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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition)
Autoren: Christina Czarnowske
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Hauptstadt im Norden das Telefax unterschrieben hat.
     
    Abends begebe ich mich abermals, zusammen mit Sophie, meiner Assistentin und zwei weiteren Kollegen, zum Minister.
    Jetzt geht es um die Einzelheiten: die ersten Fakten, Möglichkeiten, unsere Zweifel, Varianten für operative Pläne. Der Minister schiebt nach seiner Gewohnheit die halb volle Kaffeetasse auf dem Schreibtisch hin und her, hört zu, liest einige der bereits vorliegenden Berichte über UNIKS und seine Arbeitsgruppen.
    Ich gebe Erläuterungen. Doktor Bresson war in einer dieser Arbeits-, oder wie es offiziell heißt: Expertengruppen von UNIKS. Das sind Teams von drei, vier Mann, die zum Erfahrungsaustausch in die sogenannten regionalen Basen geschickt werden. In Krongatan, einer der ältesten Universitätsstädte Europas, befindet sich die regionale Basis zur Erforschung des Blutes.
    Ich erkläre, soweit ich das vermag, auch Doktor Bressons Spezialgebiet. Als ich zu „angeborener und erworbener Resistenz des Organismus“ gelange, merke ich, dass ich es nicht übertreiben darf. Sophies Blick wird außerordentlich durchdringend, die Kaffeetasse rührt sich nicht vom Fleck.
    Es folgen Fragen, inwieweit diese Untersuchungen etwas Besonderes sind oder nicht, wer sich im Ausland für diese Dinge interessiert, und meine Erklärung, wer das sein könnte. Die wissenschaftlichen Interessen gewisser Zentren sind sehr breit gefächert, sie schließen wahrscheinlich auch die Frage der Resistenz ein, mit einem Wort, der Widerstandsfähigkeit des Organismus.
    „Geben Sie die operativen Pläne her, Dr. Bouché“, sagt der Minister.
    Die operativen Pläne passieren ohne große Erörterungen. Bei einem banalen Verkehrsunfall gibt es nicht viel zu klären.
    Außer der Frage: ob es ein Unfall war und ob er banal ist. Aus einer Entfernung von zweitausend Kilometern kann sich das Wort „Unfall“ aus einem skandinavischen Land recht bedenklich anhören. Und dann ist der Nutzen vorheriger Analysen ziemlich zweifelhaft. Solange wir keine Einzelheiten kennen, sind unsere Vermutungen gegenstandslos.
    Die Erörterungen sind kurz und, wie man so sagt, von gedämpftem Optimismus geprägt. („… es ist sehr wahrscheinlich, dass es ein Unfall ist, aber…“, „… Sie müssen hinfahren, Dr. Bouché, Sie haben ihn gekannt…“) Und wieder das Gefühl, dass dieser Mensch, dessen Fotos ich im Hefter habe, ein anderer Yanis Bresson ist als Yanni. Es gibt Dinge, die das Bewusstsein registriert, denn darauf ist es abgerichtet, die es aber danach beharrlich von sich weist und nicht akzeptieren will.
    Der Beschluss lautet, dass ich fliege, und sollte es nötig werden, kommt Sophie später nach. Ich beginne ein Telefax aufzusetzen, und meine Assistentin Sophie erhält den undankbaren Auftrag, mir für morgen ein Flugticket zu besorgen.
     
    Der Mann, der mich abholen soll, steht am Ausgang der Halle und beobachtet aufmerksam den von den Zollbeamten durchgelassenen Menschenstrom. Ein hochgewachsener, weißhaariger Mann um die Fünfzig, einer der Botschaftsräte. Irgendwo habe ich ihn schon einmal gesehen – das schmale, braune Gesicht mit den dunklen, ein bisschen tief liegenden Augen ist mir bekannt. Und er kennt mich wahrscheinlich auch, denn er kommt sofort auf mich zu und gibt mir die Hand.
    „Simon Lalande. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.“
    „Sie wissen“, sage ich, „dass ich von hier nach Krongatan weiterfliegen muss. Können wir irgendwo ungestört reden? Ich habe“ – ein Blick auf meine Uhr –„eine runde halbe Stunde Zeit.“
    „Oben, im Café.“ Er nickt. „Wäre Ihnen das recht, angesichts…“
    „Doch, doch.“
    Ich weiß, was er meint. Die moderne Technik hat Neugierige mit den verschiedenartigsten Geräten ausgestattet. Fürs Erste kann ich aber frei von der Leber weg über den Fall sprechen, da wir erst am Anfang stehen.
    Simon Lalande führt mich zur Rolltreppe, indem er einen Bogen um lärmende Touristengruppen mit Rucksäcken – hochgewachsene blonde junge Männer und lang aufgeschlossene junge Frauen – schlägt, um Leute mit blassen nordländischen Blumen, die jemanden abholen, und um Kofferpyramiden. Er macht den Eindruck eines selbstsicheren, erfahrenen Mannes.
    Im Café ist es ruhig und ziemlich kühl, nur zwei, drei Tische sind besetzt. Wir setzen uns in eine Ecke, ich ziehe eine Karte aus der Tasche und entfalte sie auf dem Tisch, während Lalande für sich Kaffee und für mich Tee bestellt.
    „Jetzt zum Stand der Dinge“,
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