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Der Puppenfänger (German Edition)

Der Puppenfänger (German Edition)

Titel: Der Puppenfänger (German Edition)
Autoren: Joana Brouwer
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Worte doppelt und dreifach durch den Kellerraum hallte. »Du hast mich gebeten, dir zu helfen. Warum, Beate?«, flüsterte sie bemüht, die Stimme zu ignorieren, die jeden gesprochenen Satz in ihrem Kopf wiederholte. Dabei bewegte sie verzweifelt ihre Handgelenke, um die Schlinge zu lockern. »Ich begreife es nicht.«
    »Das musst du nicht«, antwortete Beate. »Du bist unwichtig, eine Fliege, lästig, nicht mehr.«
    Heide schloss die Augen, während ihre Gedanken begannen, Karussell zu fahren. Beate drehte sich um, verließ den Kellerraum, kam aber sofort mit einem Stuhl in beiden Händen wieder zurück.
    Sie stellte den Stuhl vor Heides Füße, achtete dabei auf einen größeren Sicherheitsabstand, setzte sich, richtete die Pistole wieder auf sie und kicherte: »Die dumme Beate ist vielleicht schlauer, als du denkst.«
    »Warum hast du mich angerufen und um meine Hilfe gebeten, Beate?«
    »Wann habe ich dich angerufen?«, fragte Beate kühl, mit einem ironischen Lächeln um die Mundwinkel.
    »Am Mittwochabend!«
    »Wann genau?«
    »Etwa um halb zwölf. Dieter und ich schliefen bereits«, erwiderte Heide und dachte, jetzt ist sie vollkommen irre geworden.
    »Da bist du dir ganz sicher? Von wo aus habe ich dich angerufen und womit?«
    »Ich weiß es nicht, aber das ließe sich feststellen. Ich denke, du warst in deinem Haus, vielleicht auch bei Thomas Orthes. Ich habe Musik gehört, ich habe seine Stimme gehört. Ich glaube, er hatte dir einen Tee gemacht.«
    »Das würdest du vor jedem Gericht der Welt aussagen?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Siehst du, du bist gut! Hast ein tolles Gedächtnis!«
    Allmählich gewann Heide Klarheit, diffuse Gedankengänge lichteten sich und bekamen eine Ordnung. Sie zerrte heftig mit ihrem Handgelenk an der Schnur, musste aber zu ihrem Leidwesen feststellen, dass die Schlaufe sich mit jeder Bewegung fester zusammenzog und tiefer in ihre Haut einschnitt. »Was ist an diesem Mittwoch, etwa um halb zwölf in der Nacht, geschehen, Beate?«, fragte sie und verfluchte insgeheim ihre Neugierde. Sie wusste durchaus, dass mit jeder zusätzlichen Information, die Beate ihr anvertraute, die Chance, aus dieser unsäglichen Angelegenheit unbeschadet herauszukommen, sich um ein Vielfaches verringerte.
    Beate lachte. »Wir haben miteinander telefoniert! Du und ich! Das hast du selbst eben gesagt. So! Jetzt weißt du es. Für mich ist das Thema Thomas Orthes erledigt. Für ihn gehe ich nicht in den Bau.«
    Heide schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen das Heizungsrohr. Sie hatte entsetzliche Kopfschmerzen, ihr war übel, und obwohl sie sonst beim kleinsten Luftzug fror, merkte sie jetzt, dass ihre Bluse klatschnass war. Schweiß rann ihr die Achselhöhlen hinunter, kroch ihr von den Haaren bis in den Nacken und klebte an ihrem Gesicht.
    »Ich hatte angenommen, es geht ihm besser, wenn er mit Alexandras Vergewaltigern abgerechnet hat. Ich habe alles für ihn getan. Wenn er sie gerächt hat, muss sie ihn freigeben, dachte ich. Dann kann er mich endlich lieben. Doch die Morde haben nichts verändert. Tommy hat ihr Rosen aufs Grab gelegt, als Schöllen und Laxhoff schon nicht mehr lebten.«
    »Stell dich der Polizei, Beate!«
    »Du bist irre.«
    »Warum hast du ihm geholfen?«
    »Ich habe ihn geliebt. Mehr als jeden anderen Menschen. Aber er hat mich betrogen. Weißt du, wie man sich fühlt, wenn man in jeder Nacht, an jedem Tag, immer und immer wieder von dem Menschen, den man über alles liebt, mit einer Toten betrogen wird? Weißt du, wie ich mich gefühlt habe, wenn er mich seine Nymphe genannt hat?«
    »Nymphe?«
    »Alexandra war seine Nymphe. Immer nur Alexandra, Alexandra, Alexandra. Zum Kotzen war das. Mir wurde speiübel, wenn er über sie gesprochen hat! Er war schon verrückt nach ihr, als wir Kinder waren. Immer hockten sie zusammen, die vier. Richard und Christina und Alexandra und Tommy. An die kam ich nicht ran, ich hab das einfach nicht geschafft, ganz gleich, wie viel Mühe ich mir gegeben hab. Ich stand außen vor!« Beates Stimme hatte einen anderen Klang bekommen. Sie wirkte jetzt weinerlich und fast wie die eines Kindes. »Simone hat mich auch verraten«, sagte sie.
    Heide sah, dass sich Beates Augen mit Tränen füllten. »Deine Schwester hat dich verraten? Ihr habt euch doch immer sehr gut verstanden«, entgegnete sie perplex.
    »Sie wollte mich allein zurücklassen und mit Richard und den Kindern klammheimlich verschwinden. Dabei weiß sie ganz genau, wie viel Richard mir
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