahles Sonnenlicht durchflutete früh am Morgen Elias Carnegies Büro. Carnegie kauerte auf dem Stuhl hinter seinem Schreibtisch und beäugte misstrauisch den zurückeroberten Diamantring.
    »Seltsam, woran Menschen ihr Herz hängen«, murmelte er. »Ich würde nicht einmal eine Lammkeule dafür hergeben.«
    Jonathan ließ sich auf dem zerschlissenen Sofa am Fenster nieder.
    »Der würde dir ohnehin nicht stehen«, entgegnete er matt.
    Der Wermensch bedachte ihn mit einem zornigen Blick.
    »Warum gehst du nicht und wäschst dich? All das Blut macht mich hungrig und ich würde dich nur ungern auffressen.«
    Jonathan stand seufzend auf und begab sich nach nebenan ins Badezimmer. Während er sich in der dumpfen Ruhe des Badewassers entspannte, schweiften seine Gedanken ab zu den Ereignissen der vergangenen Monate. Es waren erst acht Wochen vergangen, seit die Darkside-Kopfgeldjägerin Marianne versucht hatte,ihn mitten in London zu entführen. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Sein Leben war komplett auf den Kopf gestellt worden, als er entdeckt hatte, dass es in London eine verborgene Schattenwelt voller gefährlicher Kreaturen gab, in der Theresa, seine Mutter, geboren worden war. Sie wurde seit zwölf Jahren vermisst, und Jonathan wusste nicht, ob sie tot war oder noch lebte. Aber hier – in Darkside – fühlte er sich ihr irgendwie näher, als ob ein Teil seiner Seele nach jahrelangem Hungern wieder Nahrung bekäme.
    Er hatte Carnegie unzählige Male gedrängt, ihm mehr über das Verschwinden seiner Mutter zu erzählen, aber der Wermensch gab sich bei diesem Thema ungewöhnlich wortkarg. Jonathan wurde vor Frust fast wahnsinnig. Er spürte, dass Carnegie mehr über Theresa wusste, als er verriet, aber egal, wie sehr er ihn drängte, er rannte gegen eine Wand. In vielerlei Hinsicht erinnerte es ihn daran, wie es war, bei seinem Vater aufzuwachsen.
    Der Gedanke an Alain Starling löste eine Welle von Schuldgefühlen in ihm aus. Sein Vater erholte sich in London von seiner letzten »Finsternis«, einer Art Krämpfe, die ihn seelisch und körperlich quälten. Wenn Alain nicht gewesen wäre, hätte der Vampir Vendetta Jonathan umgebracht. Beide, Vater und Sohn, waren nur knapp mit dem Leben davongekommen. Jonathan hoffte zwar, dass es Alain unter den aufmerksamen Augen von Miss Elwood, einer Freundin der Familie, wieder besser gehen würde, aber trotzdem fühlte er sich schuldig, da er nicht zurückgekehrt war, umsich selbst davon zu überzeugen. Es schien, als sei Jonathan unwillig, Darkside zu verlassen, als fürchtete er wie sein Vater, dass etwas passieren könnte, das dazu führte, dass er nie wieder hierher zurückkehren könnte.
    Nach der Aufregung in der Blutspielbank war Jonathan in eine melancholische Stimmung verfallen. Er hievte sich aus der Badewanne und trocknete sich mit einem Handtuch ab. Als er sich schließlich eine Hose und ein T-Shirt angezogen hatte und in das Büro zurückgekehrt war, hatte Carnegie Gesellschaft.
    »… habe ich mich sofort auf den Weg gemacht, als ich ihre Nachricht erhielt. Haben Sie wirklich meinen Ring?«
    Die Person, die sprach, war Miss Felicity Haverwell, eine wohlsituierte Dame mittleren Alters, die auf einen klassischen, recht komplizierten Hochstaplertrick von Lorcan Bracket hereingefallen war. Sie rieb sich ängstlich die Hände, während sie sprach. Carnegie nickte.
    »Ja, Madam. Allerdings nicht ganz kampflos …«
    Miss Haverwells Augen weiteten sich.
    »Mussten Sie ihm wehtun, um ihn zurückzubekommen?«
    »Sagen wir einfach, er wird sich hier eine Zeit lang nicht herumtreiben.«
    »Wo ist der Ring? Darf ich ihn sehen?«
    Carnegie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher