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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: A. J. Kazinski
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    Bergmann ließ ihn langsam nach unten, Niels’ Nase berührte jetzt das Wasser. Hannah schrie. Wenn sie doch nur aufhörte, dachte Niels. Er schloss instinktiv die Augen, als er ins Wasser eintauchte, öffnete sie aber gleich wieder. Er wünschte sich, Bergmann hätte eine tiefere Wanne gewählt, in die sein ganzer Kopf eintauchen konnte und nicht nur sein Gesicht. So war er gezwungen, Hannahs Schreie zu hören. Er hielt die Luft an.
    »Niels, nein«, schrie Hannah heiser.
    Sie musste sein Gesicht jetzt sehen können, im Profil. Dann bekam sie mit, wie er die Luft anhielt, dachte Niels. Wie sollte er am besten sterben? Was würde sie am wenigsten erschrecken, so wenig Leiden wie möglich verursachen? Ja, er musste den Mund öffnen und die Flüssigkeit freiwillig aufnehmen, sie in seine Lungen strömen lassen, bis es überstanden war. Dann kam ihm ein verrückter Gedanke: Er konnte versuchen, das alles zu trinken. Er spürte seinen Puls, besonders an den angeketteten Handgelenken.
    »Niels? Kannst du mich hören?«
    Jetzt, jetzt brauchte er Luft. Der Mund öffnete sich, und das Wasser strömte in seine Luftröhre, die aber alles prompt wieder herauswürgte. Niels hörte seine eigenen verzweifelten Geräusche. Noch hämmerte sein Herz. Sein Blick wurde verschwommen, das Wasser war zunehmend trüb. Vielleicht dachte er deshalb an den Roskilde f jord. Und an seine Mutter. Damals, als sie mit dem Bus nach Deutschland wollten und ihm schlecht wurde, sodass sie schließlich an der Grenze kehrtmachen mussten. Er dachte an seine Mutter …
    »Niels, hörst du mich?«
    »Lass ihn in Ruhe.«
    Er dachte an seine Mutter. An ihre Hände …
    »Niels!« Hannah schrie, aber ihr Schreien tat jetzt nicht mehr so weh. Er dachte an die Straße in seiner Kindheit. Valby. »Komm rüber«, rief seine Mutter. Sie stand auf der anderen Straßenseite. An der Bushaltestelle.
    »Kein Puls.«
    Wieder ein Schrei. Ein letzter Schrei. Wie hübsch sie war. So jung. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie jemals so jung gesehen zu haben.
    »Noch ein paar Sekunden, dann ist er weg.«
    Ein Weinen. Ein Lächeln von jemand anderem.
    Des einen Tod, des anderen Brot. Warum Brot? Er drehte sich um. Der alte Bäcker war direkt hinter ihm. Da kauften sie freitags immer Kuchen. Napoleonkuchen. Oder seinen Lieblingskuchen: Gåsebryst. Das Wort mochte er nicht, deshalb musste den immer seine Mutter bestellen.
    »Niels!«
    Jemand rief. Er drehte sich um. Der Verkehr war zum Stillstand gekommen. Seine Mutter winkte ihn zu sich herüber.

37.
    Hellebæk, 23.57 Uhr
    Leon brüllte: »Wer ist da?«
    »Sie wollten wissen, mit wem Niels gesprochen hat?«
    »Ja! Mit wem?« Leon wollte auf die Antwort nicht warten und riss dem Fahrer das Handy aus der Hand. Draußen war es stockfinster. Er sah nur Asphalt, Randstreifen und schwarze Wälder.
    »Ja?«, sagte Leon hart. »Wer ist da?«
    »Casper, aus der IT -Abteilung.«
    »Bentzon hat Sie angerufen«, fauchte Leon in den Hörer. »Heute Abend?«
    »Ist ihm was passiert?«
    »Beantworten Sie meine Frage, Casper. Warum hat er Sie angerufen?«
    »Er sucht nach seiner Frau. Hannah. Er glaubt, dass sie in einem alten Bunker in Nordseeland gefangen gehalten wird.«
    »Einem Bunker?«
    »Ja.«
    »Regan Ost. Kennen Sie den?«
    »Natürlich. Atomkrieg und all die Scheiße.«
    »Es ist nicht sicher, aber er war auf dem Weg dahin, und jetzt kann ich ihn nicht mehr erreichen …«
    »Können Sie mir einen Plan dieses Bunkers besorgen?«, würgte Leon ihn ab.
    »Vielleicht. Im Verteidiungsministerium.«
    »Beeilen Sie sich«, sagte Leon, bevor er dem Fahrer zurief:
    »Regan Ost, der Bunker bei Hellebæk.«

38.
    Die andere Seite, 00.00 Uhr
    Erst nur Dunkelheit. Stimmen. Er hörte Hannah seinen Namen rufen. Niels . Das war er. Trotzdem hatte er keine Angst. Es fühlte sich an, als wäre die im Körper geblieben, gemeinsam mit all den anderen Gefühlen. Und was war mit der Liebe zu Hannah?, fragte er sich, als sich vor seinen Augen etwas silbrig Glänzendes spielerisch leicht im Kreis drehte, wie eine Fünfkronenmünze auf dem Tisch. Er sah nach unten und realisierte, dass das fluoreszierende Leben an einem langen Faden hing, einer Schnur aus Silber, und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass diese Schnur irgendwo in ihm befestigt war. Einen Augenblick lang betrachtete er das Schauspiel. Wie porös, wie fein. Er hätte sie mit zwei Fingern zerreißen können. Aber er konnte weder Finger noch Körper finden. Warum fühlte er nichts außer
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