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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: A. J. Kazinski
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altes Eisen: »Willkommen zu Hause, Niels.« Dann sah er das Gesicht, pockennarbig, mit blauen Augen und einem Kiefer wie eine Felswand.
    Ein Mann, den er nicht kannte. Er starrte ihm direkt ins Gesicht. Nasenhaare. »Bist du okay? Die Ärzte sind unterwegs.«
    Und dann Hannah. Sie beugte sich über ihn. Tränen in den Augen. Tränen, die auf sein Gesicht tropften und brennend auf seinen Wangen schmolzen.
    »Das war im letzten Augenblick«, sagte irgendjemand.
    Und vielleicht war es in dem Moment, in dem Leon Niels auf die Arme nahm, oder in dem Augenblick danach, als Hannah ihre schmale Hand auf seine nackte Brust legte, dort, wo die Elektroden des Defibrillators sich in die Haut gebrannt hatten, um sein Herz wieder in Gang zu setzen – oder vielleicht auch erst, als sie auf den Flur traten, dass Niels Augenkontakt mit Bergmann bekam. Nur für einen Augenblick. Eine Sekunde, vielleicht etwas mehr. Aber genug, damit Niels sehen konnte, dass er es wusste und vielleicht die ganze Zeit über gewusst hatte.
    Trotzdem fragte Bergmann: »Wer?«
    Niels sah weg, Bergmann lag am Boden. In Handschellen, die Hände auf dem Rücken, ein Knie zwischen den Schulterblättern. Acht Polizisten um ihn herum. »Wer?«
    »Ich will raus«, flüsterte Niels Leon zu.
    »Leon bringt dich raus. Wir warten auf die Trage.«
    »Ich kann hier nicht …«
    »Was sagst du, Bentzon?« Leon beugte sich über ihn. Sein Ohr war dicht über Niels’ Mund: »Komm schon.«
    »Ich will hier keine Sekunde länger bleiben«, wollte Niels flüstern, aber Bergmanns Schrei begrub alle anderen Laute unter sich. Der Schrei einer Seele in Auflösung. Gefolgt von einem weiteren Schrei, einem herzzerreißenden Nein!, bis der Schrei in Jammern überging.

41.
    Bei Regan Ost, 00.25 Uhr
    Hannah sah in den Himmel, als der Arzt ihre Hand verband. Das Laub der Bäume schob sich immer wieder vor die Sterne.
    Dann begann sie, zu den Kommissaren hinüberzugehen. Sie nahm Niels’ Arm, aber es war nicht zu sagen, wer von beiden wen stützte.
    Leon sagte: »Sieh zu, dass du wegkommst. Im Krankenhaus in Helsingør wartet ein Herzspezialist auf dich …«
    Niels fiel Leon ins Wort: »Ich gehe in kein Krankenhaus, Leon.«
    »Wenn man den besten Herzspezialisten des Landes aus dem Bett gezerrt hat, und das nachts um …«
    »Ich fahre nach Hause. Mit meiner Frau. Ich sterbe nicht.«
    Leon wollte Protest einlegen. Niels sah ihm das an. Aber Leon ließ seinen Widerstand mit der Luft durch die Nase entweichen. Es wurde ein langes Ausatmen. Vielleicht schüttelte er auch leicht den Kopf, aber das war bei der Dunkelheit schlecht zu erkennen.
    »Nein, Bentzon. Heute Nacht stirbst du wohl nicht mehr. Aber bevor du gehst, solltest du dich schon noch von einem Arzt durchchecken lassen.«
    »Du aber auch«, sagte Niels.
    Leon sah ihn verwundert an.
    »Du hast dir den Kopf gestoßen. An einem Schild. Als du auf den dunklen Gang gekommen bist. Erinnerst du dich?«
    Leon blieb stehen. »Wie?«, versuchte er zu sagen, brachte das Wort aber nicht über seine Lippen.
    Niels wusste, was er dachte: Bei der Dunkelheit hatte ihn doch niemand gesehen. Außerdem waren all seine Männer hinter ihm gewesen. Wie konnte Niels das wissen?
    Hannah beobachtete die beiden Männer und sah Leons Reak tion. Erst Verwunderung, dann Ablehnung. Niels konnte das nicht gesehen haben. Vermutlich war das nur ein Schuss ins Blaue. Ohne Bedeutung. Hannah lächelte Leon an. Es war doch immer so, dachte sie. Die typische Reaktion der Menschen, wenn sie Zeuge von etwas wurden, das ihrer Auffassung vom Leben wider sprach. Früher oder später kam die Ablehnung, gefolgt von der Verdrängung. Als hätte es keine Bedeutung. Vielleicht war das aber genau die richtige Reaktion. Vielleicht gab es Entdeckun gen, die wir besser nicht machten. Weil wir keine Ahnung haben, wie wir damit umgehen müssen.
    »Warum lachst du?«, fragte Leon.
    »Ich lache nicht, ich lächle«, antwortete Hannah.
    Leon klopfte Bentzon auf die Schulter. »Setz dich in den Krankenwagen«, sagte er und ging weg, bevor Niels protestieren konnte.
    »Komm schon, das dauert fünf Minuten«, flüsterte Hannah.
    Ihr warmer Atem an seinem Ohr, ihre Hand, die die seine hielt. Die Welt. Voller Düfte, Eindrücke, Gefühle. Wie der Wald boden, dachte Niels. Und das Geräusch der Blätter, die sich ganz leicht im Wind bewegten. Das würde er immer genießen. Niels wollte etwas darüber sagen, wollte zum Ausdruck bringen, wie schön es war zu leben. Ebenso schön wie
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