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Der Rosenmord

Der Rosenmord

Titel: Der Rosenmord
Autoren: Ellis Peters
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Leere. Cadfael ging zu ihm. Niall drehte den braunen Kopf herum, begrüßte ihn mit einem Nicken, richtete den Blick wieder auf den Brand.
    »Wie hat er dieses Höllenfeuer nur in Gang bekommen?« fragte Cadfael. »Gewiß nicht mit Feuerstein, Stahl und Zunder; schließlich wart Ihr ja im Haus. Es hätte sicher eine Viertelstunde gedauert, bis er die erste Glut entfacht hätte.«
    »Er ist auf dem gleichen Weg gekommen wie beim ersten Mal«, erklärte Niall, ohne den Blick von der Rauchsäule und der tanzenden, in den Himmel steigenden Asche zu nehmen. »Von der Wiese da unten, wo der Boden höher ist. Er hat nicht einmal den Garten betreten. Wahrscheinlich hat er über die Mauer hinweg Öl auf den Busch und auf den Weinstock gekippt und dann eine Fackel hinterhergeworfen. Das Holz fing sofort Feuer … und er verschwand in der Dunkelheit. Nichts können wir tun, nichts!«
    Nichts war zu retten, sie konnten nur der Hitze ausweichen und zusehen, wie allmählich die erste Wut erlahmte, wie die geschwärzten Äste von der Mauer herabsanken und vom glühenden Herzen des Brandes verzehrt wurden, während feine graue Ascheflocken hinaufschwebten wie Mottenschwärme. Nichts konnte man tun außer dankbar sein, daß die Mauer dahinter aus massivem Stein bestand, so daß sich das Feuer nicht auf die Nachbarhäuser ausbreiten konnte.
    »Er war ihr so teuer«, sagte Niall bitter.
    »Das war er. Aber wenigstens ihr Leben hat sie noch«, erwiderte Cadfael, »und sie hat seinen Wert wiederentdeckt.
    Sie weiß genau, wem außer Gott sie für dieses Geschenk zu danken hat.«
    Niall schwieg und starrte weiterhin grimmig das Feuer an. Es hatte sich erschöpft und legte sich in ein karminrotes Bett, während die Aschemotten im ganzen Garten herumschwirrten, da sie nicht mehr durch den Zug nach oben gerissen wurden.
    Zufrieden, daß das Schlimmste vorbei war, zogen sich die Nachbarn zurück und entfernten sich allmählich, um wieder zu Bett zu gehen. Niall schnaufte schwer und löste sich mit heftigem Schütteln aus seiner Benommenheit. »Ich wollte heute eigentlich meine Tochter zu mir holen«, erklärte er langsam.
    »Wir haben erst vor kurzem darüber gesprochen, daß es gut wäre, wenn sie jetzt bei mir wäre, denn sie ist kein kleines Kind mehr. Aber jetzt kommen mir Zweifel! Wenn ein solcher Irrer dieses Haus heimsucht, bleibt sie besser, wo sie ist.«
    »Doch«, widersprach Cadfael. »Tut es nur, bringt sie her! Ihr habt nichts mehr zu befürchten. Ab morgen, Niall, wird Euch dieser Verrückte nicht mehr heimsuchen. Das verspreche ich Euch!«
    Der Tag von St. Winifreds Grablegung dämmerte schön und sonnig mit einer frischen Brise, die im ersten Morgenlicht aufkam und den Brandgeruch über die Dächer der Vorstadt davontrieb, während die ersten Arbeiter die Brücke überquerten und die Gerüchte über den Brand in die Stadt trugen. Die Neuigkeit erreichte das Geschäft der Vestiers, sobald die Läden abgenommen wurden und der erste Kunde eintrat. Miles platzte mit empörtem Gesicht in Judiths Kammer. Er brachte schlechte Nachrichten und war noch unsicher, wie er sie schonend formulieren sollte.
    »Judith, anscheinend wurden wir im Zusammenhang mit deinem Rosenstrauch abermals von einem Unglück heimgesucht. Wieder ist etwas Eigenartiges geschehen, diesmal wurde niemand verletzt oder getötet, so schlimm ist es nicht. Trotzdem weiß ich, daß es dich bekümmern wird.«
    Gerade wegen des beruhigenden Tones seiner langatmigen umständlichen Einleitung war sie alles andere als beruhigt. Sie stand von der Fensterbank auf, wo sie mit Schwester Magdalena gesessen hatte. »Was ist jetzt schon wieder? Was ist geschehen?«
    »Es hat in der Nacht ein Feuer gegeben! Jemand hat den Rosenstrauch in Brand gesteckt. Er ist verbrannt, jedes Blatt, bis zum Stamm herunter, wie man sagt. Keine Knospe und kein Zweig ist übrig, und ganz gewiß keine Blüte, die dir übergeben werden könnte.«
    »Und das Haus?« wollte sie entsetzt wissen. »Hat auch das Haus Feuer gefangen? Wurde es beschädigt? Und Niall? Oder hat es nur den Busch getroffen?«
    »Nein, nein, nichts sonst wurde beschädigt. Mach dir keine Sorgen um den Schmied. Auch das Haus ist unversehrt. Ich hätte es bestimmt erfahren, wenn jemand verletzt worden wäre.
    Nein, beruhige dich, es ist vorbei!« Er faßte sie sanft und brüderlich an den Schultern und lächelte sie an. »Es ist vorbei, und nichts Schlimmes ist geschehen. Nur dieser schreckliche Strauch ist vernichtet, und ich
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