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Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition)
Autoren: Joana Brouwer
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einer schmalen Taille, kleinen Brüsten und blonden Haaren, die mindestens bis zur Schulter reichen. Goldhaar, nannte Schöllen es. An manchen Tagen, sagte Schöllen mir, wurden sie nicht fündig. Dann legten sie sich schlafen und setzten ihr Spiel eben am nächsten Tag fort. Wenn sie diese Frau, die sie ihre Puppe nannten, entdeckt hatten und die Umgebung es zuließ, stoppten sie das Auto, stiegen aus und gaben alles daran, dass die Puppe Angst bekam. Das Spiel funktionierte nur, wenn sie sich in Bewegung setzte und vor ihnen weglief. Denn Spaß machte nicht nur das anschließende Einfangen, Vergewaltigen und Quälen, Freude bereitete ihnen besonders die Jagd. Sie wurde so lange wie möglich ausgedehnt und endete erst, wenn das Opfer vor Erschöpfung keinen Fuß mehr vor den anderen setzen konnte und sich ihnen kampflos und um Gnade bettelnd ergab.« Thomas Orthes wandte sich an seinen Anwalt. »Gibst du ihnen bitte meine Aufzeichnungen, Volker?«
    Dr. Heidmann öffnete seine Aktentasche, entnahm ihr einen Umschlag und reichte ihn Dieter. »Herr Orthes hat die Orte und die Daten, an denen die Brüder nach Herrn Schöllens Angaben Puppenfangen gespielt haben, notiert. Möglicherweise liegen Anzeigen dazu vor. Es handelt sich um mehrere Delikte, die zwischen 1992 und 1995 stattgefunden haben sollen.«
    Thomas Orthes blickte Dieter direkt in die Augen und sagte knapp: »Es ist gut, dass ich sie getötet habe. Ich bereue es nicht. Aber ich werde mich dafür einsperren lassen, weil der Mensch, der ich war, ehe sie Alexandra umbrachten, mir sagt, dass ich nicht Richter und Henker sein darf.«
    *
    Auf Dieter warteten zwei neue Nachrichten, als er aus dem Vernehmungsraum kam. Die erste war von seinem Kollegen Friedrichs, der ihm mitteilen ließ, man habe in Wanners Karpfenteich eine interessante Entdeckung gemacht. Von seinem Kollegen Torben erfuhr er, dass eine Frau Isabel Steinen bereits am frühen Nachmittag zu einem Rundumalarm aufgerufen hatte, weil ihre Freundin, Frau von der Heide, wie vom Erdboden verschluckt sei. Daraufhin versuchte Dieter erfolglos, Heide auf ihrem Handy anzurufen, telefonierte mit einer aufgebrachten, übernervösen Helen und einer weinerlich klingenden Isabel, warf einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte entsetzt fest, dass seine Schöne nunmehr länger als drei Stunden nicht zu erreichen war. Ihn quälte der Gedanke, dass er etwas Wesentliches übersehen haben könnte. Er bat Anton, die Unfallberichte des Tages einzusehen, alle Daten noch einmal zu überprüfen und ihn umgehend zu benachrichtigen, falls irgendwelche Meldungen eingingen, die auch nur im Entferntesten in einem Zusammenhang mit seiner Lebensgefährtin, Frau von der Heide, stehen konnten. Tatsächlich erging es ihm wie den Familienangehörigen und Freunden, die sich auf der telefonischen Suche nach Heide befanden. Auch er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie eine Einladung zu Celias Geburtstagsbrunch vergessen hatte, zumal er sie noch darauf angesprochen hatte, als sie miteinander telefonierten.
    Ehe er sich mit Michel auf den Weg nach Holte machte, versuchte er erneut, einen Kontakt zu Miss Marple herzustellen, und setzte sich, als ihm das nicht gelang, noch mal mit der Detektei in Verbindung. Helen erklärte ihm unwirsch, er wisse doch, dass sie Heide nicht erreichen könne und deswegen bereits ganz kribbelig sei. Es müsse etwas Unerwartetes geschehen sein, denn für den Vormittag sei lediglich ein Familienbrunch im Kalender eingetragen. Genau das habe sie schon dem Vater, der Schwägerin, dem Bruder und der Freundin ihrer Chefin erklärt, und ein jeder von ihnen sei genauso beunruhigt wie sie selbst. Außerdem sei sie sehr verwundert, dass auch er nicht wisse, wo Heide sich aufhalte. Dieter räusperte sich, während Helen sprach, und legte den Hörer auf, ohne ihr zu antworten. Er wusste, dass seine Stimme die Angst um Heide verraten würde.
    *
    Heide lag noch immer auf dem Steinboden, als sie wieder zu sich kam. Ihr Kopf schmerzte mehr als zuvor. Sie erblickte eine in Nebel eingetauchte Beate, hinter Beate die verschwommenen Umrisse eines Regals und auf den schiefkantigen Regalbrettern ineinander gewachsene Weckgläser. Ihre Hand, auf der Beates Fuß gestanden hatte, bevor die Ohnmacht sie wohltätig ins Reich der Schlafenden geschickt hatte, war jetzt mit einer Paketschnur an einem Heizungsrohr festgezurrt. »Warum machst du das?«, fragte sie leise und wunderte sich, dass jedes ihrer gesprochenen
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