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Der Schiffsjunge der Santa Maria

Der Schiffsjunge der Santa Maria

Titel: Der Schiffsjunge der Santa Maria
Autoren: Frank Schwieger
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Körner abzuknabbern. »Mahiz«, sagte er und bot auch Ramon und Luis einen Kolben an. Die gelben Körner waren weich und schmeckten süß und saftig.
    »Köstlich!«, sagte Ramon, während er schmatzend die letzten Körner von seinem Mahiz-Kolben knabberte. »Nicht zu vergleichen mit dem Fraß auf dem Schiff.«
    Zum Nachtisch gab es Stücke von einer gelben Frucht, die so groß war wie ein Kinderkopf und eine Art Schopf aus spitzen grünen Blättern trug.
    »Nana«, sagte Anacano und bot seinen Freunden ein Stück an. Sie griffen sofort zu und bissen hinein. Die Frucht war herrlich süß und Ramon und Luis aßen so viel davon, dass ihnen ihre Bäuche bald wehtaten.
    Auch andere Spanier waren inzwischen in das Dorf gekommen, zusammen mit den Bewohnern, die sie freundlich herumführten. Mit dabei waren Anacanos Eltern, die offenbar auch keine Scheu vor den fremden Jungen empfanden und sie herzlich begrüßten.
    »Isse wie im Paradies!«, rief Jacomo und strahlte übers ganze Gesicht. Er saß mit anderen Matrosen vor einer Hütte und genoss die köstlichen Früchte, die die Indios ihm und den anderen vorsetzten.
    Am späten Nachmittag verabschiedeten sich Ramon und Luis von Anacano. Sie wollten noch ein wenig mit Jacomo über die Insel streifen, bevor die Boote zurück zu den Schiffen fahren würden.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Luis und gab Anacano die Hand. »Wir sind Freunde, nicht wahr?«
    »Freunde«, wiederholte Anacano lächelnd.
    »Du kannst ja Spanisch«, wunderte sich Ramon. »Immerhin ein Wort.«
    Anacano nickte und lächelte. »Freunde«, wiederholteer und winkte Ramon und Luis nach, als sie zusammen mit Jacomo das Dorf verließen.
    Auf ihrem Weg zurück zum Strand erkundeten die drei Seefahrer noch einige Ecken des Waldes. Sie bestaunten die Pflanzen und die Tiere, besonders die bunten Papageien, die überall in den Bäumen saßen. Alles war ihnen fremd, alles war neu, alles war wunderschön. Nach einer guten Stunde gingen sie zurück zu den Booten.
    Dort traute Luis seinen Augen nicht. In dem Boot der Santa Maria saßen nicht nur Kolumbus, Peralonso, Polifemo und der Notar   – sondern auch Anacano. Er hockte mit eingezogenen Schultern zwischen dem Steuermann und dem Einäugigen. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Er sah sehr verängstigt aus.
    »Was soll das?«, fragte Luis entsetzt.
    »Don Christoph«, fragte Ramon den Admiral, »warum nehmt Ihr Anacano mit?«
    »Wen?«, fragte Kolumbus verständnislos.
    »Den Jungen dort.«
    »Ach, du meinst den Indio. Ein Matrose von der Pinta hat ihn aufgegriffen. Wir nehmen ihn mit nach Spanien. Ein Geschenk für Königin Isabella. Und jetzt ins Boot mit euch! Die Sonne geht gleich unter.«
    Luis bemerkte, dass auch in den beiden anderen Booten Indios saßen. Er konnte es nicht fassen. Sie konnten diese Menschen doch nicht einfach so mitnehmen! Oder kamen sie etwa freiwillig mit? Anacano sah nicht so aus.
    Luis und Ramon stiegen ins Boot. Sie nickten Anacano freundlich zu, doch der wich ihren Blicken aus. Luis wusste, dass es sinnlos gewesen wäre, jetzt zu protestieren. Kolumbus würde ihnen sofort den Mund verbieten.
    »Das ist nur der Anfang«, sagte der Admiral, als Polifemo und Peralonso das Boot mit den Rudern in Bewegung setzten. Luis hatte den Eindruck, dass Kolumbus enttäuscht war von dem, was sie heute gefunden hatten. »Das hier muss eine vorgelagerte Insel sein. Wir werden weitersegeln. Bis wir Zipangu oder Indien gefunden haben. Das Festland kann nicht mehr weit sein.«

Freunde
    Nach wenigen Tagen verließen sie San Salvador und fuhren weiter Richtung Süden. Kolumbus war der festen Überzeugung, dass sie in dieser Richtung Zipangu finden müssten. Es kam Regen auf, die Sicht wurde schlecht. Sie hatten mit Gegenwinden und schwerer See zu kämpfen. Sie kamen nur langsam voran und mussten durch ein Labyrinth von Sandbänken und winzigen Inseln vorsichtig hindurchmanövrieren.
    Auf den größeren Inseln gingen sie an Land und gaben ihnen neue Namen. Auch hier fanden sie Eingeborene, die dem gleichen Volk anzugehören schienen wie die Leute von San Salvador. Auch ihnen schenkten die Spanier kleine Spiegel, Glasperlen und anderes wertloses Zeug. Als Gegengeschenke erhielten sie Baumwolle, Papageien, Früchte und ein merkwürdiges Brot, das aus den Wurzeln einer Pflanze gemacht wurde. Große Goldvorkommen oder andere Reichtümer fanden sie nirgendwo, nur hier und da winzige Schmuckstücke, die einige Indiostrugen und die sie den Spaniern
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