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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
Autoren: Lucy Dillon
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waren nachts durch sternenhelle, menschenleere Straßen geschlendert, hatten Händchen gehalten und gemeinsam geschwiegen, während die Kirchenglocken die volle Stunde schlugen. Tagsüber aßen sie Croissants, tranken heißen Kaffee, klapperten der Reihe nach die alten Kirchen sowie die mit Reif bedeckten Parks und Gärten ab und verhielten sich nicht wie zwei Erwachsene in ihren Dreißigern, die ihr erstes gemeinsames Wochenende miteinander verbrachten, sondern eher wie alberne Teenager auf Klassenfahrt.
    Manchmal gerieten sie ein wenig in Verlegenheit. Rory schien fest entschlossen zu sein, jedes kleinste bisschen Wissen, das er über die Pariser Architektur besaß, an Michelle weiterzugeben, ganz gleich, ob sie es hören wollte oder nicht. Und Michelle konnte ihrerseits nicht von heute auf morgen ihre jahrelangen Hemmungen im Hinblick auf ihren Körper ungeschehen machen. Doch Rory war geduldig, während Michelle bestrebt war, die Mauern, die sie um sich herum aufgebaut hatte, einzureißen. So umschifften sie Zentimeter für Zentimeter die haarigen Momente. Die gelegentliche Stille, die sich zwischen den Croissants und ihren Küssen ausbreitete, genossen beide wie die sanfteste aller Kaschmirdecken. Michelle fühlte sich gleichermaßen sicher und abenteuerlustig, so wie sie es sich von ihrem Leben immer erträumt hatte.
    Sie war sich nicht hundertprozentig sicher, da sie außerhalb der Romane von Jilly Cooper diesbezüglich keine Erfahrung hatte, aber sie war überzeugt davon, sich gerade zu verlieben. Und der Art nach zu urteilen, wie Rory sie ansah, mit dieser stillen Bewunderung und einer Art Verwirrung, von der sie schon einmal gelesen hatte, fragte sie sich, ob auch Rory sich gerade in sie verliebte.
    Silvester war ein klarer, aber eiskalter Tag, an dem sich am blassen Himmel ein Hauch von Schnee ankündigte. Mit anderen Worten: ein perfekter Tag, um mit dem Hund nach draußen zu gehen. Oder, wenn man von zwei Freundinnen sprach, die früher andauernd zusammen Gassi gegangen waren, mit zwei Hunden.
    Michelle stand mit Tarvish in seinem karierten Mäntelchen bei den McQueens vor der Haustür und ging gerade noch einmal durch, was sie Anna sagen wollte, wenn sie ihr gleich die Tür aufmachen würde.
    »Keine Widerworte, wir gehen jetzt einen Kaffee trinken!« Ein wenig einschüchternd war das vielleicht. Möglicherweise hatte sie gerade alle Hände voll zu tun, das Haus für die Rückkehr der Mädchen auf Vordermann zu bringen.
    »Ich habe dir ein Geschenk aus Paris mitgebracht!« Stimmte zwar, klang aber dennoch irgendwie wie vorgeschoben.
    »Hey! Hast du das Telefon abgestellt?« Auch das stimmte. Wirkte aber vielleicht einen Hauch zu oberschlau.
    Michelle runzelte die Stirn. Warum war sie bloß so nervös? Warum dachte sie sich sogar Entschuldigungen aus – obwohl sie gar keine nötig hatte?
    Da öffnete sich die Tür, und sie war überrascht, Phil vor sich zu sehen. Er trug noch seinen Morgenmantel und hatte ungewaschenes, plattes Haar. Einen Augenblick lang fragte sich Michelle, ob sie vielleicht ein romantisches Intermezzo unterbrochen hatte. Doch Phils niedergeschlagene Miene ließ etwas anderes befürchten.
    »Frohe Weihnachten«, wünschte sie, hielt dann aber inne. »Phil, alles in Ordnung mit dir? Du siehst furchtbar aus. Tut mir leid.«
    »Wenn du hier bist, um mit Anna zu sprechen: Sie ist nicht hier.« Er fuhr sich mit der Hand über das stoppelige Kinn.
    »Oh. Ist sie zu ihren Eltern gefahren?«
    »Nein.« Er zögerte kurz. »Sie ist in die Wohnung über dem Laden gezogen«, gab er schließlich zu.
    »Was? In Owens Wohnung?«
    Er nickte.
    »Wann?« Michele konnte es nicht fassen, dass sie davon nichts bemerkt hatte, aber weder sie noch Rory hatten in den letzten Tagen dort viel Zeit verbracht.
    »Seit wir die Mädchen zum Flughafen gebracht haben. Also schon vor Weihnachten.«
    Michelle starrte auf Phils Morgenmantel, an dem Vollkornkekskrümel klebten, und bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. »Ich glaube, ich komme besser mal herein«, erklärte sie und trat über die Türschwelle.
    Michelle kochte eine Kanne Tee – wie Anna es getan hätte – und lauschte schweren Herzens, wie Phil von den deprimierenden Details ihres Weihnachtsfests berichtete.
    Es hatte der Form halber ein flüchtiges Essen gegeben, kein Gespräch, danach hatten sie dann schweigend einen Film angeschaut, bevor Anna die Essensreste in Frischhaltefolie eingepackt hatte und in die Wohnung zurückgekehrt war.
    »Sie
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