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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser
Autoren: Herbie Brennan
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und obwohl seine Möglichkeiten, sie zu pflegen, gerade beschränkt waren, hatte er es immerhin zu einem limonengrünen Morgenrock und zu Pantöffelchen mit Edelsteinen gebracht.
    »Wirst du mich beschützen?«, fragte er neugierig. Bevor Clutterbuck noch antworten konnte, wiederholte Chalkhill selbst: »Steht nicht im Vertrag – ich weiß, ich weiß.« Er stand auf. »Hui-hui, Gefahr droht – passiert ja doch mal was Aufregendes!«
    »So kann man es auch ausdrücken, Sir. Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, dann überlasse ich es Ihnen, sich ihr zu stellen.«
    »Nein, flieh nur, Clutterbuck. Vielen Dank.« Chalkhills Augen waren auf die Tür gerichtet und er leckte sich mit einiger Erwartung die Lippen. Fast alles war besser als die endlose, schreckliche Eintönigkeit seiner Gefängnistage.
    Clutterbuck schloss auf, öffnete die Tür einen Spalt und schlüpfte hinaus. Gleichzeitig betrat eine riesenhafte Gestalt den Raum. Chalkhills gespannte Erwartung verflüchtigte sich im Nu. Das Wesen trug ein schwarzes Gewand mit einer Kapuze, die sein Gesicht völlig verbarg – bis auf die beiden glitzernden dunklen Augen. Es führte die große, scharfe Sense und die zeremonielle Eichenholz-Sanduhr eines öffentlich bestellten Exekutors mit sich.
    »Mein Gott«, sagte Chalkhill in plötzlicher Panik. »Sie haben tatsächlich den Auftrag, mich zu töten!«
     

Sieben
     
    D er Exekutor schien es ziemlich eilig zu haben. Wie ein Unheilsbote rauschte er durch die Gänge des Gefängnisses und zerrte Chalkhill hinter sich her.
    »Immer langsam mit den jungen Pferden«, keuchte Chalkhill. Bei diesem Tempo wäre er tot, bevor der Mann ihn noch hängen konnte.
    Am Haupttor wartete der Direktor auf sie. »Wo genau bringen Sie ihn eigentlich hin?«, fragte er den Exekutor.
    »Das brauchen Sie nicht zu wissen«, erklärte der Exekutor knapp. »Sagen wir einfach irgendwohin, wo niemand sehen wird, was ich mit ihm vorhabe.«
    »Vorzüglich!«, rief der Direktor. Er gab den Wachen ein Zeichen und die Tore schwangen langsam auf.
    Draußen stand eine schwarze Kutsche mit vier schwarzen Pferden. Ein buckliger Kutscher in schwarzem Mantel und schwarzem Dreispitz auf dem Kopf hielt die Zügel in seinen klauenartigen Händen. Zu Chalkhills Erstaunen waren die Fenster nicht vergittert. Der Exekutor verfrachtete ihn ins Innere und setzte sich – zu Chalkhills noch größerem Erstaunen – neben ihn. In dem Moment, als die Tür zufiel, fuhr die Kutsche mit einem brutalen Ruck an. Chalkhill sah aus dem Fenster und fragte sich, ob er den Sprung hinaus heil überstehen würde.
    Doch dann schob der Exekutor die Kapuze zurück und enthüllte ein Mondgesicht, das Chalkhill merkwürdig bekannt vorkam. »Harold Dingy«, sagte er und grinste. »Lord Hairstreak hat mich geschickt, um Sie da herauszuholen.«
    Chalkhill starrte ihn verblüfft an. Er hatte jahrelang für Lord Hairstreak spioniert, aber er wusste noch genau, was sie ihm eingebläut hatten – jeder Spion, der erwischt wurde, war auf sich allein gestellt. Black Hairstreak würde seine Existenz verleugnen und ihn verrotten lassen. Nichts anderes hatte er ja auch getan, seit Chalkhill ins Gefängnis geworfen worden war. »Und die Hinrichtungspapiere?«, fragte er misstrauisch.
    »Gefälscht, was sonst.« Dingy grinste. »Keine Sorge – er hat Arbeit für Sie.«
    Arbeit? Das war es also. Chalkhill entspannte sich. »Und was für eine Arbeit, wissen Sie nicht zufällig?«
    »Klar weiß ich das«, sagte Dingy, der immer noch breit grinste. »Sie sollen dafür sorgen, dass der junge Pyrgus Malvae nicht Purpurkaiser wird.«
     

Acht
     
    B lue fand ihren Bruder schließlich im Thronsaal. »Wo in aller Welt hast du gesteckt?«, fauchte sie. Er starrte auf die Reichskrone aus Gold und Amethysten, deren Purpurfeuer selbst durch die Vitrine hindurch funkelte und knisterte. Zwei Wochen noch, dann hatte Pyrgus sich den Kräften auszusetzen, die aus der Krone durch seinen Körper fließen und aus dem designierten Kaiser den Kaiser machen würden. Bevor er noch antworten konnte, fuhr Blue ihn ungeduldig an: »Ist ja auch egal – ich muss mit dir reden.«
    Pyrgus wandte sich wie ein Schlafwandler herum und sah sie ausdruckslos an.
    »Unter vier Augen«, sagte Blue.
    Pyrgus blinzelte. »Hier ist doch sonst niemand.« Er war mit seinen Gedanken eindeutig woanders.
    »Ach, Herrgott noch mal, Pyrgus!« Der Thronsaal war für öffentliche Verkündigungen entworfen worden, die Akustik in seinen Galerien trug
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