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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger
Autoren: James McGee
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wär’s für den Augenblick. Der Colonel wird sich zu gegebener Zeit mit Ihnen in Verbindung setzen. Mein Sekretär geleitet Sie nach draußen.« James Read öffnete die Tür und rief: »Mr. Twigg?«
    Johnstone schien sich an der abrupten Verabschiedung nicht zu stören. Wortlos folgte er Ezra Twigg ins Vorzimmer.
    Der Colonel hatte zwar ein freundliches Gesicht gemacht, aber Hawkwood konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Congreve nicht viel von Johnstone hielt.
    Der Richter kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Der Colonel nahm auf einem der Stühle Platz. James Read bat Hawkwood nicht, sich ebenfalls zu setzen. Er schien in Gedanken versunken zu sein. Schließlich sagte er: »Wir haben endlich herausgefunden, wen Lee mit ›höher gestellte Freunde‹ gemeint hat.«
    Während Hawkwood auf eine Fortsetzung des Richters wartete, rutschte der Colonel unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
    »Es war Admiral Dalryde.«
    Dalryde! Ein Mitglied des Admiralstabs! Kein Wunder, dass Congreve so unbehaglich zumute ist, dachte Hawkwood.
    »Wie sich herausstellte, hatte der Admiral hohe Spielschulden«, ergriff Congreve jetzt das Wort. »Er schuldete vor allem White’s große Summen. Durch die immensen Spielverluste ist Dalryde einem anderen Mitglied des Clubs aufgefallen.«
    »Lord Mandrake?«, riet Hawkwood aufs Geratewohl.
    James Read nickte. »Ja. Und Mandrake hat ihn mit dieser Frau bekannt gemacht. Der Admiral hat Mandrake erzählt, dass Sie mit diesem Fall betraut wurden. Am Abend des Balls war er in Mandrakes Stadtpalais.«
    Der Schatten zwischen den Büschen, dachte Hawkwood. Wie konnte ich nur auf diese perfide Intrige reinfallen.
    »Machen Sie sich keine Vorwürfe, Hawkwood. Diese Frau ist skrupellos und hinterlistig. Eine Kurtisane, mit allen Wassern gewaschen. Sie weiß ihren Charme einzusetzen. Admiral Dalryde war ihr verfallen. Außerdem versprach sie ihm die Tilgung seiner Schulden, wenn er Dinge preisgibt, die der Geheimhaltung unterliegen. Er war es, der sie informierte, mit welcher Kutsche der Kurier nach London fährt, wann der Stapellauf der Thetis in Deptford stattfindet und welche Fortschritte wir mit unseren Ermittlungen bei der Aufklärung des Überfalls auf die Postkutsche und dem Mord an Officer Warlock machen. Letzteres war natürlich von besonderem Interesse, weil dieser Mord, in Verbindung mit den Skizzen, Hinweise auf das Unterseeboot brachte.«
    »Dieser Bastard hat uns alle reingelegt!«, schimpfte der Colonel und schlug mit der Faust auf sein Knie. Dann stand er auf und marschierte rastlos im Zimmer auf und ab.
    »Er ist doch verhaftet worden, oder?«, fragte Hawkwood.
    James Read nickte.
    »Also wird er des Hochverrats angeklagt«, sagte Hawkwood.
    James Read schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht, verdammt noch mal?«
    »Weil uns der Mistkerl zuvorgekommen ist«, fauchte der Colonel.
    Hawkwood sah den Richter fragend an.
    »Der Admiral hat sich heute Morgen in seiner Zelle erhängt.«
    »Oh, verdammt! Und was ist mit Mandrake? Sagen Sie bloß nicht, dass auch er dem Henker entwischt ist.«
    James Read legte seine Hände flach auf den Schreibtisch und stand auf. »Mylord Mandrake ist in Liverpool an Bord eines Schiffs gegangen und befindet sich auf dem Weg nach Amerika. Ich furchte, Runner Lightfoot wird mit leeren Händen zurückkommen.«
    Hawkwood traute seinen Ohren nicht. Und er musste noch eine Frage stellen, die offen im Raum stand: »Und was ist mit dieser Frau?«
    »Oh, sie sitzt im Gefängnis und wird ständig überwacht. Bevor Dalryde sich erhängte, haben wir ihn verhört. Er war so freundlich, uns Lees Fluchtpläne zu verraten. Auf der dänischen Brigg haben wir sie festgenommen. Die Mannschaft wurde aufs Gefangenenschiff gebracht.«
    »Also«, hakte Hawkwood ungeduldig nach. »Wer, zum Teufel, ist sie?«
    James Read runzelte nur die Stirn.
    »Ich nehme an, sie ist nicht die Marquise de Varesne.«
    »Ah«, sagte der Richter und nickte bestätigend. »Ihre Annahme ist korrekt. Die Lady heißt Gabrielle Marceau, und sie ist gewiss keine Aristokratin – obwohl sie ihre Rolle perfekt gespielt hat. Sie ist, oder vielmehr war, ein Dienstmädchen.«
    »Ein Dienstmädchen? «
    »Ja, bei der richtigen Marquise. Deshalb konnte sie auch in deren Rolle schlüpfen. Ihre Familie steht schon seit Generationen im Dienst der Varesnes. Gabrielle Marceau war einst die Spielgefährtin der Tochter des Marquis. Die beiden waren etwa gleichaltrig, und Gabrielle hat eine verblüffende
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