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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger
Autoren: James McGee
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Ähnlichkeit mit Catherine. Und diese Ähnlichkeit nutzte das Direktorium und später Napoleons Geheimdienst zu seinem Vorteil.«
    »Und was ist mit der richtigen Catherine?«
    Das Gesicht des Richters verhärtete sich. »Wie ihre Mutter, ihr Vater und ein jüngerer Bruder wurde sie durch die Guillotine hingerichtet. Die ganze Familie ist diesem Terror zum Opfer gefallen. Deshalb konnte Gabrielle Marceau diese Rolle auch so lange spielen. Aus gewissen Quellen habe ich erfahren, dass sie bei ihren Auftraggebern hohes Ansehen genießt.«
    »Wie schade, dass Ihre Quellen Sie nicht früher darüber aufgeklärt haben«, sagte Hawkwood. »Das hätte uns eine Menge Ärger erspart.«
    Der Oberste Richter nickte. »Da kann ich Ihnen nicht widersprechen.«
    »Und niemand hat diese Täuschung bemerkt?«
    »Alle, die die Familie Varesne gekannt haben, sind tot. Und wer hinter ihr Geheimnis gekommen ist, wurde eliminiert. Gabrielle Marceau steht unter höchstem Schutz. Sie ist … war eine ihrer besten Agenten und hat Napoleons Geheimdienst die Namen der Sympathisanten der Bourbonen, geplante Attentate und Invasionen verraten. Und sie wurde in höchste Kreise eingeschleust, um Lees Angriff auf die Thetis mit vorzubereiten.«
    »Und jetzt sitzt sie im Gefängnis.«
    »Ja«, sagte James Read.
    »Und wird am Galgen enden.«
    Wieder schüttelte der Oberste Richter zu Hawkwoods Erstaunen den Kopf.
    »Aber sie steckte doch nicht nur mit Lee unter einer Decke! Dieses miese Flittchen hat zwei Menschen ermordet! Sie hat den Wachmann auf der Kutsche erschossen und Master Woodburn erstochen!«
    Der kaltblütige Mord an Josiah Woodburn hatte Hawkwood mehr erschüttert, als er sich eingestehen wollte. Lee hatte zwar gesagt, er wolle Hawkwoods Leichnam nicht im Lagerhaus zurücklassen, damit keine Verbindung zwischen Lord Mandrake und ihm hergestellt werden könne. Deshalb hatte er den Runner im Unterseeboot mitgenommen. Gabrielle Marceau hingegen hatte diesbezüglich keine Bedenken gehabt und den Leichnam im Lagerhaus liegen gelassen.
    James Read erläuterte, welches Motiv seiner Meinung nach hinter dem Mord an Master Woodburn steckte.
    »Gabrielle Marceau wusste, dass Lord Mandrake unter Verdacht steht, und dass Sie nicht zufällig im Lagerhaus aufgetaucht sind. Und da Sie in Lees Gewalt waren, hielt sie ihre Mission wohl für beendet. Master Woodburn war ihr im Weg und hätte womöglich ihre Flucht gefährdet. Er war ihr lästig. Deshalb musste er beseitigt werden.«
    Es war entsetzlich, diesen Gedankengang nachzuvollziehen, aber er machte Sinn.
    Da dämmerte Hawkwood die schreckliche Wahrheit. Als Lee ihn gezwungen hatte, an Bord des Unterseeboots zu gehen, hatte Josiah Woodburn versucht, ihm mit Blicken eine Botschaft zu übermitteln. In diesem Augenblick war dem Uhrmacher klar gewesen, dass auch er zum Tode verurteilt war. Denn nur Hawkwood und er wussten von Lord Mandrakes Verrat.
    James Read legte Hawkwood die Hand auf den Arm – ein für den Richter ungewohnt spontaner Ausdruck des Mitgefühls – und sagte beruhigend: »Machen Sie sich keine Vorwürfe. Sie konnten es nicht verhindern.«
    »Ich habe ihn einfach zurückgelassen …« Hawkwood rang um Fassung.
    »Master Woodburn hat gewusst, dass Sie ihm nicht helfen konnten«, sagte der Oberste Richter und seufzte. »Er war ein sehr tapferer Mann.«
    Die Ermordung des Uhrmachers und die Wut, dass er auf die infame Intrige der falschen Catherine de Varesne hereingefallen war, schürten in Hawkwood einen heiligen Zorn. Er schwor sich, alle daran Beteiligten, vor allem diese falsche Schlange, zur Rechenschaft zu ziehen.
    Um seine drückenden Schuldgefühle etwas zu lindern, hatte Hawkwood noch einmal das Haus des Uhrmachers besucht. Er hätte sich diesen Weg ersparen können, denn James Read hatte dem Hauspersonal die Nachricht vom Tod Josiah Woodburns bereits überbracht. Diese schwere Pflicht hatte der Oberste Richter keinem seiner Mitarbeiter übertragen wollen. Doch seitdem hatte die Schuld schwer auf Hawkwood gelastet, dass er den Mord an Master Woodburn nicht hatte verhindern können. Er fürchtete sich nicht so sehr vor der Reaktion der Hobbs, sondern hatte Angst, der Enkelin des toten alten Mannes in die Augen sehen zu müssen.
    Die Hobbs hatten mit vor Trauer gezeichneten Gesichtern Hawkwood ins Haus gebeten. In dem Augenblick, als er über die Türschwelle getreten war, hatte er die Stille wahrgenommen und gespürt, dass Elizabeth nicht da war. Ob er darüber erleichtert
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