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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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und dabei ist sie von beträchtlichem Umfang.«
    Obwohl es sie verlegen machte, ertappt worden zu sein, musste sie beinahe lächeln. Riordan war offensichtlich zu sehr Gentleman, um Morna Bowers klein und dick zu nennen!
    »Diese Beschreibung passt nun wirklich nicht auf Sie«, sagte er. »Ich würde Sie eher als schlank und wohlgeformt bezeichnen.«
    Einen Augenblick lang fühlte sie sich geschmeichelt. Ihre Vorsicht schwand dahin, vor allem, weil sein Blick eher amüsiert alsärgerlich wirkte. Doch sie beschloss, zumindest so lange wachsam zu bleiben, bis sie herausgefunden hatte, was er von ihr wollte.
    »Mornas Mann, der übrigens weder ein Spieler noch ein Don Juan war, ist vor vielen Jahren gestorben, und zwar auf sehr dramatische Art: Sie befanden sich auf ihrer Silberhochzeitsreise, als er vor der Küste Südafrikas vom Deck eines Kreuzfahrtschiffs ins Meer fiel. Ich nehme an, sein Herz hat versagt.« Seine Lippen formten sich zu einem leichten Lächeln. »Meins würde dasselbe tun, wenn ich einen Hai auf mich zuschwimmen sähe! Ich habe den Eindruck, dass Lord Bowers Morna in sehr guten Verhältnissen zurückließ. Wussten Sie, dass sie auf dem Kontinent lebt?«
    Als seine Frage ignoriert wurde, fuhr er ungerührt fort: »Angeblich hat sie sich unsterblich in einen wohlhabenden Grafen verliebt. Ich mache mir sogar Hoffnungen, zu den Hochzeitsfeierlichkeiten eingeladen zu werden!«
    »Ihre gesellschaftlichen Perspektiven interessieren mich nicht, Mr. Magee. Bitte, kommen Sie zur Sache und sagen Sie mir, weshalb Sie auf mich gewartet haben – denn jetzt bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass meine Sicherheit das Letzte ist, was Sie interessiert!« Sie warf einen Blick aus dem Fenster. Vom Liffey stieg Nebel auf und hüllte die Straßen ein, sodass Morna kaum erkennen konnte, wo sie sich gerade befanden. Sobald der Wagen den Merrion Square erreichte, wollte sie sich davonmachen.
    »Werden Sie mir denn sagen, aus welchem Grund Sie sich für Morna Bowers ausgeben? Man könnte Sie immerhin sogar deswegen verhaften!«
    »Ich habe kein Verbrechen begangen – aber falls Sie die Absicht haben, mich der Polizei zu übergeben, werde ich behaupten, Sie seien mein Komplize. Der Geschäftsführer der Galerie ist mein Zeuge.«
    Riordan lächelte. Wenn sie nur wüsste!, dachte er. »Wenn Sie wirklich so unschuldig sind, warum wollten Sie dann dem Constable auf der Straße vor der Galerie aus dem Weg gehen?«
    Jetzt wirkte sie doch ein wenig verunsichert. »Ich kann Ihnen versichern, dass ich keinem Constable aus dem Weg gegangen bin. Sie hatten mir angeboten, mich mitzunehmen, und ich habe dummerweise angenommen, weil die Straßen um diese Zeit, wie Sie schon sagten, wirklich von unangenehmen Subjekten bevölkert sind. Ich spreche zum Beispiel von diesem grobschlächtigen Kerl, der vor der Galerie auf uns zukam.«
    Riordan erinnerte sich, einen Mann von unangenehmem Äußeren gesehen zu haben, der hinter dem Constable gegangen war. Ein Zigeuner! Jetzt begriff er: Der Zigeuner hätte die Maskerade der angeblichen Lady Bowers vielleicht auffliegen lassen können, weil er sie wahrscheinlich kannte!
    »Sie haben mein Wort als Gentleman, dass ich nicht beabsichtige, Sie in Schwierigkeiten zu bringen. Ich bin einfach ungemein neugierig. Eine schöne Frau und ein großes Geheimnis bilden für mich eine unwiderstehliche Kombination.« Wieder glitzerte Mutwillen in seinem Blick, der Morna seinen Spaß an der ganzen Sache verriet. Und doch fühlte sie instinktiv, dass sie ihm trauen konnte – zumindest bis zu einem gewissen Grad.
    »Ich muss Sie ja für einen Schuft halten, Mr. Magee! Würden Sie mir sagen, wovon Sie leben?«
    Riordan setzte eine gekränkte Miene auf, während er fieberhaft nach einer Formulierung suchte, die ihr nicht zu viel über ihn verriet. Er amüsierte sich zu gut, um ihr jetzt die Wahrheit zu sagen. »Ach, ich kaufe und verkaufe ... wertvolle Dinge«, meinte er unbestimmt. »Und ich glaube nicht, dass mich das schon zu einem Schurken macht. Ich selbst sehe mich eher als so etwas wie einen Opportunisten.«
    »Dann muss man als Opportunist gut verdienen: Ihr Mantel ist aus sehr feinem Stoff, Ihre Taschentücher tragen Ihr Monogramm und dieses Automobil muss Sie ein Vermögen gekostet haben. Wenn ich mich nicht irre, gibt es in Dublin nicht sehr viele davon, besonders seit Beginn der Depression!« Ihr Scharfsinn überraschte Riordan. »Die meisten Menschen haben nicht einmalgenug zu essen, Sie dagegen
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