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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition)
Autoren: Christina Czarnowske
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Fahrt auf den hohen Laster! Und er hat bestimmt Zeit gehabt, die Lichter zu sehen, solche Fernlaster sind mit Begrenzungslichtern behängt wie Weihnachtsbäume.
    Ich sehe Lalande an. Der nickt. Ja, das ist es, was ihm aufgefallen ist. Jeder weiß, dass man in solchen Situationen auf die Bremse tritt. Es sei denn, man kann es nicht.
    „Wie haben sie das festgestellt?“, erkundige ich mich. „Oder ist es bloß eine Vermutung?“
    „An den Spuren auf dem Asphalt. Keinerlei Bremsspuren.“
    „Und erklären sie es irgendwie?“
    „Nein. Aber der Reporter hat nicht gewusst, dass Doktor Bresson nicht betrunken war. Kein Alkohol, nicht die Spur, das ist bewiesen… Das ist einer der Gründe, weshalb man die Erlaubnis für Sie und eventuell Ihre Assistentin erteilte. Immerhin handelt es sich um einen Franzosen… Mit einem Wort, sie wollen sich nichts nachsagen lassen.“
    „Wer leitet die Ermittlungen?“
    „Der Kommissar in Krongatan. Das ist eine Bezirksstadt, es gibt ein Bezirkskommissariat. Trotzdem, wenn Sie es für notwendig halten, bitten wir darum, dass jemand von hier hinzugezogen wird.“
    „Besser nicht. Und noch eine Frage. Haben Sie Doktor Bresson gekannt?“
    „Flüchtig“, antwortet Simon Lalande zögernd. „Ihre Papiere kommen zu uns, sie bitten manchmal um kleine Gefälligkeiten… Und wir organisieren auch Zusammenkünfte zu den Feiertagen. Das letzte Mal war’s zum Nationalfeiertag, dem vierzehnten Juli, wir haben miteinander gesprochen.“
    „Wie fanden Sie ihn?“
    „Ja…“ Simon Lalande zögert wieder ein, zwei Augenblicke und streicht über sein weißes Haar. „Ich weiß nicht, er war schon immer nicht wie die anderen… Nein, nichts Schlechtes! Ich verstehe einfach nichts von seinen Dingen, sie sind sehr speziell.“
    Klarer Fall. Yanni hat ihn in seine Seren eingeweiht. Kann mir vorstellen, wie sich das angehört hat.
    „Sah er besorgt aus, bedrückt?“
    „Nein, nein. Den Eindruck hatte ich nicht. Nur mit seiner Tochter hatte er Sorgen. Er wollte sie zu sich holen, um sie hier auf die Schule zu schicken, aber es hätte da irgendwelche Schwierigkeiten gegeben.“
    Das von den Schwierigkeiten ist mir in groben Zügen bekannt. Yanni war geschieden, seine Tochter, ein Mädchen von etwa zehn Jahren war bei seiner ehemaligen Frau geblieben, und die ließ die Kleine nicht fort.
    „Und die anderen?“, erkundige ich mich. „Wie ist die Situation bei denen in Krongatan?“
    „Wie kann sie schon sein. Sie machen sich Sorgen. Doktor Hanna Falk hat seit gestern zweimal angerufen. Man wartet auf Sie.“
    Hanna Falk hat angerufen – ganz natürlich. Sie ist die zweite französische Ärztin in Krongatan. Aber hatte sie etwas zu sagen, etwas, das für mich von Wichtigkeit ist? Und wieso erwähnt Lalande nicht den Dritten, Hausen?
    Simon Lalande scheint meine Gedanken erraten zu haben.
    „Doktor Leo Hausen bietet ebenfalls seine Hilfe an. Das müssen Sie entscheiden.“
    Sehr widerstrebend. Als hätte er etwas gegen den Doktor Hausen, einen jungen Arzt.
    Aber ich habe jetzt keine Zeit für psychologische Analysen. Mein Flieger nach Krongatan geht in fünfzehn Minuten.
    „Ich habe eine Bitte“, sage ich, „dass Sie im Department anrufen und sie bitten, mich in Krongatan abzuholen.“
    Simon Lalande schaut auf die Uhr.
    „Selbstverständlich. Will nur mal nachsehen, ob um diese Zeit noch jemand da ist.“
    Wir stehen auf, und ich falte die Karte zusammen.
    Die Straße von Krongatan nach Garvaregarden. Was hat sich auf dieser Straße abgespielt?
    2. Kommissar Jacob Öberg
     
    Hinter dem runden Fenster des Fliegers erscheinen ein paar Wolkenfetzen. Die Tragfläche neigt sich, zerschneidet die Wolken, und im Fenster blitzt das blaue Meer auf. Dann hebt sich die Tragfläche, an die Stelle des Meeres tritt das gläserne Rosa des Himmels. Wir sinken. Am Horizont wachsen wie erstarrte Wolken Bergkämme in die Höhe. Danach verschwinden auch sie.
    Der Flieger rast über die Landebahn, vom gelben Licht eines Pilotautos geführt, bleibt gehorsam an der ihm zugewiesenen Stelle stehen und wird still. Der dumpfe Schmerz in den Ohren ist noch nicht ganz abgeklungen, doch ich stehe auf und warte mit den anderen Passagieren geduldig vor dem Ausstieg.
    Draußen ist es kühler als in Paris, aber nicht kalt. Über dem Flugplatz liegt ein milder Herbst, wie wir ihn auch bei uns haben, nur ein bisschen später, mit feinen Spinnwebfäden, die im Nachmittagslicht schweben. Ich steige die Gangway hinab, atme
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