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Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: A. J. Kazinski
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und hatte keine Ahnung, was er noch sagen sollte, um ihn aufzuhalten. Tränen rannen über seine Wangen und weiter auf seine Lippen. Der Geschmack der Trauer.
    »Sie wird nicht sterben.«
    »Vielleicht nicht. Aber unsere Kinder.«
    »Föten? Juristisch gesehen sind das doch noch gar keine Menschen.«
    »Keine Menschen«, wiederholte Niels und wischte seine Tränen weg.
    Plötzlich fuhr der Arzt aus der Haut: »Reißen Sie sich zu sammen!«, schrie er. »Sie haben wohl den Blick für die Rela tionen verloren! Das ist auch nicht mehr als eine Abtreibung. Wissen Sie eigentlich, wie viele Tausend Abtreibungen jedes Jahr vorgenommen werden? Es geht hier darum, meine Tochter zu retten und einen Mörder zu finden!« Er spuckte die Worte mit einer Wolke aus Speichel aus. »Vielleicht mordet er ja wieder? Wer weiß? Was ist Ihnen lieber? Eine legale Adoption verhindern oder einen Mörder stoppen?«
    »Sie verstehen das nicht«, sagte Niels. Er redete, als wären es seine letzten Worte. Und vielleicht waren es ja auch wirklich seine letzten Worte an Hannah.
    Bergmann ließ das Gitter langsam in Richtung Wasser ab.
    »Hannah. Kannst du mich hören?«, fragte Niels.
    »Ja«, antwortete sie mutlos.
    »Ich liebe dich. Hörst du?«
    »Ja.«
    Sie hatte das Leben aufgegeben. Das hörte er ihrer Stimme an. Sie würde ihr zweites Kind verlieren. Und ihr drittes. Nichts würde sie zurückbringen, wenn der Schlafforscher sie erst in die Salzlösung abgesenkt hatte.
    »Du kommst zurück zu mir«, rief Niels.
    Sie antwortete nicht. Bergmann ließ das Gitter weiter hinunter. Hannahs Haare berührten bereits das Wasser.
    »Nehmen Sie mich stattdessen«, sagte Niels. Warum war er nicht eher darauf gekommen? »Denken Sie nach. Denken Sie rational. Wen würden Sie lieber ins Jenseits schicken, um ein Ver brechen aufzuklären? Eine Astrophysikerin oder einen erfahrenen Kriminaler?«
    Endlich. Augenkontakt.
    »Und wer sagt, dass Sie besser geeignet sind, meine Frau zu finden?«
    »Ich habe Sie gefunden, nicht wahr?«
    Hannah ergriff das Wort: »Niels …«
    »Nein, sag nichts, Hannah. Wir müssen jetzt professionell handeln. Wenn jemand auf die andere Seite muss, um nach jemandem zu suchen, dann ich. Ich weiß so viel über dieses Verbrechen …«
    Niels bereute seine Worte. Verbrechen . Bergmann war kurz da vor gewesen, dem Tausch zuzustimmen, es war wichtig, ihn nicht zu erzürnen. »Hören Sie, was ich sage«, fuhr Niels fort. »Ich weiß, wo ich suchen muss. Ich war am Acheron. Ich habe Ihr Gespräch mit Dicte gehört. Ich weiß, wie sie dachte.«
    Der Arzt sagte nichts.
    »Lassen Sie Hannah gehen. Ich werde Ihre Frau für Sie finden. Und sie fragen.«
    Bergmann dachte nach.
    »Vielleicht. Aber Ihre Frau hat das schon einmal geschafft«, sagte er.
    »Wie oft haben Sie es bei Dicte versucht? Achtmal?«
    »Sechs.«
    »Lassen Sie mich das tun. Wenn es missglückt, haben Sie ja noch immer die Möglichkeit, es mit Hannah zu probieren.«
    »Ich kann es doch auch hinterher mit Ihnen probieren«, sagte er trocken.
    »Nein. Wenn wir mit mir anfangen, verspreche ich Ihnen, aus ganzem Herzen mitzumachen. Ich will es versuchen. Mein Bestes geben. Hören Sie auf mich. Ich kenne meine Frau. Wenn Sie Hannah schicken, bekommen wir sie nicht zurück. Sie wird aufgeben. Das tue ich nicht. Ich finde Ihre Frau. Wenn an Ihren Worten was Wahres dran ist.«
    Bergmann brummte: »Natürlich ist an meinen Worten was Wahres dran!«
    »Dann müssen Sie mich schicken. Ich bin Polizist. Ich kann Verbrechen aufklären. Und ich tue das freiwillig. Im Gegensatz zu den anderen. Ich opfere mich. Kommen Sie, Bergmann, Sie wissen, dass das die richtige Lösung ist.«
    Bergmann dachte noch ein paar Sekunden nach. Dann stand er resolut auf, löste Hannahs Kopf und ließ sie am Gitter neben dem Wasserbecken herab. Zum ersten Mal konnte Niels ihre Augen sehen. Sie sagten: Du hättest das nicht tun sollen.
    Er versuchte, sie anzulächeln.
    »Ihre Hände binde ich aber nicht los«, sagte der Arzt und zog Niels über den Boden. »Ich kann Sie nicht wieder ordentlich fesseln.«
    Niels lag Gesicht an Gesicht neben Hannah. Sie war noch immer am Metallrahmen fixiert.
    »Ich liebe dich. Weißt du das?«, fragte Niels.
    Sie konnte sich keinen Millimeter rühren. In wenigen Augenblicken würde Niels statt ihrer in der mechanischen Konstruk tion liegen, auf dem Weg ins Dunkle, in das ultimativ Unbe kannte. Dicte hatte das mit den ersten Astronauten verglichen, dachte er. Ja, so sollte er das
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