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Der Puppen-Galgen

Der Puppen-Galgen

Titel: Der Puppen-Galgen
Autoren: Jason Dark
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näher erklären?«
    »Deshalb sind wir hier.«
    »Also gut.« Ich nahm den zweiten Schluck Wein und fand ihn ebenso gut wie den ersten. »Um was geht es?«
    »Um meinen neuen Auftrag«, erklärte mir die Detektivin mit einem kantigen Lächeln. Sie schüttelte den Kopf. »Es ist wirklich außergewöhnlich, John, und in all meiner Zeit habe ich so etwas noch nicht erlebt.«
    »Sag schon, was dich bedrückt.«
    Sie runzelte die Stirn und spielte mit ihrem Weinglas, dessen Untersatz sie kreisen ließ. »Es geht darum, daß ich etwas bewachen soll. Kein Haus, keine Wohnung direkt, sondern eigentlich das, was sich in ihr befindet.«
    »Und das wäre?«
    »Puppen!«
    Ich ruckte vor. »Bitte?«
    Jane nickte mir zu. »Ja, du hast richtig gehört, John. Ich soll Puppen bewachen. Jede Menge Puppen. Weibliche, männliche, auch Babypuppen. Ein Wahnsinn!«
    Ich erwiderte erst mal nichts, weil ich nachdenken mußte. »Das ist tatsächlich ungewöhnlich – oder auch nicht, wenn die Puppen wertvoll sind.«
    Jane verzog den Mund. »Sind sie das?«
    »Das fragst du mich?« wunderte ich mich. »Das mußt du doch am besten wissen.«
    »Müßte ich«, gab sie zu. »Aber ich habe da meine berechtigten Zweifel, John.«
    »Warum das denn?«
    »Tja«, sagte Jane und schaute dabei aus dem Fenster in den kahlen Garten hinein. »Wenn ich das nur genau wüßte, wäre mir auch wohler. Ich bin zwar keine Expertin, aber ich traue mir schon zu, beurteilen zu können, ob eine Puppe wertvoll ist oder nicht.«
    »Dann sind deine Puppen nicht wertvoll?«
    »Das kann man so auch wiederum nicht sagen. Jedenfalls sind sie nicht alt. Und als alt meine ich damit neunzig oder hundert Jahre. Das sind keine Porzellanpuppen, sondern völlig normale, und sie bestehen auch aus einem anderen Material. Aus Kunststoff. Natürlich sind sie für den Besitzer wertvoll…«
    »Besitzer?« fragte ich dazwischen.
    »Nein, das ist falsch. Es ist eine Besitzerin. Sie heißt Melle Fenton.«
    »Ein komischer Name«, gab ich zu. »Zumindest der Vorname.«
    »Ja, da hast du recht. Sie selbst ist auch seltsam, wenn du sie kennenlernen würdest. Sie ist eine introvertierte Frau. Sie lebt mit ihren Puppen. Sie sieht sie als Kinder an, und manchmal spricht sie auch mit ihnen, als wären sie lebende Personen.« Jane trank einen kleinen Schluck Wein. »Ich jedenfalls habe da meine Schwierigkeiten, mit diesen Puppen zurechtzukommen und natürlich auch mit dem Verhalten der Melle Fenton.«
    »Aber du sollst die Kinder bewachen«, stellte ich leicht spöttisch fest.
    »Richtig. So ist es.«
    »Warum bewacht die Puppenmutter sie nicht selbst?«
    Jane hob die Schultern. »Das weiß ich auch nicht genau. Sie ist allerdings nicht immer im Haus. Wenn sie unterwegs ist, habe ich die Aufgabe, die Puppen zu bewachen. Ich sitze in ihrem Haus, schaue sie mir an und gehe durch die Zimmer, wo sie verteilt sitzen, denn es gibt keinen Raum, wo nicht eine Puppe ihren Platz gefunden hat. Es könnte alles normal sein, ich werde auch gut für diesen Job bezahlt, sogar überdurchschnittlich gut, aber ich fühle mich trotzdem verdammt unwohl, John. Sehr unwohl sogar, wenn ich allein mit den Puppen bin.«
    »Warum denn?«
    »Hm. Das ist nicht leicht zu erklären. Andere würden mich auslachen, aber du sicherlich nicht, weil du ja ebenfalls ein Gefühl für gewisse Dinge hast.«
    »Manchmal.«
    »Bei mir hat sich das Gefühl verstärkt. Ich habe einfach den Eindruck, von Feinden umgeben zu sein.«
    »Aha«, sagte ich und fragte dann: »Du siehst die Puppen also als deine Feinde an?«
    »Sie hassen mich, John!«
    Hätte nicht Jane Collins vor mir gesessen, sondern eine andere Person, hätte ich gelächelt. Aber Jane war anders, sie kannte sich in gewissen Dingen aus, sie wußte, daß es noch andere Mächte gab, die uns meist nicht eben freundlich gegenüberstanden.
    »Ich kann noch deutlicher werden, John. Ich habe immer das Gefühl, in einer Falle zu stecken, wenn ich mich in diesem verdammten Haus aufhalte.«
    »Dann laß den Job doch.«
    Plötzlich blitzten ihre Augen. »Nein, das nicht. Jetzt erst recht nicht. Ich habe Blut geleckt. Ich weiß, daß mehr dahintersteckt, und ich möchte herausfinden, was es ist.«
    »Tatsächlich?«
    »Frag nicht so skeptisch, John. Du kennst dich doch selbst. Wenn dich einmal ein gewisses Gefühl überkommen hat, wenn du ahnst, daß etwas hinter einer Sache stecken könnte, dann gibst du doch auch nicht auf – oder? Dann hängst du dich rein.«
    »Das kann ich nicht
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