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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition)
Autoren: Sanna Seven Deers
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sich über den Felssäulen und schlug kurz darauf gleichzeitig in beide Säulen ein.
    Die Felssäulen begannen zu schwanken.
    Morris sah entsetzt nach oben, bewegte sich jedoch nicht vom Fleck. Er schien wie festgewurzelt.
    Plötzlich kippten die Felssäulen. Tonnen von Gestein stürzten auf Morris hinab!
    Seine dumpfen Schreie ertönten durch die Wildnis. Seltsamerweise verursachten die fallenden Felsbrocken weder Staub noch Geräusche.
    Schließlich war auch Morris’ Stimme nicht mehr zu hören.
    Die Felssäulen, oder besser das, was noch von ihnen übrig war, verschwanden genauso plötzlich und lautlos, wie sie erschienen waren. Zurück blieb Morris’ zerquetschter Körper, der genau an der Stelle lag, wo sich eben noch die Trümmer der Felssäulen aufgetürmt hatten.
    Myra, Chad, Meghali und Heather waren wieder allein in ihrem kleinen Lager mitten in der Wildnis.
    Myra trat einen Schritt zurück, die Augen vor Erstaunen weit aufgerissen.
    »Ist Morris wirklich tot?«, fragte Meghali.
    »Er wird nie mehr zurückkehren«, sagte Myra bestimmt.
    »Myra!« Chads tiefe Stimme ließ sie herumfahren. »Könntest du vielleicht …?« Er hielt ihr seine gefesselten Hände entgegen.
    »Oh!«, rief Myra. »Verzeih!« Sie zog ein Messer aus dem Rucksack und durchschnitt die Fesseln ihrer Freunde.
    »Heather geht es nicht sehr gut.« Sofort war Chad an der Seite seiner alten Großtante.
    »Ich weiß«, erwiderte Myra und kniete sich neben sie. »Es tut mir unendlich leid, dass du wegen mir derart leiden musstest.« Lächelnd strich sie Heather über die schweißnasse Stirn.
    Wieder wurde die alte Frau von einem schlimmen Hustenanfall geschüttelt. Myra legte Heather die Hände auf die Brust.
    »Keine Angst, Heather«, sagte sie mit fester Stimme. »Alles wird gut werden.«
    Heathers Atem ging sogleich wieder ruhiger, und ein entspanntes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Dankbar drückte sie Myras schmale Hand.
    Chad und Meghali tauschten vielsagende Blicke.
    Myra bekam nichts davon mit. Sie kniete neben Heather, die Hände noch immer auf deren Brust, und starrte gedankenverloren in den Wald, ein Lächeln auf den Lippen. Immer neue Wellen von Wärme strömten durch ihre Hände und drangen tief in Heathers Körper ein. Gleichzeitig gaben sie auch Myra selbst neue Kraft.
    Heather schwitzte nicht mehr, und der warme Glanz kehrte in ihre weisen dunklen Augen zurück. Der rasselnde Husten legte sich, und ein wohliges Gefühl von Müdigkeit durchströmte ihren Körper.
    Chad beugte sich zu seiner alten Großtante hinunter und fühlte ihre Stirn.
    »Myra, sieh dir Heather an!«, rief er erstaunt aus. »Das Fieber ist gesunken.«
    Meghali kniete sich neben Myra und Heather.
    »Du hast ein kleines Wunder vollbracht, Myra.« Ihre dunklen Augen richteten sich auf die Freundin.
    »Danke«, flüsterte Heather und drückte Myras Hände.
    »Ich habe nichts getan«, sagte Myra lächelnd. »Es ist Runa, der wir zu danken haben.«
    Chad war erleichtert. Er stand auf, zog Myra fest in seine Arme und küsste sie zärtlich. Dann schob er sie ein Stück von sich und sah ihr in die Augen.
    Ein wohliger Schauer lief Myra über den Rücken.
    »Ich hatte Angst, ich würde nie wieder in deinen Armen sein«, flüsterte sie mit heiserer Stimme.
    Chad lächelte.
    »Hast du es noch nicht gemerkt?«, fragte er leise und strich ihr zärtlich über die Wange. »Wir werden immer zusammen sein.«
    Myras Herz machte einen Sprung.
    »Te’culum«, hauchte sie tief berührt.
    Chad sah sie verwirrt an. Aber Myras Aufmerksamkeit hatte sich bereits auf Meghali gerichtet. Sie löste sich aus Chads Umarmung und kniete sich neben sie.
    »Erdis hat Runa vor langer Zeit einmal gesagt, dass sie sich irgendwann einmal wiedersehen würden«, sagte Myra mit stockender Stimme. Sie sah forschend in Meghalis dunkle Augen. »Du hast mir einmal gesagt, dass unsere Schicksale miteinander verknüpft sind.« Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. »Runas Seele hat Erdis nach langer Zeit wiedergefunden. Erdis ist gekommen, um ihr in ihrer schweren Stunde beizustehen …«
    Freudentränen liefen Meghali über die Wangen. Ihre Hand zitterte, als sie sie nach Myra ausstreckte. Dann lagen sich die beiden Frauen in den Armen.
    »Ich danke dir«, flüsterte Myra. »Für alles.«
    »Ich habe dich vermisst«, flüsterte Meghali.
    Myra fühlte sich erschöpft. Sie suchte sich einen Platz, wo der schroffe Fels mit weichem Waldboden bedeckt war, ließ sich dort nieder und atmete tief
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