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Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)

Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)

Titel: Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
Autoren: Torsten Fink
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hatte keine Ahnung, wo sich die geheime Kammer befand, die er öffnen sollte. Sie sprang über die weißen Felsen und versuchte, nicht darüber nachzudenken, dass ein findiger Schatten diesen Ort sehr wohl aufspüren könnte.
    Sie erreichte eine stehende Felsplatte, die mit zahlreichen roten Handabdrücken verschmiert war. Die meisten waren lange verblasst, kaum zu erkennen, aber wenigstens einer war ganz neu und frisch. »D er Alte Lenn«, murmelte Jamade. Seine magischen Zeichen sorgten dafür, dass es einen halbwegs sicheren Weg nach Aban gab.
    Leider kannte sie diesen Pfad nicht, denn die Oberen hatten den Schülern verboten, ihn zu benutzen, und es war ein Verbot jener Art gewesen, über das man sich besser nicht hinwegsetzte. Die jungen Schatten hatten seinerzeit vermutet, dass der Weg irgendein spektakuläres Geheimnis offenbaren würde. Einer von ihnen– Jamade erinnerte sich nicht an seinen Namen, aber es war ein schmaler, verwegener Knabe aus dem fernen Tenegen gewesen–, hatte alle Warnungen in den Wind geschlagen und sich aufgemacht, ihn zu erkunden. Er war nie zurückgekehrt, und die Meister hatten kein Wort über sein Schicksal verloren. Allerdings hatte es nach dieser Geschichte eine Woche lang kein Abendessen gegeben– für keinen der Schüler. Später hatten die Meister sie doch hin und wieder nach Aban geführt, aber nie über Lenns Pfad.
    Hinter dem nächsten Grat ragten schon die Zinnen des Turmes auf. Im Grunde genommen war die Festung nichts anderes: ein Turm, errichtet in den glücklicheren Tagen Bariris, um die Insel vor einem Angriff von See zu warnen und zu schützen. Er war später zu einer Burg ausgebaut, aber nicht verteidigt worden, als man um die Stadt gekämpft hatte. Er war wieder besetzt worden, nachdem die Kämpfe mit der langen Belagerung einer toten Stadt ein Ende gefunden hatten. Irgendwann waren die Besatzer abgezogen, und die Schatten hatten die Festung in Besitz genommen.
    Jamade fröstelte bei der Erinnerung an die kalten, freudlosen Mauern, die kahlen Kammern, die leeren Höfe, in denen sie ausgebildet und gequält worden waren. Und doch verband sie ein seltsames Heimatgefühl mit diesem Ort, und sie dachte mit einem gewissen Ingrimm daran, dass die Festung erneut kampflos aufgegeben worden war, als der Schrecken der Insel verblasst war und die Westgarther und Scholaren sich in der Hafenstadt Aban breit gemacht hatten.
    Sie stieß auf den alten Torweg und folgte ihm, bis sie schließlich die weißen Mauern erreichte, die unter dem lastenden Zwielicht schwach rötlich schimmerten. Das Tor stand offen, und die Zugbrücke, die einen tiefen Spalt im Fels überspannte, war heruntergelassen. Jamade blieb stehen. Dies war eine Heimstatt der Schatten gewesen. Sie mochten fort sein, aber es war einfach nicht ihre Art, diesen Ort ungesichert zurückzulassen. Sie nahm einen schweren Stein und ließ ihn auf die Zugbrücke rollen. Es knackte, die Balken offenbarten eine verborgene Falltür, und Jamade hörte den Stein in der Tiefe der Felsspalte zerbersten, während unsichtbare Scharniere die Falltür wieder schlossen.
    »W irkungsvoll, aber vorhersehbar«, murmelte Jamade. Sie tastete sich vorsichtig über den Rand der Brücke auf die andere Seite. Das Tor stand immer noch einladend offen, aber natürlich würde auch hier eine Falle lauern. Sie zog in Erwägung, das Tor zu umgehen und über die Mauer zu klettern, was ohne Seil nicht ganz einfach war. Und dann? Wie viele Fallen mochten hier noch auf sie warten? Und wo waren sie versteckt?
    Sie tastete die Mauerfugen ab, biss die Zähne zusammen und kletterte los. Sie brauchte dieses Boot. Die Mauer war gut gearbeitet und bot ihren Fingern nur an wenigen Stellen Halt. Als sie etwa auf halbem Wege war und wieder eine der seltenen geeigneten Fugen ertastete, spürte sie plötzlich einen stechenden Schmerz. Ihre Hand zuckte zurück, und Jamade verlor fast den Halt. Wie von selbst wanderte ihr Blick nach unten, in den Abgrund, in dem der Stein verschwunden war. Sie fluchte und betrachtete ihre blutenden Finger. Eisendornen! Die Bruderschaft war einfallsreich.
    Sie kletterte vorsichtig wieder hinab. Als sie hier Schülerin gewesen war, hatte es auf der Meerseite eine Stelle gegeben, an der man die Festung ungesehen verlassen und betreten konnte. Aber das erforderte einen zeitraubenden Umweg, und es war nicht gesagt, dass dieser Weg offenstand. Jamade fluchte noch einmal und brach mit einem unguten Gefühl dorthin auf.
    Sie hatte diesen
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